Nach dem Rückzug von Ricarda Lang und Omid Nouripour steht die Frage im Raum: Wie geht es mit den Grünen weiter? Drei Namen sind für den Parteivorsitz im Rennen.

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Die Einladung zur Pressekonferenz in der Parteizentrale der Grünen in Berlin kam kurzfristig. Eine Stunde später kündigten Ricarda Lang und Omid Nouripour am Mittwoch ihren Rücktritt als Vorsitzende an. Beim Parteitag im November werden die Grünen einen neuen Vorstand wählen. Gehandelt werden aktuell drei mögliche Nachfolger. Laut Satzung muss die Partei zwei gleichberechtigte Vorsitzende haben, davon mindestens eine Frau.

Die Habeck-Vertraute: Franziska Brantner

Damit wäre Franziska Brantner quasi gesetzt. Zumindest am Tag nach dem großen Knall ist sie die einzige Frau, die für den Vorsitzenden-Posten gehandelt wird. Brantner gilt als Vertraute von Robert Habeck. Die 45-Jährige ist dem Realo-Flügel der Partei zuzurechnen, also den konservativeren Grünen. Sie gilt als durchsetzungsstark.

Schon vor der Rücktrittsankündigung des Vorstandes hieß es, Brantner soll Habecks Wahlkampfmanagerin werden – und ihn so bei seiner möglichen Kanzlerkandidatur unterstützen. Eigentlich liegt der Wahlkampf von Parteien bei deren Generalsekretären, im Fall der Grünen bei der Bundesgeschäftsführerin.

Brantner sitzt bereits seit 2008 für die Grünen in Parlamenten: zunächst im EU-Parlament, seit 2013 im Bundestag. Nach der Wahl 2021, bei der sie ein Direktmandat im Wahlkreis Heidelberg holte, wurde sie Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium. In dieser Position kümmert sie sich um Außenwirtschafts- und Europapolitik in Habecks Haus.

Wie Habeck soll auch Brantner davon überzeugt sein, dass geopolitische Krisen auch Zumutungen erforderten. Ein zu ideologisches Auftreten allerdings soll ihr laut "Spiegel" fern liegen: Der Vorschlag, einen "Veggieday" einzuführen, der die Grünen bei der Wahl 2013 zahlreiche Stimmen kostete und der Partei bis heute nachhängt, sorgt bei ihr nur für Augenrollen.

Bei den Grünen hat es sich neben der paritätisch besetzten Doppelsitze auch etabliert, beide Flügel der Partei abzubilden: die Realos und die Parteilinken. Brantner würde den Realo-Part abdecken. Wer aber könnte die Parteilinken repräsentieren? Hier wird über zwei Namen diskutiert: Felix Banaszak und Andreas Audretsch.

Das Rhetorik-Talent: Felix Banaszak

Felix Banaszak hat mit seinen 34 Jahren bereits hingelegt, was man eine beachtliche Parteikarriere nennt: Nach Stationen bei der Grünen Jugend und in der Kommunalpolitik war er zwischen 2018 und 2022 Co-Vorsitzender des Landesverbands Nordrhein-Westfalen. Seit drei Jahren vertritt er Duisburg (wo er mit Frau und Tochter im Wechsel mit Berlin lebt) und das Ruhrgebiet im Bundestag.

Strukturwandel sei Teil seiner Familiengeschichte, schreibt er auf seiner Homepage. Passend dazu ist sein Steckenpferd die Wirtschaftspolitik, besonders die Frage, wie die Industrie klimaneutral werden kann. Als Mitglied des Haushaltsausschusses liegt sein Fokus auf der Frage, wie diese Transformation zu finanzieren ist.

Banaszak gilt als guter Redner – nicht erst, seit er vergangenen November im Parlament einen Antrag der AfD zu später Stunde kurz und knackig in Reimform parierte: "Wer belastet so spät den Bundestag? / Es ist die Fraktion, die keiner mag. / Sie stellt einen Antrag, dem du nicht entkommst. / Wir lehnen ihn ab – ja, was denn auch sonst?"

Der Verhandlungsstarke: Andreas Audretsch

Auch Andreas Audretsch hat in Berlin bereits einen Landesverband geführt. Seit 2021 sitzt der 40-Jährige im Bundestag, seit 2022 ist er der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion. Seine Themen: Finanzen, Haushalt, Wirtschaft, Arbeit und Soziales.

Der Parteilinke fällt immer wieder in Debatten wie zum Bürgergeld oder Bezahlkarten für Geflüchtete auf und hat sich für die Streichung des Dienstwagenprivilegs ausgesprochen. Er selbst erklärt auf der Webseite der Grünen im Bundestag: "Gerechte Verteilung ist die Basis einer zukunftsfähigen Gesellschaft."

Ihm wird hohes Fachwissen und Verhandlungsgeschick nachgesagt, Audretsch hat schnell Bekanntheit erlangt. Als wichtigste Eigenschaft eines Politikers nennt er "Durchhaltevermögen": Streit müsse ertragen und Debatten müssten geführt werden. Früher hat Audretsch als Sprecher für das Wirtschafts- und das Familienministerium gearbeitet.

Verwendete Quellen

Grünen-Parteivorsitzende kündigen Rückzug an: Bürger hoffen auf neue Akzente

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Politisches Beben bei den Grünen. Die Parteivorsitzenden kündigten ihren Rückzug an. Ricarda Lang und Omid Nouripour führten die Partei seit Anfang 2022. Regulär wären sie mindestens bis Ende 2024 im Amt. Zu ihrer Nachfolge äußerten sie sich zunächst nicht. Auf den Straßen von Frankfurt am Main gab es gemischte Reaktionen.
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