Die militärische Konfrontation zwischen dem Iran und den USA könnte verheerende Folgen für Zivilisten gehabt haben. Immer mehr deutet darauf hin, dass ein Passagierflugzeug nach dem Start in Teheran von einer Rakete getroffen wurde. Nun sollen auch Boeing-Experten den Absturz untersuchen dürfen.
Nach dem Absturz einer ukrainischen Passagiermaschine bei Teheran verdichten sich die Hinweise auf einen versehentlichen Raketenbeschuss durch den Iran als Ursache. Die Regierungen in Kanada und Großbritannien haben nach eigenen Angaben Informationen, die auf den Abschuss durch eine iranische Rakete hinweisen. Diese Theorie wird US-Medienberichten zufolge auch in den USA verfolgt. Offiziell wird die Ursache für den Absturz weiter untersucht.
176 Menschen sterben bei Absturz von Maschine
Das Flugzeug mit 176 Menschen an Bord war am Mittwoch abgestürzt, kurz nachdem der Iran zwei von US-Soldaten genutzte Stützpunkte im Irak angegriffen hatte. Bei dem Absturz gab es keine Überlebenden. Der Iran will nun auch Fachleute unter anderem aus den USA in die Untersuchungen einbeziehen. Die Nationale Behörde für Transportsicherheit in Washington erklärte, dass sie sich an der Untersuchung beteilige.
Das Flugzeug war am Mittwoch auf dem Weg von Teheran nach Kiew kurz nach dem Start abgestürzt. Der Iran hatte Spekulationen über einen Abschuss zurückgewiesen und einen technischen Defekt als Ursache angeführt. Unter den Absturzopfern waren 63 Kanadier.
Justin Trudeau: Beweise seien "sehr klar"
Der kanadische Premierminister
Der US-Sender CBS berichtete, US-Geheimdienste hätten Signale von einem Radar empfangen, das eingeschaltet worden sei. US-Satelliten hätten außerdem den Start von zwei Boden-Luft-Raketen kurz vor der Explosion des Flugzeugs entdeckt. CNN berichtete, der Theorie eines versehentlichen Abschusses durch den Iran lägen die Analyse von Satelliten-, Radar- und anderen elektronischen Daten zugrunde, die routinemäßig vom US-Militär und den Geheimdiensten gesammelt würden.
Ukraine mit Experten vor Ort - Iran lässt nun auch Boeing-Ermittler zu
Die Ukraine hat bereits eigene Experten in den Iran geschickt. Der Iran will nun auch Boeing-Fachleute aus den USA, Kanada und Frankreich an den Untersuchungen zur Absturzursache der ukrainischen Passagiermaschine bei Teheran beteiligen. Das gab der Leiter der iranischen Luftfahrtbehörde, Ali Abedsadeh, am Donnerstagabend im iranischen Fernsehen bekannt.
Die Nationale Behörde für Transportsicherheit (NTSB) in den USA sei von der iranischen Luftfahrtbehörde über den Absturz benachrichtigt worden und habe einen Vertreter für die Untersuchungen ernannt, teilte die Behörde in Washington mit. Es werde evaluiert, in welchem Maße man an der Untersuchung beteiligt sein werde. Zudem verwies die Behörde darauf, dass die Iraner die Untersuchung leiteten. Ein Sprecher von Boeing hatte zuvor auf Anfrage gesagt, das Unternehmen würde die NTSB für den Fall einer Beteiligung an den Untersuchungen unterstützen.
Die Blackbox des Flugzeuges solle im Iran untersucht werden. Falls dies aber aus technischen Gründen nicht möglich sein sollte, wären auch Untersuchungen im Ausland denkbar. Es sollten alle technischen Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, um die Absturzursache umgehend zu klären, sagte Abedsadeh. Die Vermutung, die Maschine sei von einem iranischen Raketenabwehrsystem getroffen worden, bezeichnete er als absurd.
Lufthansa hat bereits Flüge gestrichen
Aufgrund der Sicherheitslage in der Region hatte die Lufthansa am Donnerstag ein Flugzeug auf dem Weg in die iranische Hauptstadt Teheran umkehren lassen. Auch der Lufthansa-Flug von und nach Teheran am Freitag wurde gestrichen.
Im Konflikt zwischen den USA und dem Iran standen die Zeichen nach den gezielten Militärschlägen vorerst auf Entspannung. Die Lage am Persischen Golf war eskaliert, nachdem die USA den iranischen Top-General Ghassem Soleimani Ende vergangener Woche in Bagdad gezielt getötet hatten. Der Iran hatte in der Nacht zum Mittwoch mit einem - angekündigten - Angriff auf zwei von den USA genutzte Militärbasen im Irak geantwortet. Danach hatten Trump und Irans Präsident Hassan Ruhani angekündigt, den Konflikt zunächst auf politischer Ebene führen zu wollen.
Trump verteidigt Tötung von Soleimani: "Sadistischer Massenmörder"
Trump verteidigte das Vorgehen der USA gegen Soleimani erneut. Bei einem Wahlkampfauftritt in Toledo im US-Bundesstaat Ohio bezeichnete er Soleimani als "sadistischen Massenmörder". "Soleimani hat aktiv neue Angriffe geplant und hatte sehr ernsthaft unsere Botschaften im Blick und nicht nur die Botschaft in Bagdad. Aber wir haben ihn gestoppt", sagte Trump. Zuvor hatte er im Weißen Haus gesagt, Soleimani habe die US-Botschaft in die Luft jagen wollen.
Trump ging mit seinen Äußerungen über die bisherige Darstellung der US-Regierung der Beweggründe für den Angriff auf Soleimani hinaus. Die Demokraten hatten Zweifel an der Begründung angemeldet, wonach Soleimani bevorstehende Angriffe auf US-Bürger geplant habe, und kritisierten auch, dass die US-Regierung in der Angelegenheit zu wenig Informationen preisgebe. Trump warf den Demokraten in Toledo vor, alles an die Medien weiterzugeben, wenn sie informiert würden.
US-Demokraten wollen militärische Alleingänge unterbinden
Das US-Repräsentantenhaus verabschiedete am Donnerstag eine Resolution, mit der ein eigenmächtiges militärisches Vorgehen von Trump gegen den Iran verhindert werden soll. Mit ihrer Mehrheit in der Kammer stimmten die Demokraten für einen entsprechenden Beschluss, der den Republikaner Trump zur Einbeziehung des Parlaments zwingen soll. Der Vorstoß dürfte symbolischen Charakter haben: Die Demokraten dominieren zwar das Abgeordnetenhaus, den Senat aber die Republikaner. Eine Mehrheit für die Resolution dürfte dort nicht zustandekommen. Ohnehin dürfte sie spätestens an einem Veto Trumps scheitern.
Die EU-Außenminister beraten am Freitag (15:00 Uhr) bei einem Sondertreffen in Brüssel über die Krisenherde in Nahost und Libyen. Von dem Treffen soll vor allem ein Signal der Geschlossenheit ausgehen. Die Staatengemeinschaft hatte in beiden Konflikt jüngst versucht, ihre diplomatischen Kanäle zu nutzen. Für Deutschland wird Bundesaußenminister Heiko Maas in Brüssel erwartet.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hält die Lage am Persischen Golf weiter für unberechenbar. Die Nato reagierte auf Trumps Aufforderung, das Militärbündnis müsse zusätzlich zur Stabilität im Nahen Osten und dem Kampf gegen Terrorismus beitragen. Die Nato habe das Potenzial dazu, sagte Stoltenberg. "Und wir prüfen, was wir zusätzlich tun können." Trump ging am Donnerstag sogar so weit zu sagen: "Ich denke, die Nato sollte erweitert werden und wir sollten den Nahen Osten einbeziehen." Kurz zuvor hatte er über einen solchen Erweiterungsvorschlag allerdings eher im Scherz gesprochen und einen möglichen neuen Namen ins Spiel gebracht. (mgb/dpa)
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