Wie viele Hilfsgelder kommen wirklich bei den Menschen an, die sie am dringendsten brauchen? Bei "Markus Lanz" lieferten sich Gäste wie Autorin Jacqueline Flory und FDP-Politiker Dirk Niebel eine hitzige Auseinandersetzung, als es um die Notwendigkeit der internationalen Entwicklungshilfe ging.
Nicht nur aus den USA, sondern auch aus Deutschland werden jedes Jahr Millionen an Hilfsgeldern in unterschiedlichste Länder geschickt. Bei "Markus Lanz" äußerte sich unter anderem Autorin Jacqueline Flory zur internationalen Entwicklungshilfe im Libanon, während Ex-FDP-Generalsekretär Dirk Niebel vor den drastischen Maßnahmen der Politik von Donald Trump warnte.
Das Thema der Runde
Bereits im vergangenen Jahr ließ die Ampel-Regierung das Entwicklungsministerium im Stich. Die FDP forderte sogar die totale Abschaffung. Experten kritisieren daraufhin die geplanten Kürzungen bei der Entwicklungshilfe im Bundeshaushalt scharf. Auch
Die Gäste bei "Markus Lanz"
- Ex-FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sieht Entwicklungshilfe kritisch, denn: "Entwicklungspolitik ist in Wahrheit knallharte Interessenspolitik."
- Ex-Profifußballer Neven Subotić macht deutlich, dass die Hilfsarbeit von USAID in vielen Bereichen essenziell ist: "Es gibt auch lebenswichtige Projekte, die sie leisten."
- Diplomatin Christine Nkulikiyinka fordert: "Man müsste im Westen viel genauer hinschauen, was die Entwicklungsländer wirklich brauchen."
- Politologe Stephan Klingebiel erläutert die weitreichende Bedeutung der Entwicklungshilfe: "Es hat auch eine geopolitische Dimension."
- Autorin Jacqueline Flory steht der internationalen Entwicklungshilfe kritisch gegenüber: "Die westliche Entwicklungshilfe ist zu einem großen Teil wirkungslos."
Das Wortgefecht

"Seitdem
Autorin Jacqueline Flory sah dies jedoch anders. Sie stellte klar: "Die westliche Entwicklungshilfe ist zu einem großen Teil wirkungslos - und ich bin auch kein Fan der amerikanischen Entwicklungshilfe." Besonders echauffierte sich Flory über die Entwicklungshilfe im Libanon. Sie forderte: "Ich würde alle Gelder, die an den Libanon gehen, streichen!" Eine Steilvorlage für Lanz, der die jüngsten Besuche von Annalena Baerbock im Libanon sowie die versprochenen Hilfsgelder in Höhe von 150 Millionen Euro ansprach.
"Wofür?", hakte Lanz mit ernster Miene nach und beantwortete daraufhin seine eigene Frage mit den Worten: "Die Beschulung von ungefähr 204.000 libanesischen und syrischen Kindern." Das Problem? Laut Lanz finde dies "gar nicht statt". Autorin Jacqueline Flory nickte energisch: "Das hat auch noch nie stattgefunden!" Eine Aussage, die den ZDF-Moderator fassungslos machte: "Wieso erzählen wir uns dann sowas gegenseitig und es stimmt offensichtlich nicht?"
Stephan Klingebiel schaltete sich prompt in die Debatte mit ein und zweifelte die Argumentation von Flory an: "Das kann ich mir überhaupt nicht erklären, dass sowas in der Realität vorkommt." Die Autorin blieb jedoch dabei und führte weiter aus: "Das müsste einem eigentlich der gesunde Menschenverstand sagen, denn wir haben im Libanon mehrere Hunderttausend syrische Kinder im schulpflichtigen Alter."
Seit 2015 sei jedoch "jeder syrische Flüchtling im Libanon illegal, wenn er nicht für 30 Dollar im Monat eine Aufenthaltserlaubnis kauft". Jacqueline Flory weiter: "Die Kinder können nicht zur Schule gehen, selbst wenn es den Willen der libanesischen Regierung gäbe, sie zu unterrichten. Und es gibt den nicht!" Ex-Profifußballer Neven Subotić konterte dennoch skeptisch: "Das Erscheinungsbild, zu sagen, es gibt dort wirklich nur Korruption und sonst niemand, der was macht, deckt sich Null mit meiner Erfahrung."
Die Offenbarung des Abends
Mit Blick auf die fehlende Entwicklungshilfe der USA warnte Ex-FDP-Generalsekretär Dirk Niebel bei "Markus Lanz": "Die Art und Weise, wie mit der USAID umgegangen wird und mit den Mitarbeitern, ist eine Katastrophe. Das geht überhaupt nicht!" Dennoch musste Niebel zugeben: "Der Umstand als solcher, zu überprüfen, welche Maßnahmen wirksam und sinnvoll sind, den halte ich für richtig."

Dem stimmte Jacqueline Flory zu und ergänzte, dass viel Korruption bei der USAID im Spiel gewesen sei und viele Güter jahrelang auf dem Schwarzmarkt gelandet sind statt bei den Menschen, die sie wirklich gebraucht hätten. Ex-Profifußballer Neven Subotić nickte zwar, fügte jedoch hinzu, dass man bei der USAID "wie bei fast allen riesigen Organisationen (...) auch Korruption sehen, spüren und erfahren" könne. Subotić warnte jedoch davor, die Entwicklungshilfe der USAID drastisch einzugrenzen, denn: "Es gibt auch lebenswichtige Projekte, die sie leisten."
Politologe Stephan Klingebiel bezeichnete den Einsatz der USAID ebenfalls als "fundamental" und erklärte: "42 Prozent der humanitären Hilfe der Vereinten Nationen kommen aus den USA." Klingebiel ergänzte dazu, dass beispielsweise viel "langfristige (...) Entwicklungszusammenarbeit" stattfinde, wie "Investitionen in Infrastruktur" und "Unterstützung von Zivilgesellschaft" und "freien Medien". "Da war USAID bislang ein ganz, ganz wichtiger Partner", so Klingebiel.
Grund genug für Lanz, zu fragen: "Warum macht das Trump jetzt?" FDP-Politiker Dirk Niebel antwortete nüchtern: "Ich glaube, er ist auf einem sehr isolationistischen Kurs. Er will zeigen, dass er durchgreift. America First!" Niebel fügte hinzu, dass es vor allem "um die Inszenierung" und das Erfüllen der Wahlversprechen gehe, aber "ich glaube nicht, dass das erfolgreich sein wird".
Stephan Klingebiel stimmte prompt zu und ergänzte, dass die USAID "ein relativ leichtes Opfer" sei, "weil das relativ weit weg ist von den Wirkungen. Ich glaube trotzdem, dass es eben den USA selber schadet - jetzt schon Reputationsverlust".
Der Erkenntnisgewinn
Die Debatten um Entwicklungshilfe gibt es schon lange - nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland. Markus Lanz nannte als Beispiel die kreditfinanzierten Radwege in Peru, die jüngst für Schlagzeilen gesorgt haben. "Niemand regt sich auf über ernsthaft sinnvolle Projekte, aber das ist so ein Beispiel, das man natürlich wunderbar verhetzen kann", so Lanz.
Dem mussten auch seine Gäste uneingeschränkt zustimmen. Ex-FDP-Generalsekretär Niebel warnte dazu, dass man einige internationale Bemühungen durchaus kritisch hinterfragen müsse, denn: "Entwicklungspolitik ist in Wahrheit knallharte Interessenspolitik." © 1&1 Mail & Media/teleschau