Ein AfDler und ein CDU-Mann schließen innige Feindschaft, eine Forscherin irritiert Plasberg – bei "Hart aber Fair" zu Donald Trump und den Wahlen in den USA geht es rund.
Wie noch reden über den Mann, der von sich behauptet, er habe mehr Wahlversprechen eingehalten, als er gemacht hat – und das wahrscheinlich auch noch ernst meint?
"Hart aber fair": "Trumps Wahlkampf - Land spalten, Macht retten"
Das war das Thema bei Plasberg
Heute wählen die US-Amerikaner das Repräsentantenhaus, ein Drittel der Senatssitze und 36 Gouverneure – die "Midterm Election" ist traditionell eine Art Referendum über den Präsidenten. Mit Ausnahme von 1998 und 2002 kassierten die Amtsinhaber stets Niederlagen, so sieht es auch dieses Mal aus, vor allem im Repräsentantenhaus droht Trumps Republikanern eine herbe Schlappe.
Der Präsident tourte bis zuletzt durch umkämpfte Gebiete und griff in der Auseinandersetzung immer wieder in die unterste Schublade: Zuletzt lehnte selbst sein Haus- und Hofsender Fox News einen Werbespot seiner Kampagne ab, wie auch CNN, das den Inhalt als "rassistisch" bezeichnete.
Genug Gesprächsstoff also für Frank Plasbergs Sendung über "Trumps Wahlkampf: Land spalten, Macht retten?".
Diese Gäste diskutierten mit Frank Plasberg
Ewig schade, dass doch nicht, wie vorgesehen, Beatrix von Storch für die AfD in der Runde saß, sondern der Berliner Landesparteivorsitzende Georg Pazderski. Von Storch forderte bekanntlich an der Grenze den Einsatz von Schusswaffen gegen Frauen und Kinder, darauf zielte wohl auch Plasbergs schelmischer Kommentar "Kommt Ihnen das bekannt vor?" nach einem Einspieler von Trumps Drohung, an der Grenze auf Migranten zu schießen.
Pazderski ignorierte den Seitenhieb. Und präsentierte später eine sehr originelle Erklärung dafür, warum die AfD die anderen Partei "Kartell der Altparteien" nennt: "Die AfD wird von allen anderen Parteien geschnitten. Die haben ein Kartell gebildet, das eine Partei ausschließt."
CDU-Mann Peter Beyer bekannte, noch nie so lange mit einem AfD-Politiker geredet zu haben, und beiden war deutlich anzumerken, dass sie nicht gerade auf eine Wiederholung brennen: Beyer und Pazderski waren sich sofort in inniger Abneigung verbunden.
Zu Trump durfte der Glatzkopf mit der schönen Funktionsbeschreibung "Koordinator der transatlantischen Beziehungen der Bundesregierung im Auswärtigen Amt" nicht viel sagen, das tat er aber deutlich: "Ich bin davon angewidert", sagte er zu einem Einspieler, in dem Trump sich über Christine Blasey Ford lustig machte.
Ähnlich klar äußerte sich
Kopfschütteln bei Ralph Freund, Sprecher der "Republicans Overseas Germany", der sich in den ersten Wortgefechten mit Sittler als eine Art Bodyguard für Trump aufspielte, nur um dann einzuräumen, dass der Immobilien-Tycoon nie sein Herzenskandidat war. "Und es gibt so Bereiche, in denen er geliefert hat, da wäre ich froh gewesen, wenn er nicht geliefert hätte." - "Was denn zum Beispiel?" - "Das Klimaabkommen von Paris hätte er nicht kündigen müssen."
Komplett aus der Reihe fiel Elisabeth Wehling, nicht nur in dieser Runde, sondern im ganzen Konzept "deutsche Talkshow in ARD oder ZDF" - die Sprachwissenschaftlerin erdreistet sich doch allen Ernstes, komplexe Themen in komplexen Sätzen zu behandeln. Und erntete damit verständnislose Blicke und belächelnde Kommentare.
Sie blieb ihrer Linie trotzdem treu, so sehr es Frank Plasberg auch verwirrte. "Sind Sie etwa ein Trump-Fan?", fragte er plötzlich, als Wehling erläuterte, wie der US-Präsidenten es schafft, seine Botschaften an den Wähler zu bringen. "Nein bin ich nicht", antwortete Wehling. "Aber er ist ein guter Kommunikator. Wir pflegen ja immer diesen Mythos, Trump sei ein bisschen blöd. Das ist er nicht."
Das war der Schlagabtausch des Abends
Normalerweise reichen 1,85-Meter-Mann Plasberg ein paar energische Schritte von seinem Stammplatz zum Gästepult für ein deutliches Warnzeichen: Jetzt kehrt hier wieder Ruhe ein. Die frisch verfeindeten Peter Beyer und Georg Pazderski ließen sich aber nicht so einfach bremsen. "Das ist doch blanker Unsinn", schimpfte Beyer, als Pazderski Trump dafür lobte, die Erhöhung der Militärausgaben der Nato-Staaten wieder auf die Tagesordnung gebracht zu haben.
Ein paar Nettigkeiten später entschied sich Plasberg für eine Ansprache, die der Ex-Offizier Pazderski versteht: "Ich bin Obergefreiter der Reserve, Herr Oberst, und Sie kriegen jetzt einen auf den Deckel."
Wohlwissend, dass der AfD-Mann sich unfair behandelt fühlen könnte, setzte er salomonisch nach: "Ich glaube, Herr Pazderski hat nicht ganz Unrecht und Herr Beyer hat nicht ganz recht."
Der Plasbergsche Frieden sollte nicht allzu lange halten, beim Thema Integration und Ausländerkriminalität fuhren die Streithähne wieder schwere Artillerie auf: "Die Integration schaffen wir seit 30 Jahren nicht", blaffte Pazderski." - "Ja, dann machen Sie doch mal mit!"
So hat sich Frank Plasberg geschlagen
Wie seine Gäste sehr schnell auf Betriebstemperatur, musste Plasberg nicht nur zwischen Pazderski und Beyer ein ums andere Mal aufkommende Feuer löschen.
Wie immer erledigte er das kumpelhaft bis salopp, einmal sogar mit Körperkontakt: Dem CDU-Mann Beyer tätschelte er feixend den Arm. Mit den Jungs scherzen, das kann er eben. Mit Elisabeth Wehling war Plasberg allerdings überfordert.
Anfangs hörte er der Forscherin von der Universität in Berkeley noch geduldig zu, die einfach so lange redete, wie es der Sinnzusammenhang erforderte. So konnte sie in Ruhe erklären, warum Hillary Clinton im Duell mit Trump die falschen Worte wählte.
Oder auch, warum es gar nicht so verwunderlich ist, dass Frauen den Sexisten Trump unterstützen: "Es ist ein Missverständnis, dass Frauen nicht sexistisch sein können. Es gibt viele Frauen, die wären lieber Melania Trump als Hillary Clinton, weil die mit ihrem Frauenbild kollidiert."
Doch plötzlich muss ein Redakteur im Off mit einer Stoppuhr gewunken haben, jedenfalls grätschte Plasberg fortan so schnell wie möglich in die Ausführungen. "Kurz ist ihre Sache nicht", sagte er. "Klug und eloquent schon, aber kurz nicht." Ein vergiftetes Lob.
In der Tat neigte Wehling zum Forschungssprech, Plasbergs Aufforderung, sie möge "den Satz bitte nochmal auf Deutsch" sagen, hatte ihre Berechtigung. Aber warum er sich eine so profilierte Wissenschaftlerin einlud, um sie ständig auf 30-Sekunden-Häppchen zu verpflichten, bleibt sein Geheimnis.
Schließlich hätte gerade ihn als Talkshow-Gastgeber interessieren müssen, wie Sprache politische Überzeugungen formt – und wie sowohl Trump als auch die AfD das nutzen.
Das sind die Erkenntnisse
Er liefert, er liefert nicht, er liefert, er liefert nicht … ja was denn nun? Gleich zu Beginn listete Plasberg einige umgesetzte Wahlversprechen auf: Die Verlegung der US-Botschaft in Israel nach Jerusalem, die Strafzölle auf Stahl, den Rückzug vom Atomdeal mit dem Iran, den Austritt aus dem Klimaabkommen.
Aber schon bei der Frage, ob er Jobs geschaffen hat, herrschte Uneinigkeit. "Er schmückt sich mit fremden Federn", sagte Sittler, der Gerupfte wäre in dem Fall Obama.
Dem Trump-Vorgänger seien die kleinen Leute übrigens "gleichgültig gewesen", sagte Ralph Freund, "Trump gibt ihnen eine Stimme". Aber keine Krankenversicherung, wie Elisabeth Wehling anmerkte.
Und schon gar keine Steuerboni wie den großen Unternehmen. "Er kümmert sich programmatisch gar nicht um den kleinen Mann", sagte Wehling. "Aber das kümmert den kleinen Mann nicht."
Einspruch Pazderski: Trump sei "der Retter" für die Abgehängten. Im Treck, der sich auf die USA zubewegt, seien "wieder nur junge Männer", die genau den Bedrängten im Mittleren Westen die Jobs wegnehmen würden.
Wehling, die zur Gegenrede anhebt, bügelt der Oberst a.D. Gleich wieder ab: "Sie wohnen in Kalifornien im Elfenbeinturm." Überhaupt findet Pazderski, das "Trump-Bashing" in den deutschen Medien müsse aufhören, woraufhin sich Sittler zu ihm beugt und zwei Worte ruft: "Er lügt!"
Der Deutschamerikaner beschränkt sich an diesem Abend auf Variationen der Trump-Kritik, aber ein leiser Satz von ihm wirkt nach: Was passiert, wenn der Vorwurf der Fake News dazu führe, dass keiner mehr an Fakten glaube, will Plasberg wissen.
"Dann berauben wir uns des Fundaments für jede Diskussion", sagt Sittler. "Und dann gibt es keine Diskussion mehr. Und keine Demokratie."
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