Paukenschlag für die Ampel: In der vergangenen Woche hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der Nachtragshaushalt für 2021 verfassungswidrig ist. Die Entscheidung reißt ein 60-Milliarden Euro großes Loch in den Haushalt der Ampel. In der Folge verhängte das Finanzministerium am Montag (20.) eine Haushaltssperre auf nahezu den gesamten Bundeshaushalt.

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Wie soll das 60-Milliarden-Loch gestopft werden? Darüber diskutierte Louis Klamroth am Montagabend (20.11.) mit seinen Gästen und betitelte seine Sendung mit der Frage: "Der 60-Milliarden-Rumms: Geht der Ampel die Kohle aus?" Neben Sparpotenzialen im Haushalt und Streitpotenzialen für die Koalitionspartner ging es auch um die Frage: "Was bleibt von Reformen und Öko-Umbau, von Fördergeld für E-Autos und neue Heizungen?"

Das sind die Gäste

  • Kevin Kühnert (SPD): Der Generalsekretär sagte, man habe in der Vergangenheit Regeln im Umgang mit den Haushalten aufgestellt, die die Politik "einschnüren, wenn es darum geht, Investitionen in die Zukunft zu tätigen." Es wären Regeln, sagte er, die "uns vielleicht nicht dazu gezwungen haben, so zu handeln, aber die es doch sehr schwer gemacht haben, im Kernhaushalt des Staates die notwendigen Investitionen abzubilden." Das sollte allen Parteien Kopfzerbrechen bereiten.
  • Serap Güler (CDU): "445 Milliarden Euro in einem Haushalt sind genügend Geld", meinte die CDU-Politikerin. Es brauche kein Sondervermögen für den Klimaschutz. Sie sah Potenzial beim Bürgergeld und bei der Kindergrundsicherung zu kürzen. Das Bürgergeld habe "mehr sozialen Unfrieden" gebracht, als die Gesellschaft zu einen. Die Kindergrundsicherung bringe deutlich mehr Bürokratie, obwohl bereits jetzt das Bildungs- und Teilhabepaket jedes Jahr nicht in Gänze abgerufen werde.
  • Kristina Dunz: Die Hauptstadtkorrespondentin vom "Redaktionsnetzwerk Deutschland" sagte: "Die Bundesregierung hat durch diesen Verfassungsbruch vor allem an Vertrauen und Glaubwürdigkeit verloren." Man habe derzeit das Gefühl, es brösele an allen Ecken und Enden des Staates – zum Beispiel bei der Bahn, in Schulen oder bei ausreichendem Personal. "Und jetzt hat die Bundesregierung wieder gepatzt", so Dunz. Sie schob hinterher: "Nun ist wieder so dieses Gefühl: Diese Regierung kann es nicht."
  • Linda Teuteberg (FDP): "Jetzt ist Sondersitzung statt Sondervermögen angesagt", so die FDP-Politikerin. Man müsse neu über Prioritäten sprechen. Man sehe daran – "nicht Kreativität, die Schuldenbremse zu umgehen, ist gefragt", sondern man müsse mit den Einnahmen haushalten.
  • Katharina Dröge (Grüne): Die Fraktionsvorsitzende erinnerte: "Ökonomisch ist das, was wir tun wollten, weiterhin notwendig." Viele Menschen würden sich zu Recht Sorgen um ihre Arbeitsplätze machen. "Wir wollen ihnen die Sicherheit geben, dass es hier in Deutschland weitergeht", so die Grünen-Politikerin. Ihre Forderung: bei klimaschädlichen Subventionen kürzen.
  • Jens Südekum: "Ich denke die Regierung hat im guten Glauben gehandelt, dass das rechtens war, was sie getan hat", meinte der Ökonom von der Universität Düsseldorf. Das Urteil habe auch ihn in seiner Härte überrascht. Man sei eher davon ausgegangen, es würde Regeln und Richtlinien für die Zukunft geben, wie man mit einer solchen Situation umzugehen habe.

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Kevin Kühnert, Katharina Dröge, Jens Südekum, Kristina Dunz, Linda Teuteberg, Serap Güler
Kevin Kühnert (SPD-Generalsekretär, v.l.), Katharina Dröge (Fraktionsvorsitzende von B'90/Grüne), Jens Südekum (Professor für internationale Volkswirtschaftslehre), Kristina Dunz (Journalistin), Linda Teuteberg (FDP-Bundestagsabgeordnete, Mitglied im Bundesvorstand) und Serap Güler (CDU-Bundestagsabgeordnete) waren zu Gast bei Louis Klamroth. © WDR/Dirk Borm

Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber fair"

Klamroth wollte von Kühnert angesichts der offenen Finanzierungsfrage des Haushalts wissen: "Welche Projekte sind denn safe und welche wackeln?" Kühnert entgegnete: "Erstmal geht es jetzt um die, die kurzfristig dran sind". Man müsse die Projekte in den Blick nehmen, bei denen zeitnah Geldleistungen fließen sollen. Das Gebäude-Energie-Gesetz sei ab 2024 scharf gestellt, "ab dann sind die Leute auch anspruchsberechtigt, die Förderungen nutzen zu können." Das müsse gewährleistet sein und werde auch passieren.

Dunz befand wenig später, alle drei Parteien müssten kürzen: "Jeder muss Federn lassen, für jeden wird es hart." Reiche müssten mehr abgeben, Sozialleistungen müssten vermutlich gekürzt werden und die Grünen müssten sich von dem ein oder anderen Klimaprogramm verabschieden.

Das ist das Rede-Duell des Abends

"445 Milliarden Euro, das ist das Volumen des Haushalts – das ist jetzt nicht zu wenig Geld, wo man sagt: Damit können wir nicht haushalten", meinte CDU-Politikerin Güler. Man müsse schauen, ob jedes Herzensprojekt umgesetzt werden könne. Ökonom Südekum schüttelte schon währenddessen den Kopf.

"Wenn man mal ehrlich ist: Schon als diese 60 Milliarden noch da waren und nicht gesperrt waren, hatten wir im Prinzip das Problem in Deutschland, dass der ganze Bereich Investitionen, Zukunftsausgaben gerade im Bereich Klimatransformation dramatisch unterfinanziert war", sagte er. Das grundsätzlich große Problem bekomme man nicht gelöst, wenn man sage "wir kürzen jetzt ein bisschen was beim Bürgergeld, bei der Kindergrundsicherung oder wo auch immer". Man müsse eine nachhaltige Finanzierungsmöglichkeit finden.

So hat sich Louis Klamroth geschlagen

Klamroth machte eine gute Figur. Seine Fragen hatten Biss: "Wie kann so ein handwerklich schwerwiegender Fehler passieren?" wollte er wissen, ebenso: "Ist Christian Lindner überfordert mit dem Job?". In die Mangel nahm er FDP-Politikerin Teuteberg. Mehrmals fragte er sie, wo sie Potenzial zum Sparen sehen würde. "Ich versuche es ein drittes Mal: Wo müssen Sie sparen?", fragte Klamroth. Teuteberg entgegnete lediglich: "Da wird nichts ausgenommen sein". Für Klamroths schulterzuckendes "Ich hab‘s dreimal probiert" gab es lauten Applaus im Studio.

Das ist das Ergebnis bei "Hart aber fair"

Es war ein Blick durch das Schlüsselloch der Ampel-Parteien, aber das, was man zu sehen bekam, war kein einheitliches Bild. Während die FDP sich Steuererhöhungen versperrt und die Grünen nicht bereit sind, beim Klimaschutz zu sparen, hält die SPD an Sozialleistungen fest. Deutlich wurde aber auch: Das Urteil geht über die 60 Milliarden Euro hinaus und stellt infrage, wie nachhaltig die derzeitige Finanzierung ist. Kühnert warnte dabei eindringlich, jetzt nicht auf den Zug aufzuspringen, "ganz schnell und überall zu kürzen". Dann stehe als nächstes die Renten-Kürzung, die Bafög-Kürzung oder Einsparungen beim sozialen Wohnungsbau an. "Der Preis dafür ist, dass uns diese Gesellschaft auseinanderfliegt", warnte er.

Verwendete Quelle:

  • ARD: "Hart aber fair" vom 20.11.2023
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