Die Corona-Lage ist ernst und könnte wegen der Virus-Mutationen noch viel ernster werden. Bei "Maybrit Illner" diskutierten die Gäste, wie man auf die neue Situation reagieren sollte. Ein Gast wagte trotz all der Probleme mit der Pandemie den Blick auf eine noch viel größere Bedrohung.
Das waren die Gäste bei "Maybrit Illner":
- Eva Hummers, Mitglied der Ständigen Impfkommission (zugeschaltet)
- Karl Lauterbach (SPD), Bundestagsabgeordneter, Epidemiologe und Gesundheitsökonom
- Claudia Kade, Ressortleiterin Politik bei "Welt"
- Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen (zugeschaltet)
- Eckart von Hirschhausen, Arzt, Moderator und Autor
- Jens Spahn (CDU), Bundesgesundheitsminister (Im Einzel-Gespräch; zugeschaltet)
Über diese Themen diskutierte die Runde
"Es könnte besser losgegangen sein, dieses Jahr." Mit dieser Untertreibung startet ZDF-Moderatorin
Dementsprechend klar waren die beherrschenden Fragen bei "Illner":
- Wie senkt man die Infektionszahlen?
- Wie schützt man Risikogruppen besser?
- Welche Folgen könnten die Mutationen haben?
- Und warum laufen die Impfungen so ab wie sie ablaufen?
Gerade hier gab es in jüngster Zeit Kritik an der Geschwindigkeit der Impfungen, die auch Eva Hummers übt. Die Ärztin impft in Göttingen und beklagt, dass die wenigen Impfdosen bei ihr bereits wieder aufgebraucht seien: "Wir haben für die Stadt Göttingen ein Impfpaket bekommen. Davon wurden heute Morgen die restlichen Dosen verimpft. Ich würde mir wünschen, dass es schneller geht." Von einer übermäßigen Impf-Skepsis der Pflegekräfte, die bisweilen kolportiert wurde, könne sie nicht berichten.
Gesundheitsminister
Sollten wir also nun in einen kompletten Lockdown?, fragt Illner. Wenn es nach Karl Lauterbach geht, ja: "Ehrlich gesagt wäre das im Moment das Beste. Ich glaube nicht, dass wir die Situation sonst früh genug in den Griff bekommen. Wenn wir in einem Teil-Lockdown bleiben, dann dauert das zu lange, bis wir auf diese Ziel-Inzidenz runter sind." Für den SPD-Gesundheitspolitiker wäre ein extrem harter Lockdown, bei dem nur das Nötigste erlaubt wäre, das Mittel, um das Wachstum zu stoppen: "Etwas, was exponentiell wächst – wenn es keine Kontakte mehr gibt – dann geht es auch exponentiell runter."
Für Sachsens Ministerpräsident
Der Schlagabtausch des Abends
Der Schlagabtausch des Abends war insofern ein wenig unfair, weil nur einer der beiden Kontrahenten anwesend war. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder brachte eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen ins Gespräch, die
Dabei unterschlägt von Hirschhausen jedoch die Argumente der Gegenseite, die auch nicht von der Hand zu weisen sind: Freiwilligkeit durch Überzeugung mögen auf Dauer sicher die langfristigere Lösung sein, aber was tun, wenn Überzeugungsarbeit angesichts der Größe des Problems zu lange dauert? Und wie es um freiwilliges Handeln bei eigentlicher Überzeugung bestellt ist, zeigt von Hirschhausen an einem Beispiel, das er selbst ins Spiel bringt: die Klimakrise.
Der Blick in die Zukunft
Als es um die Leistungen der Jugend beim Schutz der älteren Generation während der Pandemie geht, wirft von Hirschhausen völlig zu Recht einen Blick in die Zukunft: "Könnte man sich vorstellen, dass die Großeltern dann im Gegenzug, wenn wir durch diese Pandemie durch sind, auch etwas Solidarisches tun? Zum Beispiel keine Kreuzfahrten machen, nicht Konsum aufholen, sondern die viel größere Krise ernst nehmen, nämlich die Klimakrise. (…) Wir schlittern in diesem Jahrzehnt auf die entscheidende Phase zu, in der sich entscheidet, ob Menschen überhaupt auf dieser Erde bleiben können."
So schlug sich Maybrit Illner
So weit ganz gut. Und so verständlich die Konzentration bei Maybrit Illner auf der aktuellen Pandemie-Lage liegt, so berechtigt ist aber auch der von von Hirschhausen gestartete Versuch, auf die noch viel größere Gefahr aufmerksam zu machen.
Daher war es schade, dass Illner diesen Versuch selbst dann wegmoderierte, als von Hirschhausen darauf hinwies, dass es im Sommer eine höhere Übersterblichkeit durch Hitze als durch COVID-19 gegeben habe: "Wir sind das Land mit den drittmeisten Hitzetoten nach China und Indien."
Das Fazit
Angst, so sagt man ebenfalls, bekämpft man am besten mit Handeln. Fasst man die Aussagen der Gäste der jüngsten "Maybrit Illner"-Runde – auch die zwischen den Zeilen – zusammen, so scheint die Zeit des halbherzigen Handelns vorbei. Weil sie schlicht vorbei sein muss.
Es bleibt zu wünschen, dass sich diese Erkenntnis auch bei der Klimakrise durchsetzt. Einen Impfstoff gibt es hier nämlich nicht.
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