Wie begegnen wir der Klimakrise? Am Mittwochabend diskutierte Sandra Maischberger im Rahmen einer ARD-Themenwoche diese zentrale Frage der Menschheit. Nach langem Herumreden in alten Strukturen und Denkmustern, fiel die Antwort ebenso bekannt wie einfach aus: Endlich das tun, was notwendig ist.

Christian Vock
Eine Kritik
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Eine Talkrunde bei "maischberger" zur Klimakrise. Selten genug, möchte man angesichts der Größe des Problems meinen. Dass bei "maischberger" am Mittwochabend überhaupt über die Klimakrise gesprochen wurde, lag an der ARD-Themenwoche #Wie Leben – Bleibt alles anders. Das Thema setzte also weniger die Notwendigkeit, als vielmehr der zum Thema gehörende Film "Ökozid", der im Vorfeld der "maischberger"-Diskussionsrunde lief.

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Darin sitzt die Bundesregierung im Jahr 2034 auf der Anklagebank, weil ihr 31 Länder des globalen Südens Versagen in der Bekämpfung der Klimakrise vorwerfen und Schadensersatz für die erlittenen Folgen fordern. Also diskutierte Maischberger mit ihren Gästen die zentralen Fragen des Films.

Mit diesen Gästen diskutierte Sandra Maischberger:

  • Edgar Selge, Schauspieler und Hauptdarsteller in "Ökozid"
  • Peter Altmaier (CDU), Bundeswirtschaftsminister
  • Luisa Neubauer, Klimaschutzaktivistin
  • Mohamed Nasheed, ehem. Staatspräsident der Malediven (zugeschaltet)
  • Maja Göpel, Politökonomin und Autorin
  • Stefan Wolf, designierter Gesamtmetall-Chef

Darüber diskutierte die Runde bei "maischberger":

Die Klimakrise war lange Zeit etwas sehr Abstraktes, was vielleicht auch dazu geführt hat, dass sie nicht richtig wahr- und ernstgenommen wurde. Dass die Klimakrise längst da ist, berichtete Mohamed Nasheed in einem Gespräch mit Maischberger, das zuvor aufgezeichnet wurde. Den Menschen auf den Malediven steht im wahrsten Sinne des Wortes nämlich das Wasser bis zum Hals.

Durch die Klimaerhitzung sterben dort die Korallenriffe, die ein natürlicher Schutz gegen die Wellen sind. Gleichzeitig steigt der Meeresspiegel und schon jetzt geben die Malediven 25 Prozent des Haushalts für Anpassungen an die Klimakrise aus. Nasheeds Appell: "Wir brauchen drastisches Handeln."

"Wir werden in 50 Jahren nicht mehr da sein", zeigt Nasheed, wie drastisch dieses Handeln sein muss und prognostiziert, dass seine Bevölkerung dann umsiedeln müsse – so wie viele Menschen auf der Welt und das hat Folgen auch für Europa: "Wenn man jetzt darüber redet, dass ein Viertel der Weltbevölkerung umziehen müsste – wo würde man dann hingehen? Wir haben eine Million Araber aus dem Nahen Osten gesehen, die von Syrien nach Europa gekommen sind und wir haben gesehen, was dann passiert ist: In Europa brach die Panik aus."

Bizarres Kompliment für Luisa Neubauer

Es war absolut passend, dass Nasheed noch einmal die Dimensionen der Problematik umriss, denn die folgende Diskussion bewegte sich im Anschluss eher in bekannten Bahnen. Peter Altmaier wollte bei der Frage der Verantwortung überhaupt keine juristische Kategorie aufmachen und machte dann Luisa Neubauer ein bizarres Kompliment, als er anerkannte, dass Fridays for Future es geschafft habe, dass bei den Europawahlen "das Klima-Thema" auf die politische Tagesordnung gekommen sei.

Davor hätten die Grünen nur bei wenigen Prozent gelegen. Botschaft: Wenn man etwas gegen die Klimakrise hätte tun wollen, hätte man lieber früher die Grünen wählen sollen.

Eine zweifelhafte Botschaft, die Luisa Neubauer sofort zerlegte, denn die Klimakrise sei "eine Aufgabe, die in den Händen der Regierung liegt." Und der Rahmen dieser Aufgabe lautet nach wie vor: Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels. Egal, welche Partei man wählt.

Auch den Rest des Abends schien man immer noch nicht die gleichen Denkansätze gefunden zu haben. Altmaier und Wolf brachten die oft gehörten Argumente Arbeitsplätze, Menschen mitnehmen, einen Zeitrahmen schaffen und so weiter. Es war an Maja Göpel, die all die Details beiseite ließ und auf den Kern zu sprechen kam: "Wir haben eine Handlungsnotwendigkeit." Mit anderen Worten: Man muss andere Prioritäten setzen und nicht auf die Vereinbarkeit mit kurzfristigen ökonomischen Zielen.

Dazu muss die Politik aber einen Bezugsrahmen setzen, der sich an der Naturwissenschaft orientiert, damit sich alle, insbesondere die Wirtschaft, darauf verlassen können: "Die proaktive Rolle der Politik, diese Märkte zu öffnen, die uns dann zu diesen Reduktionszielen überhaupt führen können, müssen sich an der ökologischen und damit naturwissenschaftlichen Kalkulation von Budgets orientieren, sonst können sich die Instrumente nicht hinstellen und sagen: Wir sind ausreichend."

Der Schlagabtausch des Abends:

Einen richtigen Schlagabtausch gab es an diesem Abend nicht, eine richtige Diskussion aber auch nicht. Irgendwie schien sich jeder der Gäste in seine Rolle gefügt zu haben und veröffentlichte lediglich seine Statements: Luisa Neubauer machte bisweilen einen resignierten Eindruck, Peter Altmaier räumte Fehler ein, aber auch, dass man bereits sehr viel vorangebracht habe und Stefan Wolf wollte über Fehler lieber gar nicht reden, stattdessen über gemeinsame Verantwortung.

Lediglich Maja Göpel schien an einer echten Diskussion interessiert, kam dafür aber zu selten zu Wort. Es gab lediglich einen Moment, bei dem so etwas wie Schlagabtauschatmosphäre aufkam, wenn auch mit etwas Verzögerung. Als Peter Altmaier davon erzählte, dass ihm bei internationalen Gesprächen gesagt wurde, dass man lieber auf billige Kohle setze, fragte er rhetorisch: "Hätten wir die Bundeswehr schicken sollen, um dort einzumarschieren, um den Bau der Kohlekraftwerke zu verhindern?"

Das griff Edgar Selge wenig später auf und erinnerte Altmaier daran, dass es auch in Deutschland Kohlekraftwerke gibt: "Sie können die Bundeswehr auch nach Garzweiler II schicken, das ist viel einfacher."

Was besser werden muss:

Eine Themenwoche zur Klimakrise. Immerhin kann man sagen, die Klimakrise mit einer Themenwoche abzudecken, klingt ein bisschen nach der neuesten Angebotswoche eines Burgerbraters. Aber die Klimakrise ist nicht "Los Wochos".

Die Klimakrise ist jetzt, hier, überall und sie wird nicht verschwinden. Und so wie die Politik die Klimakrise als das behandeln müsste, was sie ist, nämlich die größte Bedrohung der Menschheit, so müssten es auch die Polittalkshows, Medien, die Industrie, der Sport und so weiter tun. Die Klimakrise muss zum Dauerthema werden. Bei uns allen.

Das Fazit:

Die Erkenntnis des Abends fiel denkbar gering aus, einfach deshalb, weil sie genau dem entspricht, was die Fridays-for-Future-Bewegung von Anfang an gefordert hat: Dass man sich nicht an dem orientiert, was kurzfristig verkraftbar und politisch durchsetzbar ist, sondern daran, was notwendig ist. Mit anderen Worten: Die Klimakrise bekämpft man nur, wenn man das auch mit den richtigen Mitteln macht – auch wenn das für den Augenblick hart ist.

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