Bei "Markus Lanz" sprach Roderich Kiesewetter über den Kurswechsel in der Ukraine-Politik von Olaf Scholz und warnte vor einem zu wenig konsequenten Umgang mit Putin. Der CDU-Politiker ist sicher: Auch Deutschland ist ein Kriegsziel Russlands.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Nicht nur Deutschland, sondern auch die USA haben aktuell die Erlaubnis erteilt, Waffen im limitierten Ausmaß für Ziele auf russischem Gebiet zu nutzen. Eine militärische Kehrtwende, die für viel Aufsehen sorgte.

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Bei "Markus Lanz" erklärte Roderich Kiesewetter, warum diese Entscheidung früher hätte fallen sollen. Gleichzeitig offenbarte Journalist Paul Ronzheimer, wie prekär die Lage in der Ukraine mittlerweile ist.

Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Bundeskanzler Olaf Scholz hat erst vor wenigen Tagen seine Position zum Einsatz deutscher Waffen gegen Russland geändert und damit einen für viele überraschenden Kurswechsel vollzogen.

Vor einigen Monaten begründete der SPD-Politiker noch seine Entscheidung gegen die Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern mit der Befürchtung, Deutschland könne damit Kriegspartei werden. Nun verkündete der Regierungssprecher des Kanzlers, dass die Ukraine künftig mithilfe deutscher Waffen militärische Ziele in Russland angreifen dürfe. Eine neue Linie, über die Markus Lanz am Mittwochabend mit seinen Gästen diskutierte.

Das sind die Gäste

  • Roderich Kiesewetter, CDU-Politiker: "Je näher man an der Front ist in der Ukraine, umso größer die Betroffenheit."
  • Paul Ronzheimer, Journalist: "Man sieht in der Ukraine eine zunehmende Spannung zwischen denen, die kämpfen und denen, die nicht kämpfen."
  • Daniela Schwarzer, Sicherheitsexpertin: "In Brüssel wird gerade intensiv über einen europäischen Rüstungskommissar nachgedacht."
  • Thomas Walde, ZDF-Korrespondent: "Mit der Distanzierung zur AfD hat Marine Le Pen versucht, politischen Ballast abzuwerfen."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Mit Blick auf den Kurswechsel von Olaf Scholz in der Ukraine wollte Markus Lanz am Mittwochabend wissen: "Was ist die Strategie des Westens?". "Bild"-Journalist Paul Ronzheimer, der bis vor Kurzem noch als Reporter in Charkiw in der Nähe der russischen Grenze unterwegs war, sah die Entscheidung des Kanzlers zwiegespalten.

Ronzheimer erwartet zwar, dass sich mit Freigabe deutscher Waffen für Ziele in Russland nicht viel vor Ort verändern werde. Dennoch bekräftigte er, dass er es bislang als "wahnsinnig zynisch empfunden" habe, dass die Ukraine nicht dazu befähigt wurde, deutsche und amerikanische Waffen in ihrem vollen Umfang zu nutzen, um sich zu schützen und das Land zu verteidigen.

Lanz nickte und erinnerte daran, dass CDU-Politiker Roderich Kiesewetter bereits seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine dafür plädiert hatte, "die Ukraine zu befähigen, den Krieg nach Russland zu tragen". Kiesewetter reagierte mit ernster Miene: "Es war ja absehbar, dass das irgendwann kommen wird. Und ich glaube, es ist auch die Aufgabe frei gewählter Abgeordneter, richtig Erkanntes auch voranzutreiben."

Der CDU-Mann wiederholte seine Kritik an der bisherigen militärischen Strategie der Bundesregierung: "Wir haben zu lange gewartet, und die nicht getroffenen Entscheidungen (...) vor ein oder zwei Jahren sind die Opfer von heute." Kiesewetter stellte deshalb die klare Forderung: "Wir müssen mehr tun. Das Ziel muss geändert werden. Nicht, solange es möglich ist oder nötig ist, sondern so rasch wie möglich, so viel wie möglich, dass die Ukraine ihre Grenzen weitestgehend wieder herstellt und dass Russland das Existenzrecht der Nachbarstaaten anerkennt."

Der CDU-Politiker ergänzte streng, dass es um mehr gehe als die Rettung der Ukraine, denn: "Wir sind Kriegsziel Russlands. (...) Wir dürfen nicht Kriegspartei werden, aber wir werden zur Kriegspartei, wenn die Ukraine zerfällt, Moldau angegriffen wird, Massenflucht entsteht." Lanz hakte schockiert nach: "Wir sind Kriegsziel?" Kiesewetter nickte: "Deutschland ist Kriegsziel Russlands. Putin hat im November gesagt, wir sind Feinde. Dann sind wir lieber ein starker Gegner."

Der Bewertung stimmte Paul Ronzheimer ausdrücklich zu: "Schauen Sie sich das russische Fernsehen jeden Tag an. Heute wieder hat der Propagandist gesagt, es müssen Bomben auf Berlin fallen." Als Lanz in dem Zusammenhang anmerkte, dass mittlerweile offen über "europäische Atomwaffen" nachgedacht werde, stellte Kiesewetter jedoch unmissverständlich klar: "Das halte ich für einen absoluten Unsinn und für hochgefährlich!" Ronzheimer entgegnete nachdenklich, dass "nicht ausgeschlossen" werden könne, dass Putin im Laufe des Krieges zu einer atomaren Waffe greifen wird.

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz nahm sich am Mittwoch besonders viel Zeit, um die aktuelle Lage in der Ukraine zu beleuchten. Dabei sprach er nicht nur mit Kriegsreporter Paul Ronzheimer, sondern auch mit zwei ZDF-Korrespondenten in Warschau und Paris, die deutlich machten, dass die Lage in der Ukraine ein zentrales Thema in Bezug auf die Europawahl sei.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Bei "Markus Lanz" erklärte Paul Ronzheimer, dass in der Ukraine mittlerweile ein brutaler Drohnen-Krieg entstanden sei: "Das ist dieser neue Krieg, den wir hier, glaube ich, noch gar nicht so ganz verstanden haben. (...) Da sind 1.000 Drohnen jede Nacht, jeden Tag unterwegs."

Aufgrund der hohen Opferzahlen im Land sehe der Journalist mittlerweile "tatsächlich einen Spalt in der Gesellschaft", denn es werde immer schwieriger, Menschen für die Front zu mobilisieren: "Man sieht in der Ukraine eine zunehmende Spannung zwischen denen, die kämpfen, und denen, die nicht kämpfen."

Roderich Kiesewetter machte deshalb deutlich, wie wichtig die militärische Unterstützung von Ländern wie Deutschland sei. "Wenn wir so weitermachen, dann wird die Ukraine es nicht überstehen", prophezeite er. Oberst a.D. Kiesewetter ergänzte, dass die Zurückhaltung von Olaf Scholz auf Basis von Angst vor einer nuklearen Eskalation am Ende reine "Selbstabschreckung" sei. Vielmehr müsse "in die Selbstverteidigung der Ukraine, aber auch in unsere eigene Rüstungsindustrie" investiert werden. "Es ist Selbstabschreckung, wenn wir nur auf das nukleare Kaninchen schauen", sagte Kiesewetter streng.  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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