Am Mittwochabend diskutierte die Runde bei Markus Lanz einmal mehr, welche Waffen die Ukraine im Krieg gegen Russland noch benötigt. Militärexpertin Claudia Major glaubt, dass bald Kampfjets geliefert werden - auch aus Deutschland. CDU-Politiker Paul Ziemiak kritisierte die deutsche Regierung, aber auch die Büttenrede von FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann.

Eine Kritik
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Fast ein Jahr dauert der russische Angriffskrieg in der Ukraine bereits, seitdem steht immer wieder die Frage im Raum, wie weit Wladimir Putin noch gehen wird, um seine Ziele zu erreichen.

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Auch bei "Markus Lanz" wurde am Mittwochabend das Verhalten des russischen Präsidenten sowie die Reaktion von Bundeskanzler Olaf Scholz analysiert. Während Militärexpertin Claudia Major die Lieferung von Kampfjets prognostizierte, sprach Ex-CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak offen über die Enttäuschung der polnischen Regierung.

Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Wird Wladimir Putin schon bald Atomwaffen im Krieg gegen die Ukraine einsetzen? Eine Vorstellung, die nicht nur die deutsche Politik umtreibt. Auch die Gäste äußerten sich bei "Markus Lanz" zur Frage, wie weit Putin noch gehen wird. Während Militärexpertin Claudia Major klarstellte, dass sie eine Lieferung von Kampfjets nicht für ausgeschlossen hält, machte Russland-Experte Michael Thumann deutlich, wie gefährlich der russische Präsident noch werden kann.

CDU-Politiker Paul Ziemiak blickte dagegen auf die polnische Regierung und erklärte, welche fundamentalen Fehler Bundeskanzler Olaf Scholz gemacht haben soll. Ein Thema am Mittwochabend war außerdem die Bütten-Rede von Marie-Agnes Strack-Zimmermann, in der die FDP-Politikerin CDU-Chef Friedrich Merz auf die Schippe genommen hatte.

Das sind die Gäste

  • Paul Ziemiak, Politiker und Ex-CDU-Generalsekretär: "Die Polen verstehen den Kanzler und seine Haltung nicht."
  • Helene Bubrowski, Journalistin und "FAZ"-Politikredakteurin: "Ich halte die Verbreitung der russischen Drohung für fatal."
  • Claudia Major, Militärexpertin: "Es gibt einen militärischen Bedarf an Luftunterstützung."
  • Michael Thumann, Journalist und langjähriger Russland-Korrespondent der "Zeit": "Seit Jahren maßen wir uns an, Russland am besten zu verstehen."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Bereits zu Beginn der Sendung setzte ZDF-Moderator Markus Lanz den Ton, als er in die Runde fragte: "Kann es sein, dass es in diesem Krieg um die Ukraine viel schlechter steht, als wir es darstellen?" Militärexpertin Claudia Major verneinte dies zwar, räumte aber ein, dass der Zeitfaktor ein sehr wichtiger sei: "Russland spielt auf Zeit und hofft, dass es länger aushält als wir." Nicht nur in den steigenden Todeszahlen, sondern auch im militärischen Ungleichgewicht zwischen Russland und der Ukraine sah der Moderator Grund zur Beunruhigung. Hinzu komme, dass viele der aus dem Westen versprochenen Panzer erst nach Beginn der drohenden russischen Offensive in der Ukraine ankommen sollen.

Ein beängstigender Gedanke, den Journalist und Russland-Korrespondent Michael Thumann noch bestärkte, als er vom mentalen Zustand der russischen Bevölkerung sprach. Als Lanz anmerkte, dass der Nachschub unendlich zu sein scheine, erklärte Thumann: "Das liegt daran, dass man kaum ausweichen kann. Es ist gewissermaßen Zwangsrekrutierung. In der russischen Bevölkerung unterstützt eine Mehrheit den Krieg. Zwar nicht begeistert, aber sie denken, das muss sein. Derzeit sitzt Putin fest im Sattel." Daraufhin hakte Lanz interessiert nach: "Was liefern wir denen für ihre Propaganda?" Thumann antwortete darauf ernst: "Die Lieferung der Panzer funktioniert natürlich bestens. Russland ist bedroht in seiner Existenz und wird angegriffen. Das hat Putin schon ausgeschlachtet."

Auch bei der Frage zu einem möglichen Einsatz von Atomwaffen zeigte der Russland-Experte eine klare Haltung: "Mit der ständigen unterschwelligen Drohung versucht Putin, uns zu bearbeiten. Es soll uns Angst machen und es soll die Russen rückversichern: Wir können das." Gleichzeitig stellte er jedoch klar: "Derzeit ist diese explizit nukleare Drohung eine wesentlich politische. Ich halte Putin für einen, der so eine Waffe zur Not einsetzen könnte, um bestimmte Wirkungen zu erzielen. Aber dafür muss er sich in Moskau bedroht fühlen."

Daraufhin schaltete sich Journalistin Helene Bubrowski ein und schoss scharf gegen Bundeskanzler Olaf Scholz: "Ich finde es fatal, dass Olaf Scholz kurz nach Beginn des Krieges in einem Interview die Atombombe angesprochen hat. Ich halte die Verbreitung der russischen Drohung für fatal." Auch der in Polen geborene CDU-Politiker Paul Ziemiak kritisierte den Bundeskanzler - vor allem hinsichtlich seines Verhaltens gegenüber den polnischen Nachbarn: "Der Kanzler ist über Polen zum ersten Mal in die Ukraine gereist. Er kam aber nie auf die Idee, einen einzigen Polen mitzunehmen. Das hat Spuren hinterlassen", sagte Ziemiak. Deutschland agiere immer zu spät und zu zögerlich: "Die Polen verstehen den Kanzler und seine Haltung nicht, weil er sich auch nicht erklärt."

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Das ist das Rede-Duell des Abends

Hitzig wurde die Debatte, als es um die aktive Unterstützung der Ukraine ging. Claudia Major stellte bei "Markus Lanz" zunächst klar: "Was wir nicht nachvollziehen können, ist diese existenzielle Angst. Die Idee ist für uns so retro." Gleichzeitig fügte sie mit ernstem Blick hinzu: "Meines Erachtens werden die Kampfjets kommen. Sie sind militärisch ableitbar, wenn man sagt, das Ziel der Unterstützung der Ukraine ist, dass sie ihr eigenes Territorium befreien können. Dann gibt es einen militärischen Bedarf an Luftunterstützung.", sagte die Militärexpertin. Zudem brauche die Ukraine Munition und Ersatzteile, man werde ein "großes Paket" schnüren müssen: "Am Ende gewinnt der den Krieg, der die Löcher stopfen kann."

Russland-Korrespondent Michael Thumann widersprach dem vehement: "Ich sehe nicht die unmittelbare Notwendigkeit von Kampfjets, aber es kann mal notwendig werden." Die Zögerlichkeit der deutschen Regierung, wenn es um die Lieferung von Waffen geht, ärgerte auch CDU-Politiker Paul Ziemiak. Er schloss bei "Markus Lanz" eine Lieferung von Kampfjets ebenfalls nicht aus und ergänzte: "Das ist der Fehler des Kanzlers gewesen, die ganze Zeit diese roten Linien zu ziehen." Dies wollte "FAZ"-Journalistin Helene Bubrowski nicht so stehen lassen und stichelte gegen den ehemaligen CDU-Generalsekretär: "Der Zustand des Militärs ist aber auch das Ergebnis einer CDU-Kanzlerschaft! Das gehört zur Vollständigkeit dazu." Ziemiak verteidigte sich daraufhin und fügte hinzu, dass es in der SPD pro-russische Netzwerke gebe, die in der Vergangenheit "deutsche Interessen verraten" hätten: "Das ist das Ergebnis einer Koalition zwischen CDU und SPD."

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Auch zur Büttenrede von Marie-Agnes Strack-Zimmermann musste sich Ziemiak äußern. Nachdem die FDP-Verteidigungsexpertin CDU-Chef Friedrich Merz bei einer Bütten-Rede in Aachen auf die Schippe genommen hatte, hatte CDU-Generalsekretär Mario Czaja eine Entschuldigung gefordert: "Ich hab mir das selbst nur angeschaut und hab gesehen, dass Merz das nicht so witzig fand. Ich fand das auch nicht so lustig", erklärte Ziemiak. "Ich finde, das ist eine Aneinanderreihung von falschen Behauptungen garniert mit ein paar Beleidigungen." Daraufhin übernahm Bubrowski erneut das Wort und stellte klar: "Über Humor kann man immer streiten. Ich finde, man kann drüber schmunzeln oder gar nichts sagen. Wer Frau Strack-Zimmermann kennt, weiß, dass sie immer was raushaut. Sie ist eine Frau mit einer sehr spitzen Zunge. Ich kann es nicht verstehen, wie man jetzt derart unsouverän reagiert."

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Lanz moderierte solide und ließ seinen Gästen vor allem in Bezug auf den Krieg in der Ukraine genügend Freiraum für interessante Debatten. Ein roter Faden lief durch die Sendung und der ZDF-Moderator unterbrach nur selten den Redefluss von Experten wie Thumann oder Major.

Paul Ziemiak kam in der ersten Hälfte der Sendung nur wenig zu Wort und wurde erst, als es um die Fehler innerhalb der CDU sowie das Merz-Debakel ging, aus der Reserve gelockt. Dennoch blieb das Gefühl, als hätte der Moderator aus Zeitmangel an manchen Stellen nicht genügend in die Tiefe gehen können.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Während sich die Mehrheit der Gäste bei Fragen wie der aktuellen Lage in der Ukraine grundsätzlich einig waren, ging die Meinung bei der Lieferung von Kampfjets teilweise auseinander. Während weder Paul Ziemiak noch Michael Thumann eine generelle Lieferung ausschlossen, war keiner der Gäste so überzeugt wie Claudia Major, dass die Kampfjets eine aktuelle Notwendigkeit darstellen.

Die Militär-Expertin zog zudem ein bedrückendes Fazit, als es um ein mögliches Ende des Krieges ging: "Es geht Putin nicht darum, sich ein paar Gebiete zu schnappen", war sich Major sicher, "Er stellt die Eigenständigkeit der Ukraine an sich infrage. Diese Souveränität will er auslöschen. Solange es in Russland keine Abkehr von dieser Idee gibt, werden wir in Europa keine Stabilität und Sicherheit haben."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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