Markus Söder und Lars Klingbeil ringen nach dem Kanzlerduell zwischen Olaf Scholz und Friedrich Merz hart um die Deutungshoheit der Sendung. Dabei kommt es zu einem kuriosen Dialog darüber, wer wen wie intensiv und gern anschaut. Eine Journalistin verriet, wen sie bei dem Schlagabtausch überzeugender fand.
Das Thema der Runde
Seltener drängte sich ein Thema so klar auf wie an diesem Sonntagabend bei
Die Gäste
Lars Klingbeil : Der SPD-Vorsitzende sah im Gegensatz zur respektlosen Debattenkultur in anderen Ländern "ein gutes Duell in der demokratischen Mitte" – natürlich aus seiner Sicht mit einem klaren Sieger: Olaf Scholz.Markus Söder : Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident war sichtlich überfordert, ein positives Wort über den Auftritt von Olaf Scholz zu finden. Er überlegte lange ("Äh..."), äußerte ein vergiftetes Lob über das Temperament des Kanzlers und quälte sich dann den Satz heraus: "Er hat sich immerhin bemüht."- Melanie Amann: Die stellvertretende "Spiegel"-Chefredakteurin beobachtete im TV-Duell einen kämpferischen Olaf Scholz, der
Merz mit vielen Fachdetails stellen wollte. Für Amann war das schon eine Tendenz zum "Fachidiotentum". Sie bilanzierte: "Scholz hat eine Debatte Kopf gegen Herz geführt", aber Merz sei "überzeugender" gewesen.
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Das Rededuell des Abends
Wer hat hier eigentlich wen angeschaut oder nicht angeschaut? Beim Kanzlerduell wendete Scholz bei dessen Redebeiträgen Friedrich Merz oft demonstrativ den Körper zu und schaute ihn von der Seite an – wohl, um ihn aus der Reserve zu locken. Merz habe dagegen zunächst kaum Blickkontakt mit Scholz gehabt, wenn der Kanzler sprach, führte Melanie Amann aus.
Die Vorlage nahm Lars Klingbeil dankend an. "Eine Frage der Höflichkeit, wenn man sich anguckt, Herr Söder, ich gucke Sie auch an." Söder sagte daraufhin halb im Spaß, halb provokant: "Jetzt schauen Sie schon wieder weg." Klingbeil erwiderte: "Ich finde, es gehört zur Höflichkeit, dass man sich in solchen Duellen anspricht."
Söder erklärte: "Ich schau Sie auch gern an. Ich habe auch kein Problem damit." Klingbeil machte sich nun über Söders Beharren auf den Blickkontakt lustig. "Dass ich Sie gern anschaue, habe ich aber nicht gesagt. Ich habe gesagt: Ich schaue Sie an." Gelächter im Publikum. Söder musste natürlich das letzte Wort haben: "Ich bin da höflicher: Ich schaue Sie gern an." Wenn er die Wahl zwischen Scholz und Klingbeil habe, würde er lieber Klingbeil anschauen. War das etwa schon eine versteckte Einladung für eine große Koalition nach der Bundestagswahl?
Die Offenbarung des Abends
Melanie Amann beobachtet einen "Disconnect", wie sie es nannte, zwischen veröffentlichter Meinung und öffentlicher Meinung. Der große Aufschrei in den Medien über die gemeinsame Abstimmung der CDU mit der AfD zu einem CDU-Antrag im Bundestag hatte keine Auswirkung auf die Umfragen zur Bundestagswahl, stellte sie fest.
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Schon bei der Flugblatt-Affäre um den bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) war ihr das aufgefallen, letztlich profitierte seine Partei bei der Landtagswahl 2023 in Bayern sogar von der negativen Berichterstattung. "Lebe ich auf einem Stern oder kriege ich das nicht mit?", stellte Amann die Frage, wie relevant die kritische Berichterstattung in diesen Fällen für einen Teil der Menschen überhaupt war.
Die Reaktionen
Anstatt das Kanzlerduell in allen seinen Facetten auseinanderzunehmen, beschäftigte sich die Sendung gut eine halbe Stunde mit der gemeinsamen Bundestags-Abstimmung der CDU mit der AfD zur Begrenzung der Zuwanderung. "Kein Wort zum Thema Klimaschutz und ewig Söders Gehetze gegen die Grünen, es ödet nur noch", bemängelte eine Instagram-Userin.
Zustimmung fand dagegen bei einer Userin Melanie Amanns Kritik, die Union habe damit "die Büchse der Pandora geöffnet" – und für die CDU in den Ländern und Kommunen einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen. "Melanie Amann bringt's auf den Punkt", meinte sie auf dem X-Account von Caren Miosga dazu.
Der Erkenntnisgewinn
Einen klaren Gewinner des Kanzlerduells gab es nach einer ZDF-Umfrage im Anschluss der Sendung nicht. Melanie Amann glaubt daher auch nicht, dass Olaf Scholz noch eine Chance hat, sein Amt nach der Wahl fortzuführen, wenn nicht noch "ein unvorhergesehenes Ereignis" wie ein Terroranschlag passiere.
Das Momentum liege bei Friedrich Merz. Weitere Erkenntnis: Markus Söder schaut Lars Klingbeil lieber an als Olaf Scholz. Und ganz gewiss auch lieber als Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen). Da kann es ja eigentlich nur auf Schwarz-Rot hinauslaufen.
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