- Der Bundestag hat eine Erhöhung der Tabaksteuer beschlossen.
- Besonders stark dreht der Gesetzgeber bei E-Zigaretten und Tabakerhitzern an der Steuerschraube.
- Doch es gibt noch weitere Neuerungen - die Beschlüsse vom Donnerstag.
Deutschlands Raucher werden stärker zur Kasse gebeten. Der Bundestag beschloss am frühen Freitagmorgen, dass die Tabaksteuer für eine Packung mit 20 Zigaretten im kommenden Jahr um durchschnittlich 10 Cent steigt. Ein Jahr später werden weitere 10 Cent aufgeschlagen, in den Jahren 2025 und 2026 kommt noch einmal jeweils 15 Cent pro Packung hinzu.
Die Steuer auf klassische Zigaretten steigt damit stärker als eigentlich von der Bundesregierung geplant. Am 25. Juni ist noch der Bundesrat am Zug, dessen grünes Licht gilt als so gut wie sicher.
E-Zigaretten und Tabakerhitzer werden deutlich stärker besteuert
Besonders stark dreht der Gesetzgeber bei E-Zigaretten und Tabakerhitzern an der Steuerschraube - diese Produkte waren bisher nur schwach besteuert, das ändert sich künftig. Für ein 10-Milliliter-Liquid, das derzeit rund 5 Euro kostet, soll 2022 1,60 Euro mehr Steuern anfallen, bis 2026 soll dieser Wert auf 3,20 Euro steigen.
Von den Herstellern kam Kritik - sie verwiesen darauf, dass E-Zigaretten und Tabakerhitzer deutlich weniger Schadstoffe enthielten als Tabakzigaretten. Dieser Unterschied werde fiskalisch nicht berücksichtigt, argumentieren sie.
Branchenvertretung für E-Zigaretten will vor Bundesverfassungsgericht ziehen
Das "Bündnis für tabakfreien Genuss" - die Branchenvertretung für E-Zigaretten - will vor das Bundesverfassungsgericht ziehen und wegen der aus ihrer Sicht unverhältnismäßigen Steuererhöhung eine Verfassungsbeschwerde einreichen.
In Deutschland raucht etwa jeder vierte Erwachsene. Die Tabaksteuer ist daher für den Staat eine wichtige Geldquelle: Im vergangenen Jahr nahm der Fiskus damit 14,7 Milliarden Euro ein. Zuletzt war die Tabaksteuer im Jahr 2015 erhöht worden.
Der Bundestag hat sich in der Nacht zu Freitag aber nicht nur mit der Tabaksteuer beschäftigt. Was sich sonst noch ändert, lesen Sie nachfolgend.
"Patent-Trolle" sollen gestoppt werden
Der Bundestag beschloss auch eine Reform des Patentrechts, die Unternehmen vor einer missbräuchlichen Verwendung des Patentschutzes bewahren soll. Die verabschiedete Gesetzesnovelle beschränkt das Recht von Patentinhabern, einen Unterlassungsanspruch gegen Patentverletzer durchzusetzen.
Für die Initiative stimmten die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD. Die gesamte Opposition war dagegen.
Bislang konnten Patentinhaber gegen mutmaßliche Patentverstöße eine Unterlassung beanspruchen - noch bevor in dem eigentlichen Rechtsstreit ein Urteil gesprochen wurde. Dies führte häufig dazu, dass ein angeblich patentverletzendes Produkt mehrere Jahre lang vom Markt genommen werden musste.
Eine Herausforderung für die Wirtschaft: Uwe Wiesner etwa, Chef-Patentanwalt von Volkswagen, wies schon vor Jahren darauf hin, welche Probleme nicht nur sein Unternehmen, sondern die gesamte Branche mit dem ungehinderten Zugang von Patentinhabern zu Unterlassungsklagen in Deutschland hatte.
Künftig können Gerichte nun entscheiden, ob es verhältnismäßig ist, dass der Inhaber eines Patents einen Unterlassungsanspruch durchsetzen will - oder ob dem Hersteller des beanstandeten Produkts durch den drohenden Produktionsstopp eine unverhältnismäßige Härte droht.
Bundesweite Regeln zum Recycling von Baustoffen
Beim Umgang mit mineralischen Abfällen wie Bauschutt, Schlacken und Gleisschotter sollen künftig einheitliche Regeln gelten. Der Bundestag billigte eine entsprechende Verordnung der Bundesregierung, die aber auch noch die Zustimmung des Bundesrats benötigt.
Durch die Verordnung werden deutschlandweit geltende Vorgaben für die Beseitigung der enthaltenen Schadstoffe sowie einheitliche Standards für das Recycling von Bauabfällen eingeführt.
Mit jährlich rund 250 Millionen Tonnen machen Bau- und Abbruchabfälle ungefähr 60 Prozent des gesamten Müllaufkommens aus. Der Umgang damit ist bislang aber in jedem Bundesland anders geregelt.
Widerstände aus einzelnen Ländern hatten dazu geführt, dass es 15 Jahre dauerte, die nun beschlossene Mantelverordnung auf den Weg zu bringen. Als Kompromiss ermöglicht die Verordnung nun regionale Ausnahmeregeln.
Erweitertes Transparenzregister gegen Geldwäsche und Terrorismus
Um Geldwäsche und Terrorfinanzierung effektiver zu bekämpfen, wird das deutsche Transparenzregister erweitert und international besser verknüpft. Durch zusätzliche Meldepflichten für die Wirtschaft soll es einfacher werden, Briefkastenfirmen aufzuspüren und die Hintermänner verschachtelter Firmenskonstrukte zu identifizieren. Gleichzeitig soll dies seriöse Unternehmen davor schützen, mit fragwürdigen Geschäftspartnern und kriminellen Machenschaften in Verbindung zu kommen.
Darüber hinaus sollen die Ermittler in Deutschland enger mit den Behörden in anderen EU-Ländern zusammenarbeiten. Dafür wird auch die Weitergabe von Daten über das Bundeskriminalamt an Europol erleichtert.
Neues Gesetz soll Steueroasen trockenlegen
Deutschland verschärft die Gangart gegen Steuerhinterzieher, die ihr Vermögen im Ausland verstecken. Der Bundestag verabschiedete ebenfalls in der Nacht zu Freitag ein Gesetz, das die Kapitalflucht in sogenannte Steueroasen unattraktiver machen soll. Die Opposition hält die Maßnahmen allerdings für nicht ausreichend.
Wenn der Bundesrat der Neuregelung ebenfalls zustimmt, können Betriebs- und Werbungskosten bei grenzüberschreitenden Geschäften nur noch dann steuerlich geltend gemacht werden, wenn sich die jeweiligen Staaten an internationale Steuerstandards halten.
Zudem werden Regelungen zur Quellensteuer verschärft, die bei Kapitalerträgen im Ausland anfällt. Durch die Maßnahmen wolle man die "Wohlfühlorte für Steuerflüchtlinge" trockenlegen, erklärte der CDU-Finanzpolitiker Fritz Güntzler.
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Grundlage ist eine "Schwarze Liste" der EU, wo "nicht kooperative Länder und Gebiete" aufgeführt werden, die aus Brüsseler Sicht Steuerhinterziehung oder unfairen Steuerwettbewerb erleichtern. Dort stehen zwölf Staaten wie etwa Panama, Fidschi und die Seychellen.
Diese Liste ist allerdings umstritten - vor allem, weil sie keine Steueroasen innerhalb der EU enthält. So beklagte der FDP-Abgeordnete Markus Herbrand, die aufgeführten Gebiete seien für weniger als zwei Prozent der weltweiten Steuereinbußen verantwortlich. Auch Stefan Schmidt von den Grünen bemängelte, die "Schwarze Liste" sei "mehr Lücke als Liste".
Mehr Verbraucherschutz bei "Kaffeefahrten" und Online-Marktplätzen
Der Bundestag verschärft die Regeln für "Kaffeefahrten", um Verbraucher besser vor Abzocke zu schützen. Mit dem verabschiedeten Gesetzespaket wird bei solchen Veranstaltungen der Verkauf von Versicherungen, Bausparverträgen, Medizinprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln grundsätzlich verboten.
Zudem müssen die Teilnehmer solcher Fahrten vom Veranstalter besser über ihre Rechte aufgeklärt werden. Das Bußgeld bei Verstößen wird von 1.000 Euro auf 10.000 Euro angehoben.
Verschärft werden ferner die Vorschriften für Online-Marktplätze, um die Angebote für Verbraucher transparenter zu machen. So müssen Vergleichsplattformen im Internet künftig angeben, nach welchen Kriterien sie Waren und Dienstleistungen bewerten.
Rankings in Suchergebnissen dürfen nicht durch versteckte Werbung oder versteckte Zahlungen beeinflusst werden. Zudem müssen Plattformen und Suchmaschinen erklären, wie sie die Echtheit von Nutzerbewertungen sicherstellen. Gefälschte Bewertungen sind in Zukunft ausdrücklich verboten.
Bundestag erweitert Anti-Doping-Gesetz um Kronzeugenregelung
Im Kampf gegen Doping setzt Deutschland künftig auf die Aussagen von Kronzeugen. Der Bundestag erweitert das Anti-Doping-Gesetz um eine entsprechende Regelung. Darin ist die Möglichkeit einer Strafmilderung oder einer Strafbefreiung für dopende Leistungssportler vorgesehen, wenn sie den Ermittlern Informationen über Hintermänner und kriminelle Netzwerke liefern.
"So ermutigen wir Insider, Doping offenzulegen", erklärte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD).
Das Anti-Doping-Gesetz war vor fünfeinhalb Jahren in Kraft getreten. Es bedroht Dopingsünder mit bis zu drei Jahren Gefängnis und Hintermänner sogar mit Haftstrafen von bis zu zehn Jahren.
Eine Evaluierung hatte allerdings gezeigt, dass die Ermittlungsbehörden mögliche Hinweise vorwiegend von der Nationalen Anti-Doping-Agentur oder aus anderen Strafverfahren erhalten. Von Sportlern und deren Umfeld habe es hingegen keine nennenswerte Zahl von Hinweisen gegeben. Dies soll sich nun durch die Kronzeugenregelung ändern.
(jwo/msc/dpa)
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