Irans Justiz vollstreckt das umstrittene Todesurteil gegen den Deutsch-Iraner Djamshid Sharmahd. Bundeskanzler Scholz spricht von einem Skandal.
Trotz internationaler Kritik an dem Todesurteil wegen Terrorvorwürfen war der deutsch-iranische Doppelstaatsbürger im Iran exekutiert worden. Wie das offizielle Justizportal Misan bekanntgab, erfolgte die Vollstreckung des Todesurteils am Morgen. Deutschland hatte die Aufhebung des Urteils gefordert. Irans Justiz verweigerte bis zuletzt konsularischen Zugang – ein übliches Vorgehen bei Gefangenen mit iranischer Staatsbürgerschaft.
Todesstrafen werden im Iran normalerweise durch Erhängen vollstreckt. Das Urteil gegen Sharmahd war im April 2023 durch den Obersten Gerichtshof bestätigt worden. Bis zuletzt kämpften Menschenrechtler - und vor allem Sharmahds in den USA wohnhafte Tochter Gazelle - für dessen Rettung.
Deutschland wollte Freilassung
Die Bundesregierung hatte das Urteil scharf kritisiert und Sharmahds Freilassung gefordert. Die Vollstreckung des Todesurteils dürfte in den diplomatischen Beziehungen zwischen Teheran und Berlin zu neuen Spannungen führen. Obwohl der Iran die Todesstrafe rigoros vollstreckt, sind Hinrichtungen westlicher Ausländer äußerst selten.
Sharmahd wurde in der iranischen Hauptstadt Teheran geboren, wuchs in Deutschland auf und lebte zuletzt in den USA. Von dort aus setzte sich auch seine Tochter Gazelle vergeblich für die Rettung ihres Vaters ein. Weder flehende Appelle noch politischer Druck zeigten Wirkung.
So hatte etwa CDU-Chef Friedrich Merz eine politische Patenschaft übernommen.
Baerbock spricht von "schwerwiegenden Folgen"
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Hinrichtung des Deutsch-Iraners Djamshid Sharmahd im Iran scharf verurteilt. "Seiner Familie, mit der wir immer im engsten Austausch waren und sind, gilt mein ganzes Mitgefühl für diesen schrecklichen Verlust", sagte Baerbock laut einer Erklärung des Auswärtigen Amtes.
Unermüdlich habe sich die Botschaft in Teheran für Sharmahd eingesetzt. Dafür sei auch mehrfach ein hochrangiges Team in den Iran entsandt worden. "Dabei haben wir Teheran immer wieder unmissverständlich klargemacht, dass die Hinrichtung eines deutschen Staatsangehörigen schwerwiegende Folgen haben wird", sagte Baerbock.
Die Ministerin sprach in dem Zusammenhang von einem "menschenverachtenden Regime", das gegen seine eigene Bevölkerung und gegen ausländische Staatsangehörige vorgeht. "Dies unterstreicht, dass offensichtlich auch unter der neuen Regierung niemand sicher ist."
Urteil um die Exil-Oppositionsgruppe "Tondar"
Ein Revolutionsgericht hatte Sharmahd im Frühjahr 2023 wegen Terrorvorwürfen verurteilt. Hintergrund dürfte sein Engagement in der iranischen Exil-Oppositionsgruppe "Tondar" (Donner) sein. Die iranische Staatsführung wirft der monarchistischen Organisation vor, für einen Anschlag im Jahr 2008 in der Millionenstadt Schiras mit mehreren Todesopfern verantwortlich zu sein. Die Vorwürfe lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Sharmahds Familie und Menschenrechtler wiesen die Anschuldigungen vehement zurück.
In blau gestreifter Gefangenenkleidung, wie sie im Iran üblich ist, saß Sharmahd vor Gericht. Staatliche Medien veröffentlichten immer wieder Fotos des 69-Jährigen – mal mit Brille, mal mit Gesichtsmaske und weit geöffneten Augen. Die bedrückenden Bilder sind die letzten öffentlich bekannten Aufnahmen vor seiner Hinrichtung.
Aufenthaltsort bis zuletzt unbekannt
Kritiker bezeichneten den Prozess als grob unfair – Sharmahd durfte keinen eigenen Anwalt wählen, und sein Aufenthaltsort blieb bis zuletzt unbekannt. Geständnisse, die im Staatsfernsehen ausgestrahlt wurden, könnten unter Folter erzwungen worden sein.
Sharmahd wurde im Sommer 2020 Berichten zufolge vom iranischen Geheimdienst in Dubai entführt und in den Iran gebracht. Seitdem war er in Teheran inhaftiert. Zuvor lebte Sharmahd jahrelang in den USA. Seine Familie und Menschenrechtsgruppen wiesen die Vorwürfe gegen ihn zurück.
Familie warf Bundesregierung Untätigkeit vor
Die Bundesregierung hatte das Todesurteil gegen ihn scharf kritisiert und Sharmahds Freilassung gefordert. Dessen Tochter Gazelle warf dem Auswärtigen Amt regelmäßig Untätigkeit vor.
Nach der Protestwelle im Iran im Herbst 2022 und dem gewaltsamen staatlichen Vorgehen gegen die Demonstranten haben sich die Beziehungen zwischen dem Iran und Europa verschlechtert. Auch für ihre Nahost-Politik und die militärische Unterstützung Russlands steht Irans Regierung in der Kritik.
Vorsitz im Prozess hatte "Richter des Todes"
Hinrichtungen europäischer Staatsbürger sind im Iran äußerst selten. Doch mit der Vollstreckung von Todesurteilen gegen einen Schweden und einen Briten, die beide auch die iranische Staatsbürgerschaft besaßen, löste die iranische Justiz im vergangenen Jahr einen Aufschrei aus. Experten kritisierten immer wieder, dass der Sicherheitsapparat des Irans Ausländer inhaftiert, um wichtige Funktionäre im Ausland freizupressen. Auch Sharmahds Familie hoffte bis zuletzt auf einen solchen Deal.
Der Fall des Deutsch-Iraners ist politisch äußerst brisant. Das zeigte sich auch in iranischen Reaktionen auf Kritik aus Berlin. Anfang 2023 erklärte der damalige Außenamtssprecher Nasser Kanaani, dass Deutschland zu emotional reagiere. "Die Islamische Republik Iran wird niemanden um Erlaubnis fragen, um gegen Terrorismus vorzugehen."
Den Vorsitz im Sharmahd-Prozess hatte Abolghassem Salawati, auch bekannt als "Richter des Todes", der von den USA und der Europäischen Union mit Sanktionen belegt wurde. (AFP/dpa/bearbeitet von phs/cgo)
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