Eigentlich gilt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder als profilierter Corona-Krisenmanager - jetzt musste er sich öffentlich entschuldigen. Den Auftritt verknüpft er mit einer Warnung vor der aktuellen Situation - damit ist er nicht alleine.

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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat sich öffentlich dafür entschuldigt, dass Zehntausende Corona-Testergebnisse in seinem Land tagelang liegen geblieben sind. "Da ist ein großer Fehler passiert", sagte Söder am Donnerstagnachmittag nach einer Krisensitzung in München. "Wir können uns dafür auch nur entschuldigen." Unterdessen sind in vielen Teilen von Deutschland die Infektionszahlen weiter gestiegen. Betroffen sind immer öfter junge Leute.

In Bayern waren bis Mittwochabend insgesamt über 44.000 Testergebnisse von Urlaubsheimkehrern noch nicht an die Betroffenen übermittelt worden. Die Tests liegen zum Teil Tage zurück. Darunter sind nach Worten der bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) vom Donnerstag inzwischen auch mehr als 1000 positive Befunde. 908 Betroffene seien identifiziert, sie würden seit Donnerstagfrüh nach und nach informiert.

Gesundheitsministerin mit psychischer Stärke

Hintergrund für die Verzögerung ist den Angaben nach, dass manche Menschen die Formulare unleserlich oder falsch ausgefüllt hatten. Die Getesteten kommen aus mutmaßlich mehreren Bundesländern und könnten andere Menschen angesteckt haben. Da häufig nur Telefonnummern auf den Zetteln vermerkt seien, wisse man oft weder den Wohnort der Menschen noch ihren Urlaubsort, sagte die Ministerin. Bayern bietet freiwillige Corona-Tests für Urlaubsheimkehrer an - egal in welchem Bundesland sie wohnen.

Nach der Panne hat Huml nach Worten von Söder zweimal ihren Rücktritt angeboten. Der CSU-Chef behält sie jedoch im Amt. "Ich möchte auf die Erfahrung und die psychische Stärke - und die hat die Melanie - nicht verzichten."

Die Krisen-Pressekonferenz nutzte der Ministerpräsident am Donnerstag auch, um eindringlich vor dem Virus zu warnen. Es gebe in vielen Regionen eine Zunahme der Infektionen und europaweit eine wachsende Zahl von Risikogebieten, sagte Söder. "Die Sorge ist mehr als berechtigt." Die Situation sei nicht unähnlich zu der vom März.

Immer Jüngere infizieren sich

Mindestens einen Unterschied gibt es aber: Die nachweislich Infizierten sind im Durchschnitt deutlich jünger, das Durchschnittsalter ist in der vergangenen Woche auf 34 Jahre gesunken. Das sei das niedrigste Durchschnittsalter seit Beginn der Pandemie, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin". Zum Vergleich: Im April lag es noch bei etwa 50 Jahren.

Spahn wies zwar darauf hin, dass es wegen des jüngeren Alters der Infizierten nun auch weniger schwere Verläufe der Covid-19-Krankheit gebe. Er warnte aber: "Das heißt trotzdem, sehr, sehr wachsam miteinander zu sein, weil es eben doch dann zu oft auch schwerste Verläufe geben kann und eben auch Todesfälle - wenn wir nicht aufpassen, in der Familie, im Freundeskreis, auf der Arbeit." Zudem könnten jüngere Menschen ältere anstecken. Bereits am Vortag hatte Spahn vor Partys oder Leichtsinn bei Veranstaltungen mit einer größeren Anzahl von Menschen gewarnt.

Sorge um zweiten Lockdown

Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund warnte vor einer erneuten Lage wie im Frühjahr: "Es ist eine gewisse Nachlässigkeit zu verzeichnen", sagte Präsident Ralph Spiegler am Donnerstag. "Über allem steht: Wir können uns einen zweiten Lockdown nicht leisten." Es sei ein konsequentes Handeln gegen Regelverstöße nötig. Wer sich beispielsweise nicht an Maskenpflicht und Abstandsgebot halte, müsse damit rechnen, dass die Ordnungsbehörden energisch durchgreifen, sagte Spiegler.

Beratungsbedarf gibt es offensichtlich auch bei Schulen im Zusammenhang mit Covid-19: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), SPD-Chefin Saskia Esken, Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) und mehrere Kultusminister aus den Ländern kamen am späten Donnerstagnachmittag zu einem "informellen Austausch" im Kanzleramt zusammen.

Beunruhigender Trend

Die Gesundheitsämter meldeten nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) bis Mittwochabend 1445 neue Corona-Infektionen innerhalb eines Tages. Höher lag der Wert zuletzt am 1. Mai mit 1639 registrierten Neuinfektionen. "Dieser Trend ist beunruhigend", so das RKI. Deutlich zugenommen hat laut RKI allerdings zuletzt auch die Zahl der durchgeführten Tests. Eine Ausweitung der Testindikationen etwa für Reiserückkehrer oder eine Erhöhung der Testzahl können zu einem Anstieg der registrierten Neuinfektionen führen, da zuvor unentdeckte Fälle erkannt würden, hieß es auf Nachfrage vom RKI. "Das heißt aber nicht, dass umgekehrt die steigenden Fallzahlen nur mit dem vermehrten Testaufkommen zu erklären sind."

Seit Beginn der Corona-Krise haben sich mindestens 219.964 Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert, wie das RKI am Donnerstagmorgen im Internet meldete (Datenstand 13.8., 0.00 Uhr). Seit dem Vortag wurden vier neue Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gemeldet. Insgesamt sind es nach RKI-Angaben nun 9211 Tote. Bis Sonntagmorgen hatten 199 500 Menschen die Infektion nach RKI-Schätzungen überstanden. Damit sind in Deutschland derzeit geschätzt rund 11 250 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. (best/dpa)

Corona-Panne in Bayern: Söder nach Versäumnis unter Druck

In Bayern wurden rund 44.000 Urlaubsrückkehrer auf Corona getestet. Allerdings erhielt keiner von ihnen ein Ergebnis. 900 sind infiziert. Die Regierung von Markus Söder steht unter Druck. Teaserbild: Getty Images
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