Mit 35.000 US-Soldaten gilt Deutschland als wichtigster Stützpunkt der USA in Europa. Nun kündigt Präsident Trump einen Teilabzug an. Das hätte auch massive wirtschaftliche Folgen. Wie sehen die Menschen an den Stationierungsorten das?

Mehr aktuelle News finden Sie hier

US-Präsident Donald Trumps Ankündigung eines drastischen Abbaus der Militärpräsenz in Deutschland wirkt wohl in keinem Ort so weltfremd wie in Weilerbach.

In der Kommune in Rheinland-Pfalz entsteht zurzeit das größte US-Militärhospital außerhalb der USA. Für das Megaprojekt stellt der US-Kongress rund 990 Millionen Dollar bereit, der Bund beteiligt sich mit 151 Millionen Euro. Inmitten der Diskussion, Deutschland mit einem Truppenabzug für mangelnde Verteidigungsausgaben zu bestrafen, vermitteln die mächtigen Baumaschinen in der Westpfalz gerade ein völlig anderes Bild.

"Flugzeugträger der Amerikaner in Deutschland": Diesen Ruf brachten Areale wie Weilerbach dem Bundesland Rheinland-Pfalz ein. Oder Büchel: Hier sollen etwa 20 US-Atombomben lagern. Oder Ramstein: Seit 2011 ist die Air Base mit rund 8.000 US-Soldaten sowie Kampfjets und Granaten die Zentrale der umstrittenen Drohneneinsätze der USA.

Ex-General Hodges: Truppenabzug ergibt keinen Sinn

Insgesamt sind in Rheinland-Pfalz dem Landesinnenministerium zufolge rund 18.500 US-Soldaten stationiert. Hinzu kommen 12.000 US-Zivilbeschäftigte und 25.000 Familienangehörige. Außerdem werden 7.200 deutsche Zivilangestellte von den US-Streitkräften beschäftigt.

Macht es Sinn, diese oft über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen zu zerstören? Nein, sagte der pensionierte Dreisterne-General Ben Hodges jüngst der Deutschen Presse-Agentur. Der 62-Jährige sollte es wissen: Hodges war von 2014 bis 2017 Kommandeur aller US-Landstreitkräfte in Europa.

Die USA schwächten sich selbst, wenn sie Kapazitäten in Deutschland reduzierten, meinte er. "Offensichtlich ist das nicht das Resultat strategischer Analysen, sondern hundertprozentig ein politisches Kalkül, das wahrscheinlich auf manche US-Wähler abzielt."

Alles also zum Teil bloß Wahlkampf vor der US-Präsidentenwahl am 3. November? "Es ist recht eindeutig, dass es sich um ein politisches Signal handelt und nicht um eine strategische Entscheidung", so David Sirakov, Direktor der Atlantischen Akademie in Kaiserslautern. Ähnlich sei Trump bereits gegen Südkorea und Japan vorgegangen. "Auch dort wurde die US-Präsenz dazu benutzt, die Gastländer zu einem größeren finanziellen Beitrag zu bewegen."

Ramstein-Miesenbach: "Wir werfen uns niemanden an den Hals"

In Ramstein-Miesenbach verfolgt Bürgermeister Ralf Hechler die Diskussion mit einer Mischung aus Spannung und Gelassenheit. Die US-Armee hat allein in der Militärgemeinde Kaiserslautern eine Wirtschaftskraft von jährlich gut 2,3 Milliarden Euro. Natürlich wäre ein Teilabzug schmerzhaft, sagt der CDU-Politiker. "Aber wir werfen uns niemandem an den Hals. Wir sind gute Partner und erwarten gleichberechtigten Umgang."

Schon vor Jahren hat die Gemeinde ein Gewerbegebiet als weiteres wirtschaftliches Standbein geschaffen. "Wir fallen bei einem Abzug nicht ins Bodenlose", betonte Hechler. In einigen Kommunen herrsche angesichts der Ankündigung von Trump Trotz und Trauer - in anderen wiederum Unverständnis und Kopfschütteln, meint der Bürgermeister.

US-Medien hatten zuletzt Spangdahlem als Stützpunkt genannt, vom dem Soldaten abgezogen werden könnten. Nahe dem Ort in der Eifel ist eine F-16-Kampfjet-Staffel mit mehr als 20 Flugzeugen stationiert.

Rund 4.000 US-Soldaten gehören zur Base - mit Angehörigen leben fast 11.000 Menschen dort. Der Flugplatz ist Arbeitgeber für weit mehr als 800 Deutsche. Firmen setzten Aufträge von etlichen Millionen Euro pro Jahr um.

Rheinland-Pfalz: "Das wäre für die ganze Region hier schlecht"

Im März war bekannt geworden, dass die US-Luftwaffe die Verlegung von Einheiten aus dem britischen Mildenhall nach Rheinland-Pfalz vorerst gestoppt hat - war das schon ein Hinweis?

Auch der Verbandsbürgermeister in Baumholder, Bernd Alsfasser, nimmt die Berichte ernst. "Das wäre für die ganze Region hier schlecht", sagte er kürzlich. Viele Arbeitsplätze hingen an der US-Garnison, viele Firmen bekämen ihre Aufträge von dort, es gebe viele Freundschaften. Ein neuer US-Schulkomplex ist in Planung, und es gebe momentan Verhandlungen über eine Wasserversorgung durch die Gemeinde.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat für den Fall eines Abzugs Unterstützung von der Bundesregierung gefordert. Dies habe sie gegenüber Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) deutlich gemacht, erklärte Dreyer.

Auch der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) sagte dem SWR: "Wenn man sich vorstellt, was in die Braunkohlegebiete an staatlicher Hilfe seitens des Bundes gerichtet wurde, so etwas bräuchten wir dann auch."

Truppenabzug wäre enormer Verlust für Grafenwöhr

Der europaweit größte Standort der US-Armee liegt in der Oberpfalz: In Grafenwöhr und der unweit gelegenen Gemeinde Vilseck sind nach US-Angaben insgesamt etwa 10.000 Armeeangehörige stationiert. Ein Abzug der Truppen würde für die Region in Bayern einen enormen Verlust bedeuten, wie Edgar Knobloch (CSU) betonte, Bürgermeister der 6.500-Einwohner-Stadt Grafenwöhr.

Die immer wiederkehrende Diskussion um einen möglichen Teilabzug von US-Truppen aus Deutschland findet er "ärgerlich", wie er jüngst der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Die US-Soldaten seien gesellschaftlich in der Region fest verwurzelt. Der Standort sei technisch auf neuestem Stand und zudem ein enormer Wirtschaftsfaktor und wichtiger Arbeitgeber auch für Einheimische.

Hodges warnt vor übertriebenen Hoffnungen in neuen US-Präsidenten

Sirakov hält es für naiv, zu glauben, die Streitpunkte zwischen Deutschland und den USA würden nach der Präsidentschaft von Trump verschwinden. Auch Hodges warnte Deutschland vor übertriebenen Hoffnungen bei einem möglichen Wechsel im Weißen Haus.

"Deutschland sollte aus eigenem Antrieb in Verteidigung investieren - nicht, weil ein anderer sagt, es sollte das tun", sagte der langjährige Befehlshaber der US-Truppen in Europa. Er hofft, dass Washington und Berlin wieder zu einem freundschaftlichen Umgang kommen - möglicherweise erst unter einer neuen US-Administration.  © dpa

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.