Die Wagenknecht-Partei bekommt eine spektakuläre Superspende. Woher kommt das viele Geld? Sind es SED-Millionen, russische Geheimzahlungen oder kommt es von harmlosen Privat-Gönnern aus Mecklenburg-Vorpommern? Die Antwort ist schillernd.

Dr. Wolfram Weimer
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Wolfram Weimer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat jede Menge Geld. Für Aufsehen sorgt eine spektakuläre Riesenspende eines Ehepaars aus Mecklenburg-Vorpommern. Die 5,08 Millionen Euro von Thomas Stanger und Lotte Salingré sind die größte Spende von Einzelpersonen an eine Partei, die in Deutschland seit Jahrzehnten gemeldet wurde.

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Kevin Kühnert, Generalsekretär der SPD, wirft in einem Instagram-Video provokant die Frage auf, welche Verbindungen sich wohl hinter den beiden Geldgebern verstecke, ob das BSW womöglich eine "Pappmaché-Partei" sei, die aus Moskau finanziert werde. Es schießen nicht nur bei der SPD die Spekulationen ins Kraut, ob das Geld nicht in Wahrheit aus verschwundenen SED-Millionen stamme oder direkt aus russischen Geheimquellen.

Spender mit russlandverstehender Einstellung

Aus der offiziellen Dokumentation der Bundestags-Präsidentin geht hervor, dass Thomas Stanger am 8. Januar 990.000 Euro an das BSW überwiesen hat, am 9. März dann eine zweite Tranche von 4,09 Millionen Euro. Der Spender lebt in Klütz bei Wismar in reichlich bodenständigen Verhältnissen und begründet seine Spenden mit seiner russlandverstehenden Einstellung, er sei pazifistischer Gesinnung und gegen Waffenlieferungen an die Ukraine: "Wir wollen, dass Konflikte ohne Waffen und Kriege gelöst werden."

Investigative Rechercheure prüfen nun die Geldquellen von Thomas Stanger und seiner Anteile (30 Prozent) an dem dänischen LED-Hersteller Brother, Brother & Sons (BB&S). Mehrheitsgesellschafter (70 Prozent) des Unternehmens ist ein gewisser Peter Igor Werschenskij Plesner. Der russische Name schien den Verdacht zu erhärten, dass es sich hier um eine Russland-Connection handeln müsse, zumal die Firma verschuldet ist und keine Gewinne abwirft, die Stanger zum freigiebigen Großspender werden lassen könnte. In sozialen Medien wird er bereits als Geldwäscher Moskaus und Putin-Propagandist diffamiert.

Bislang wich Stanger der Frage aus, woher das viele Geld tatsächlich kommt. In einem Gespräch mit dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" hatte er Ende Januar lapidar erklärt: "Wir kommen aus der Hightech-Branche. Ich habe eine Firma mit aufgebaut und bin dort noch Teilhaber. Wir hatten das Glück, im richtigen Moment die richtigen Leute getroffen und die richtige Idee gehabt zu haben. Seit Jahren nutzen wir einen Teil unseres Wohlstands auch dazu, Organisationen zu unterstützen, die sich für Frieden, soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz einsetzen."

Spender-Ehepaar äußert sich zur Herkunft des Geldes

Nun hat sich das Ehepaar Stanger/Salingré in mehreren Interviews zu den Vorwürfen geäußert ("Wir haben das Geld verdient.") und ihre Geldquellen konkret benannt. Die Millionen stammten aus der weltweit erfolgreichen Firma "MA Lighting Technology GmbH" aus Waldbüttelbrunn bei Würzburg. Stanger ist tatsächlich Mitbegründer der Firma, die Lichttechnik für große Shows und Konzerte bereitstellt – unter anderem für den Eurovision Song Contest und Konzerte von Künstlern wie Ed Sheeran, Taylor Swift oder Coldplay.

MA Lighting ist wirtschaftlich tatsächlich sehr erfolgreich, wirft Jahr für Jahr hohe Renditen ab und zahlt seinen Gesellschaftern offenbar Millionenbeträge aus. Einer davon ist Thomas Stanger, obwohl er sich schon vor Jahren aus dem Geschäft zurückgezogen hat. "Wir haben dieses Unternehmen in einer Garage aufgebaut. Und wir hatten offenbar einen guten Riecher", behauptet Stanger heute.

Im Übrigen habe man bereits vor den beiden Überweisungen an die Partei Spenden an den Verein "BSW – Für Vernunft und Gerechtigkeit e. V." getätigt. Dieser bekam Ende 2023 jeweils 20.000 Euro von Stanger und Salingré. Die Spendensumme des Ehepaars an Wagenknecht ist damit noch höher als bislang bekannt.

Sollte die Darstellung stimmen, kommt das viele Geld also nicht aus Moskau, sondern von den Glitzerbühnen der globalen Showgrößen, die von einem deutschen Mittelständler technisch-visuell in Szene gesetzt werden.

BSW: Der schillernde Aufstieg eines politischen Start-ups

Das passt zum schillernden Gesamtauftritt des BSW. Zwar ist die Wagenknecht-Partei der erfolgreichste Politik-Startup der Republik. Noch nie ist eine neue Partei innerhalb eines Jahres derart durchgestartet. Doch rührt der Erfolg zu großen Teilen vom persönlichen Charisma von Sahra Wagenknecht her.

Die Partei - auch das ist für Deutschlands Demokratie außergewöhnlich - trägt daher auch den Namen einer Einzelperson, deren Erfolgsmasche darin besteht, rechts- und linkspopulistische Positionen miteinander zu verknüpfen. Sie wirkt wie die menschgewordene Hufeisen-Theorie, wonach rechts- und linksextreme Position mehr miteinander gemeinsam haben als mit der demokratischen Mitte.

Sie flirtet mit sozialistischen Umverteilungsideen und tritt zugleich - wie die AfD - für eine drastische Begrenzung der Zuwanderung ein. Auch in der Ukraine-Frage liegt sie exakt auf russlandfreundlichem und Nato-kritischem AfD-Kurs. Selbst ihre Verachtung für das Gendern teilt sie mit den Rechtspopulisten.

Der raumgreifende Erfolg verblüfft auch deshalb, weil die Partei ansonsten ein reichlich nebulöses Programm hat, dazu eine brüchige Organisation (in mehreren Bundesländern gibt es noch gar keine Verbände), kaum Personal und einzig eine schillernde Vorsitzende, die bislang als Kommunistin und DDR-Nostalgikerin Karriere machte. Geld allerdings hat sie nun genug.

Verwendete Quellen

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