Parteien wie Piraten oder Freie Wähler haben in der Vergangenheit immer wieder von sich reden gemacht. Die Fünf-Prozent-Hürde ist für sie bei der Bundestagswahl trotzdem in weiter Ferne. Warum?

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Ins Europäische Parlament haben sie es alle schon geschafft: Seit 2014 schicken Piraten, Freie Wähler, ÖDP und "Die Partei" jeweils einen Volksvertreter in Brüssel und Straßburg.

Unter den deutschen Kleinparteien sind sie die größeren, haben bundesweit mehrere Tausend Mitglieder und sind oder waren auf lokaler oder Landesebene durchaus erfolgreich. Trotzdem gilt die Wahrscheinlichkeit, dass eine von ihnen bei der Bundestagswahl über die Fünf-Prozent-Hürde springt, als äußerst gering.

Wofür stehen sie? Und warum sind sie chancenlos?

Piraten: Gefallene Senkrechtstarter

2011 und 2012 waren die Jahre der Piraten: Damals zog die neue Partei in vier Landtage ein, sprach sich gegen Zensur im Internet und für mehr Transparenz im politischen System aus. Von Dauer war die Erfolgswelle nicht.

Seit Mai dieses Jahres sind die Piraten in keinem Landtag mehr vertreten, und auch in den Umfragen zur Bundestagswahl rangieren sie weit unter fünf Prozent.

"Die Piraten haben sich nach den erfolgreichen Landtagswahlen schnell so zerstritten, dass sie vor allem als Chaostruppe wahrgenommen wurden", erklärt der Parteienforscher Oskar Niedermayer im Gespräch mit unserer Redaktion.

Der nachlassende Erfolg der ehemaligen Senkrechtstarter hat nach Einschätzung des Professor für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin aber auch inhaltliche Gründe: "Sie haben es nicht geschafft, über das Thema Netzfreiheit hinaus ein politisches Angebot zu machen – und sie haben somit nie eine klare Position im Parteiensystem eingenommen."

Freie Wähler: Von den Rathäusern in den Bundestag?

Die Bundesvereinigung der Freien Wähler ist aus Wählervereinigungen hervorgegangen, die in ganz Deutschland bei Kommunalwahlen antreten, zahlreiche Stadt- und Gemeinderäte und Bürgermeister stellen. Ihr Ziel auf lokaler Ebene: Sie wollen die übliche Parteipolitik aus den Rathäusern heraushalten und Sachfragen in den Vordergrund stellen.

Seit 2013 nimmt die Bundesvereinigung auch an Bundestagswahlen teil. Ein zentrales Ziel lautet dabei, Autonomie und Finanzierung der Kommunen zu verbessern.

Mit diesem Ansatz sind die Freien Wähler vor allem in Bayern erfolgreich, wo sie seit 2008 eine Fraktion im Landtag stellen.

Trotzdem ist der Schritt raus aus den Rathäusern innerhalb der Wählergruppen umstritten. "Sie streiten sich über die Grundsatzfrage, ob sie überhaupt an Wahlen wie der des Bundestages teilnehmen sollen", erklärt Oskar Niedermayer. "Viele Mitglieder auf kommunaler Ebene sehen sich nicht als Partei, sondern als Bürgervereinigung."

ÖDP: Ökologie aus der Mitte

Bayern ist ebenfalls eine Hochburg der Ökologisch-Demokratischen Partei, kurz ÖDP. Im Freistaat besetzt sie mehr als 300 kommunale Mandate. Das Motto zur Bundestagswahl lautet "Mensch vor Profit" – programmatisch ähneln die Öko-Demokraten daher den Grünen, in deren Fraktion auch der einzige ÖDP-Abgeordnete des Europäischen Parlaments sitzt.

Trotzdem grenzt sich die ÖDP von der erfolgreicheren Konkurrenz klar ab: Sie wirft den Grünen einerseits faule Kompromisse in der Umweltpolitik vor, andererseits versteht sich die ÖDP weniger als linke, sondern als Partei der Mitte.

Niedermayer bezeichnet sie als "konservative Naturschützer". Einen großen Wählerkreis hat die Partei mit diesem Profil bisher nicht angesprochen. Selbstbewusst bezeichnet sich die ÖDP mit etwa 6.100 Mitgliedern und mehr als 470 kommunalen Mandaten aber als "erfolgreichste nicht-extremistische Kleinpartei" in Deutschland.

Die Partei: Politik mit Spaßfaktor

Würde der Erfolg einer Partei an medialer Aufmerksamkeit gemessen – "Die Partei" von Martin Sonneborn müsste sich womöglich keine Sorge um den Einzug ins Parlament machen.

Der Satiriker hat seinen Sitz im Europäischen Parlament immer wieder für öffentlichkeitswirksame Auftritte zu nutzen gewusst.

Wer ins Grundsatzprogramm schaut, findet dort nicht nur Spaßparagrafen. Mit der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen sei die Partei eindeutig dem linken Spektrum zuzuordnen, erklärt Parteienforscher Niedermayer. "Aber sie bleibt eine reine Satirepartei."

Auch wenn die Fünf-Prozent-Hürde wohl auch für die Satiriker in weiter Ferne ist – die Partei demonstriert ihre Macht auf anderen Wegen: Anfang September erklärten Mitglieder, sie hätten die Macht in 31-Facebook-Gruppen der AfD übernommen und unter anderem deren Namen geändert. Im Netz erregten sie damit großes Aufsehen.

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