Die Europawahl gewonnen haben die Konservativen. Europaweit deutet sich ein klarer Sieg des Mitte-Rechts-Bündnisses EVP von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an und in Deutschland ist die Union stärkste Kraft. Doch Sieg hin oder her: Gesprochen wird vor allem über andere.
Ampel-Klatsche, Rechtsruck und ein mehr als beachtliches Ergebnis für die Neulinge vom Bündnis
1. Ampelparteien abgewatscht – ein Warnschuss für 2025
An diesem Sonntag war Europawahl, nicht Bundestagswahl, schon klar. Doch wenn über Brüssel abgestimmt wird, wird immer auch ein Stück weit über Berlin abgestimmt – auch wenn man das bei den deutschen Regierungsparteien heute ganz sicher nicht hören möchte.
So richtig massiv ist die Klatsche für die Grünen. Zählten sie bei der Europawahl 2019 mit fast zehn Prozentpunkten Plus zu den großen Gewinnern, müssen sie fünf Jahre später mehr als acht Prozentpunkte Minus verschmerzen. Ähnlich bitter das Ergebnis für die Kanzlerpartei SPD: Nicht nur, dass sie die massiven Verluste von vor fünf Jahren nicht wettmachen kann. Sie verliert weiter, kommt nur noch auf rund 14 Prozent. Wahrscheinlich, dass
Dass die FDP nur leicht verloren hat, ist nicht mehr als ein kleines Trostpflaster für die großen Wunden, die es im Ampel-Bündnis jetzt zu lecken gibt. Nur noch rund 15 Monate bleiben bis zur Bundestagswahl im Herbst 2025. Wofür die Ampel sie nutzen wird? Böse Zungen würden sagen: für Gerangel.
2. Erfolg für AfD drei Monate vor den Landtagswahlen im Osten
Der von Meinungsumfragen prophezeite Rechtsruck in Europa ist eingetreten. Das Votum der deutschen Wählerinnen und Wähler trägt ganz klar dazu bei. Die AfD ist mit etwas mehr als 15 Prozent zweitstärkste Kraft, zum ersten Mal bei einer bundesweiten Wahl. In den östlichen Bundesländern kam sie teilweise gar auf mehr als 30 Prozent – Platz eins. Damit hat die AfD geschafft, was keiner NPD, keinen Republikanern und keiner DVU je gelungen ist.
Zwar haben die Teilnahme von AfD-Politikern am Treffen rechtsextremer Größen zur sogenannten Remigration in Potsdam und die zahlreichen Negativschlagzeilen über Verbindungen der Nummer eins (Maximilian Krah) und Nummer zwei (Petr Bystron) auf der AfD-Liste zu Russland und China die Partei offenbar Stimmen gekostet. Schließlich lag sie vor wenigen Monaten in Umfragen noch regelmäßig bei über 20 Prozent. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass die Alternative für Deutschland in ihrem gefährlichen Spiel mit der Demokratie wieder einmal eine Runde gewonnen hat – weniger als ein Vierteljahr vor den Landtagswahlen im Osten.
AfD-Co-Chef Tino Chrupalla gibt sich entsprechend siegessicher: "Mehr Rückenwind gibt's ja nicht" kommentierte er das Abschneiden bei der Europawahl mit Blick auf die Landtagswahlen am 1. September in Sachsen und Thüringen und am 22. September in Brandenburg. Die AfD hat Chancen, in allen drei Bundesländern stärkste Kraft zu werden.
3. BSW mausert sich zur ernstzunehmenden Kraft
Aus dem Stand auf fast sechs Prozent: Für das gerade einmal ein halbes Jahr alte Bündnis Sahra Wagenknecht ist das Ergebnis sensationell. Kein Wunder, dass Generalsekretär Christian Leye davon spricht, "heute hier Parteiengeschichte geschrieben" zu haben.
Das BSW, das mit seiner Kritik an den Ukraine-Hilfen und der Forderung nach Friedensverhandlungen mit Russland offenbar bei vielen Wählern punkten konnte, darf sich mit diesem Erfolg im Rücken auch von den kommenden Landtagswahlen einiges erhoffen. Umfragen sehen die Neulinge in Sachsen, Brandenburg und Thüringen bei deutlich über zehn Prozent. Und da die etablierten Parteien wohl lieber auf das BSW als auf die AfD als Mehrheitsbeschaffer zurückgreifen werden, könnte die Partei womöglich sogar schon bald Regierungsverantwortung haben.
Auf europäischer Ebene muss das BSW seinen Platz erst noch finden. Spitzenkandidat Fabio De Masi arbeite nach eigener Aussage daran, eine Fraktion im EU-Parlament aufzubauen. Das wird nicht einfach, weil dazu mindestens 23 Abgeordnete erforderlich sind, die aus mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten stammen müssen. In Deutschland hat das BSW seinen Platz offenbar gefunden – auch wenn noch immer niemand weiß, ob der rechts oder links ist.
Verwendete Quellen:
- Europäisches Parlament: "Die Fraktionen im Europäischen Parlament"
- dpa
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