• Mit Antony Blinken will Joe Biden einen langjährigen Vertrauten zum Außenminister machen.
  • USA-Expertin Sarah Wagner betont: "Für Blinken sind gute internationale Beziehungen ein wichtiger Teil der US-Außenpolitik."
  • Seine erste Aufgabe wird es sein, strapazierte Beziehungen mit anderen Staaten zu kitten
Eine Analyse

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Ein Aufatmen dürfte um die Welt gehen – zumindest bei all denen, die außenpolitische Kontakte zu den USA pflegen und dabei Wert auf einen umgänglichen Ton und verlässliche Partnerschaften legen. Der designierte Präsident Joe Biden stellt sein Team für die Außenpolitik zusammen – und setzt auf Politikerinnen und Politiker, die auf diesem Gebiet über große Expertise verfügen und als überzeugte Internationalisten gelten: Linda Thomas-Greenfield, langjährige Diplomatin, soll UN-Botschafterin werden, der Jurist und erfahrene Außenpolitiker Jake Sullivan Nationaler Sicherheitsberater – und für das Amt des Außenministers sieht Biden Antony Blinken vor. Der 58-jährige Jurist ist ebenfalls ein ausgewiesener Profi in zwischenstaatlichen Beziehungen.

Diese Entscheidung ist aus Sicht von Sarah Wagner wenig überraschend.

Die Bildungsreferentin an der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz betont: "Biden kann auf eine lange Zusammenarbeit mit Blinken zurückblicken, zwischen den beiden herrscht ein vertrauensvolles und gutes Verhältnis." Blinken berät Biden seit vielen Jahren in außenpolitischen Fragen und unterstützte ihn zuletzt aktiv im Wahlkampf. "Er hat langjährige Erfahrung in der Außenpolitik und gilt als jemand, der lieber auf Konsens als auf Konflikt abzielt", so Wagner. Das entspreche auch Joe Bidens Politikstil.

Bidens Kandidatinnen und Kandidaten für die Ministerposten müssen vom Senat bestätigt werden: Mit Hinblick darauf polarisiere bei den Republikanern ein Kandidat wie Blinken weniger als es vielleicht eine andere Anwärterin auf den Job, die frühere UN-Botschafterin Susan Rice, getan hätte.

Antony Blinken: Konsequente Karriereschritte

Schon unter Bill Clintons Präsidentschaft war Antony Blinken Mitglied des Nationalen Sicherheitsrats. Anschließend arbeitete er für den Auswärtigen Ausschuss des US-Senats, dem damals auch Joe Biden angehörte.

Als Biden 2009 Barack Obamas Vizepräsident wurde, beriet Blinken ihn in Sicherheitsfragen, fünf Jahre später wurde er stellvertretender Außenminister. Während Trump an der Macht war, gründete er eine Beratungs- und arbeitete als Partner in einer Investmentfirma.

Seine Schulzeit hatte Antony Blinken zum Teil in Paris verbracht, später Jura an den Eliteuniversitäten Harvard und Columbia studiert. Sein Vater, ebenfalls Harvard-Absolvent, war Investmentbanker und in den 1990er Jahren Botschafter in Ungarn. Blinken stammt aus einer international geprägten Familie, betont Sarah Wagner: "Er ist der Stiefsohn eines Holocaust-Überlebenden, Samuel Pisar. Dessen Erfahrungen und Erzählungen haben ihn sehr beeinflusst und geprägt." Blinkens Onkel war unter Präsident Clinton Botschafter in Belgien.

Blinken lehnt Trumps "America First"-Stil ab

"Blinken steht für eine offenere und multilaterale Außenpolitik der USA, für ihn sind gute internationale Beziehungen ein wichtiger Teil davon", sagt Sarah Wagner. "Die 'America First'-Außenpolitik von Donald Trump lehnt Blinken klar ab. Sie hat seiner Meinung nach zu mehr Isolationismus geführt – und dazu, dass konkurrierende Mächte erstarkt sind." Allerdings werde Blinken nun erst einmal damit beschäftigt sein, die Beziehungen zu wichtigen Partnern zu reparieren: Vertrauen wiederherzustellen und internationalen Abkommen erneut beizutreten.

Erleichterung in Deutschland

Wolfgang Ischinger, Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, machte aus seiner Freude über die Nachrichten aus den USA am Montag keinen Hehl und twitterte: "Niemand, den ich kenne, ist besser über den Atlantik verbunden!"

Genau wie Wagner betont Ischinger, dass Blinken sich gut auskennt – mit Europa, der EU, der NATO und Deutschland.

In internationalen Kreisen, vor allem hierzulande, sei mit der Entscheidung für Blinken eine enorme Erleichterung zu spüren, sagt Sarah Wagner. Schon im Sommer habe der Außenpolitik-Experte in einem Interview bei "Reuters" davon gesprochen, die US-Truppenreduzierung in Deutschland überprüfen zu wollen – und es dabei als wichtigsten Verbündeten der USA in Europa bezeichnet.

Allerdings werde auch Blinken offensiv US-Forderungen vertreten und mehr deutsches Engagement auf der internationalen Bühne verlangen, betont die USA-Expertin: "Besonders China und dessen internationale Rolle werden er und sein Team im Auge haben – und dabei auch auf die Positionierung Deutschlands einwirken wollen."

Ablehnung in Teilen des linken Partei-Flügels

In den USA gibt es durchaus auch Demokraten, die Bidens Entscheidung für Blinken kritisch sehen – vor allem im progressiven Flügel der Partei. Während des Parteitags hatten 400 Delegierte einen offenen Brief verfasst, in dem sie ein neues außenpolitisches Team forderten. "Antony Blinken wurde hier namentlich genannt und ausdrücklich abgelehnt", erinnert Sarah Wagner.

Entscheidungen wie der Irak-Krieg oder das zukünftige Verhältnis zu Israel spielten hierbei eine große Rolle. Auch seine Tätigkeit als Mitgründer der Beratungsfirma WestExec Advisors stehe bei einigen Aktivisten in der Kritik. "Der außenpolitische Berater von Bernie Sanders hat Blinken allerdings als 'gute Wahl' eingestuft. Im linken Flügel gibt es also durchaus unterschiedliche Einschätzungen."

Bidens Ziel: ein diverses Team

Auch mit Blick auf sein Versprechen, ein diverses Team zusammenzustellen, könnte die Entscheidung für Blinken bei einigen für Enttäuschung gesorgt haben. Doch längst sind nicht alle Posten besetzt. "Er hat noch viel Spielraum, um ein Kabinett aufzustellen, das der Zusammensetzung der US-Gesellschaft mehr entspricht", sagt Sarah Wagner.

Mit Linda Thomas-Greenfield werde eine Schwarze Frau mit langjähriger Erfahrung als UN-Botschafterin gehandelt. Sie leite als Mitglied von Bidens Übergangsteam außerdem eine Überprüfung des Außenministeriums und setze sich hierbei für mehr Diversität ein. Mit Alejandro Mayorkas soll zudem erstmals ein Amerikaner mit hispanischen Wurzeln das Heimatschutzministerium leiten.

Über die Expertin: Sarah Wagner hat Politikwissenschaften, Englisch und Bildungswissenschaften studiert und ist Bildungsreferentin an der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz in Kaiserslautern. In diesem Jahr hat sie zusammen mit vier Kollegen den Sammelband "Donald Trump und die Politik in den USA - eine Zwischenbilanz" herausgegeben.

Verwendete Quellen:

  • E-Mail-Interview mit Sarah Wagner
  • politico.com: Biden will nominate Antony Blinken as secretary of State
  • tagesschau.de: Blinken und Kerry in Bidens Kabinett
  • Süddeutsche Zeitung vom 24. November: Willkommen im A-Team
  • Reuters: Exclusive: Biden to review Trump decision to cut troops in Germany if elected
  • Wolfgang Ischinger auf Twitter
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