• Wolfgang Schmidt gilt als wichtigster Vertrauter des designierten Bundeskanzlers Olaf Scholz.
  • Schmidt steht seit etlichen Jahren loyal an der Seite von Scholz und hat dessen Weg wie kein Zweiter mitgestaltet.
  • Der designierte Kanzleramtschef im Porträt.

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Wolfgang Schmidt (SPD) soll Nachfolger von Helge Braun (CDU) werden, der Angela Merkel als Kanzleramtschef gute Dienste leistete. Während Schmidt der breiten Bevölkerung bislang kein Begriff war, könnte das neue Amt seine Bekanntheit schlagartig steigern. So arbeitete auch der amtierende Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier einst als Kanzleramtschef dem letzten SPD-Kanzler Gerhard Schröder zu.

Jeder erfolgreiche Spitzenpolitiker hat einen besonders engen Vertrauten, der ihm zuarbeitet und dabei eher in der zweiten Reihe steht. Bei Armin Laschet ist es Nathanael Liminski, bei Angela Merkel Beate Baumann. Schmidt, den die "Bild" einst als "mächtigsten Unbekannten Berlins" bezeichnet hat, gilt als der engste Vertraute von Olaf Scholz.

Wolfgang Schmidt: Der nicht ganz so leise Schattenmann von Olaf Scholz

Während Berater wie Baumann vor allem aus dem Hintergrund agieren und kaum lautstark in der Öffentlichkeit auftreten, hat Wolfgang Schmidt seinen ganz eigenen Stil entwickelt. Mal hält er sich bedeckt, mal eröffnet er über Twitter ein Tweet-Feuerwerk und wirft sich in die Diskussion, um Scholz vor allerlei Angriffen seiner politischen Gegner zu schützen. Seine Loyalität scheint grenzenlos.

Schmidt gilt, was das äußere Auftreten anbelangt, als Gegenentwurf zum designierten Kanzler. Scholz ist in seiner Außendarstellung stets darauf bedacht, ruhig, vernünftig und gelassen zu wirken. Das hat ihm schon oft den Vorwurf eingebracht, er kopiere Merkel. Schmidt dagegen, den die "Zeit" (Bezahlinhalt) als "lebensfröhliche Duzmaschine" bezeichnet, gilt als äußerst kommunikativ.

Gelernter Jurist und langjähriger Begleiter von Scholz

Schmidt ist Hamburger. Er studierte Jura in der Weltstadt an der Elbe, arbeitete zwischenzeitlich als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hamburg und absolvierte sein Referendariat am Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg. Im Jahr 2002 holte ihn Scholz, gerade zum Generalsekretär der SPD gewählt, nach Berlin und machte ihn zu seinem persönlichen Referenten. Wenig später wurde Schmidt sein Büroleiter.

Seitdem sind die Wege der beiden eng verschlungen. Als Scholz nach Berlin wechselte, folgte ihm Schmidt ins Bundesministerium für Arbeit und Soziales und wurde dort 2010 Direktor der Vertretung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Deutschland. Ein klassischer SPD-Job für den gelernten Juristen.

Über die Jusos zum Scholz-Vertrauten

Ebenso klassisch wirkt auch sein Aufstieg innerhalb der Partei. Denn Schmidt, der seit 1989 SPD-Mitglied ist, gehörte dem europäischen Zusammenschluss sozialdemokratischer und sozialistischer Jugendorganisationen an (ECOSY) und er war auch im Bundesvorstand der Jusos, der Jugendorganisation der SPD, tätig. Aus dieser Zeit, schreibt die "Welt", rührt auch Schmidts Freundschaft zu Andrea Nahles, der ehemaligen SPD-Chefin.

Als Olaf Scholz im Jahr 2011 bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg siegte und die absolute Mehrheit der Mandate holte, kehrte er zurück in seine Heimatstadt und wurde Erster Bürgermeister. Er machte Schmidt zum Staatsrat und Bevollmächtigten der Stadt Hamburg beim Bund, bei der Europäischen Union und für Auswärtige Angelegenheiten. So wurde Schmidt zum verlängerten Arm von Scholz in Berlin.

Der "Außenminister Hamburgs"

In dieser Zeit machte sich Schmidt als "Außenminister Hamburgs", wie ihn das "Hamburger Abendblatt" damals bezeichnete, einen Namen. In dieser Funktion holte der bestens vernetzte Schmidt internationale Hochkaräter ins Hamburger Rathaus und auch die Gästeliste der Eröffnung der Elbphilharmonie ging federführend auf ihn zurück.

Auch am G20-Gipfel 2017 in Hamburg, der von Ausschreitungen überschattet wurde, war er beteiligt. Die Vorbereitung des Gipfels lag wesentlich in der Hand Schmidts, der sich im Vorfeld jeglicher Kritik öffentlich stellte und sich wie so häufig schützend vor Olaf Scholz positionierte. Wo Scholz ist, ist Schmidt nie weit.

Wolfgang Schmidt war immer überzeugt: Scholz kann Kanzler

So schien es nur folgerichtig, dass Schmidt dem Ruf seines Freundes Scholz ins Finanzministerium folgte: Als Scholz aus Hamburg in die Bundesregierung des Kabinetts von Angela Merkel wechselte, wurde Schmidt zu dessen Staatssekretär im Finanzministerium. Schon damals war er unter Vizekanzler Scholz für die Koordinierung der sozialdemokratischen Ministerien verantwortlich - eine Erfahrung, die ihm im Bundeskanzleramt helfen wird.

So verwundert es angesichts der langen gemeinsamen Geschichte der beiden auch kaum, dass es wohl Schmidt war, der Scholz im Jahr 2019 zu einer Kandidatur zum SPD-Vorsitz riet. Aus dem damaligen Scheitern und dem Sieg Saskia Eskens und Norbert Walter-Borjans resultierte schließlich die Kanzlerkandidatur. Geradezu legendär sind die diesbezüglichen Visionen Schmidts, der laut "tagesschau.de" schon seit langer Zeit felsenfest überzeugt ist, Olaf Scholz werde es einmal ins Kanzleramt schaffen.

Spin-Doctor, Strippenzieher - und bestens vernetzt

An dieser Mission hatte Schmidt als Denker, Berater und Kritiker von Scholz viele Jahre gearbeitet. Egal um welche Uhrzeit: Schmidt ist immer erreichbar und antwortet laut "waz.de" auf SMS und sonstige Nachrichten innerhalb kürzester Zeit. Stets darauf bedacht, Olaf Scholz zu schützen und in ein bestmögliches Licht zu rücken. Nicht umsonst gilt Schmidt als international bestens vernetzter Spin-Doctor und Strippenzieher.

Gerade weil der mittlerweile 51-Jährige so von Scholz überzeugt ist, weiß er auch um dessen Schwachstellen. Dabei hat Scholz wohl zwei Achillesfersen. Der Hamburger Cum-Ex-Skandal, der Scholz‘ Zeit als Bürgermeister nach Recherchen von "NDR" und "Zeit" in keinem guten Licht erscheinen lässt, sowie der Wirecard-Skandal um die verschwundenen 1,9 Milliarden Euro des deutschen Finanzdienstleisters, der in die Zeit von Scholz als Bundesfinanzminister fällt.

Wirecard-Skandal: Schmidt verteidigt Scholz bedingungslos

Als kurz vor der Bundestagswahl die Staatsanwaltschaft Osnabrück Durchsuchungen im Bundesfinanzministerium anordnete, warf sich Schmidt wieder einmal schützend vor Scholz. Sein Engagement, das teilweise über Twitter ablief, mündete in einer Anzeige wegen des Verdachts auf Verletzung von Dienstgeheimnissen. Er hatte per Screenshot zwei Dokumente veröffentlicht: einen Teil des amtlichen Durchsuchungsbeschlusses, sowie einen Ausschnitt der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft.

Schmidt war überzeugt: Die Staatsanwaltschaft habe durch unterschiedliche Formulierungen den Eindruck erwecken wollen, es werde gegen den Kanzlerkandidaten Olaf Scholz selbst ermittelt – was jedoch gar nicht aus dem Beschluss hervorgehe. Dabei waren ihm der Zeitpunkt kurz vor der Bundestagswahl sowie die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft Osnabrück vom gut vernetzten CDU-Mitglied Bernard Südbeck geleitet wird, ein Dorn im Auge.

Wer Scholz angreift, muss mit ihm rechnen

Laut "tagesschau.de" schreckt Schmidt auch nicht davor zurück, bei ungünstigen Fakten oder einem renitenten Nachbohren durch Journalistinnen und Journalisten den direkten Kontakt zur Chefredaktion zu suchen. Und auch gegenüber anderen Politikern nimmt Schmidt kein Blatt vor den Mund. Mit Fabio de Masi von der Linkspartei lieferte er sich zu Wirecard und Cum-Ex eine regelrechte Twitterschlacht.

De Masi, der als Hamburger Bundestagsabgeordneter Obmann im Wirecard-Untersuchungsausschuss ist, berichtete dem "Handelsblatt", Schmidt habe ihm telefonisch im Sommer 2020 das Angebot unterbreitet, Informationen zu Wirecard schneller herauszugeben, wenn auf einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Gegenzug verzichtet werde.

Es besteht kein Zweifel daran, dass der zweifache Vater Schmidt, der mit einer Mexikanerin verheiratet ist und fließend Spanisch spricht, Olaf Scholz auch als Kanzleramtschef bis aufs Äußerste verteidigen wird.

Verwendete Quellen:

  • abendblatt.de: Warum Hamburg auch einen "Außenminister“ hat
  • bild.de: Der mächtigste Unbekannte Berlins
  • bundesfinanzministerium.de: Wolfgang Schmidt
  • handelsblatt.com: Fabio De Masi zu Wirecard-Ausschuss: Aus jeder Schublade, die wir aufgezogen haben, kam Dreck
  • tagesschau.de: Bankier suchte Hilfe bei Olaf Scholz
  • tagesschau.de: Wem vertraut Olaf Scholz?
  • waz.de: Kanzlermacher und Olaf-Erklärer. Wer ist Wolfgang Schmidt?
  • welt.de: Scholz holt engste Vertraute ins Finanzministerium
  • zeit.de: Das Sozialmonster

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels wurde berichtet, Olaf Scholz sei Hamburger. Richtig ist zwar, dass er in Hamburg aufwuchs, später dort auch studierte und unter anderem Innensenator und viele Jahre lang Erster Bürgermeister der Hansestadt war. Aber er wurde in Osnabrück geboren und lebt mittlerweile in Potsdam.

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