Das Bürgergeld ist seit seiner Einführung konstanter Diskussionspunkt innerhalb der Ampel-Regierung und gerngesehener Kritikpunkt der Opposition. Besonders die eingeplante Höhe im Bundeshaushalt 2025 sorgt bei der Union für Unverständnis.

Mehr aktuelle News

Angesichts der weiter steigenden Zahl von Bürgergeld-Empfängern warnt die CDU vor einer Finanzlücke von bis zu neun Milliarden Euro bei der Sozialleistung im kommenden Jahr. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bekomme "die explodierenden Kosten schon seit Jahren nicht in den Griff", sagte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Christian Haase (CDU), der "Bild"-Zeitung. Dadurch könnten die Bürgergeldausgaben 2025 auf einen neuen Rekordwert von bis zu 45 Milliarden Euro steigen.

Union kritisiert Haushaltsplanung der Ampel

"Legt man die Steigerungsraten der Jahre 2022 bis 2024 zugrunde, dann müssten die Bürgergeldausgaben im Regierungsentwurf 2025 bei 45 Milliarden Euro liegen und nicht bei insgesamt 36 Milliarden Euro", sagte Haase. Beim Bürgergeld werde, "wie an vielen anderen Stellen im Haushalt, getrickst, um einen halbwegs verfassungskonformen Haushaltsentwurf vorzulegen". Dies habe "nichts mit seriöser Haushaltspolitik zu tun", kritisierte der CDU-Politiker.

In diesem Jahr geht die Bundesregierung im Rahmen ihres Nachtragshaushalts von insgesamt 41,3 Milliarden Euro Ausgaben für Bürgergeld-Empfänger aus. Für 2025 rechnet sie dagegen nur mit Ausgaben von 36 Milliarden Euro.

Auch der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jens Spahn (CDU), warf Heil mit Blick auf den Haushaltsplan 2025 "eine unseriöse Luftbuchung" vor. Um die Ausgaben um rund fünf Milliarden Euro zu senken, "müssten Hunderttausende mehr in Arbeit sein", sagte Spahn der "Bild"-Zeitung. Dies sei aber kaum zu erwarten.

"Der Jobturbo zündet nicht, das Bürgergeld gibt zu wenig Anreiz zu arbeiten. Die Ampel rechnet sich das Bürgergeld schön", kritisierte Spahn. Es müsse daher abgeschafft werden.

Hartz IV hätte nicht abgeschafft werden dürfen

Die Umstellung von Hartz IV auf das Bürgergeld kritisierte jüngst auch der ehemalige Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele. Im Vergleich würden heute nachweislich weniger Menschen in den Arbeitsmarkt integriert, sagte Scheele der "Süddeutschen Zeitung". Dabei gebe es einen eklatanten Arbeitskräftemangel. "Gemessen daran ist das Bürgergeld schlicht nicht erfolgreich", sagte der frühere BA-Chef.

Das Bürgergeld dürfe "keine langfristige Alimentation" sein, warnte Scheele. Das Ziel müsse wieder stärker sein, "den Bezug von Sozialleistungen umgehend durch Arbeitsaufnahme wieder zu beenden. Nichts anderes."

Mit der Reform sei der Druck, eine Arbeit anzunehmen, deutlich gemindert worden, zudem seien die Sanktionen in Form von Leistungskürzungen stark zurückgefahren worden, sagte Scheele. Das sei der Grundfehler der Systemumstellung gewesen. Scheele fügte hinzu: "Hartz IV wurde schlechter gemacht, als es war."

Scheele ist SPD-Mitglied, hadert aber mit dem Umstieg auf das Bürgergeld. "Die SPD hätte bei Hartz IV bleiben sollen. Man hätte das Konzept ja umbenennen können, statt es zu ändern", sagte er.

Das Hartz-IV-System war zum 1. Januar 2023 vom Bürgergeld abgelöst worden. Damit stiegen die Regelsätze deutlich. Außerdem wurden die Zuverdienstmöglichkeiten sowie die Hilfen für Qualifizierung und Weiterbildung verbessert und die Sanktionen gemildert. Die Umstellung hatte insbesondere die SPD vorangetrieben.

Wüst will Bürgergeld bei CDU-Regierungsbeteiligung selbst ändern

Kritik am Bürgergeld kam jüngst auch von dem CDU-Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst. "Wir müssen das signifikant verändern, und wenn die Ampel dazu nicht in der Lage ist, muss es eine neue Bundesregierung machen", sagte Wüst im Interview von RTL West. Natürlich werde es eine Sozialhilfe "im Sinne von Solidarität" auch weiter geben, betonte Wüst. "Aber das Bürgergeld zu nennen, war schon ein Fehler, und meines Erachtens, was da obendrauf gesattelt worden ist, war auch nicht richtig."

Es gebe zu viele Anreize für den Bezug von Bürgergeld, die korrigiert werden müssten, so Wüst. Allein die Bezeichnung "Bürgergeld" erwecke den Eindruck, es sei so etwas Ähnliches wie ein bedingungsloses Grundeinkommen. Dies müsse schnell revidiert werden, "weil wir sonst den Grundgedanken, der Grundlage unseres Wohlstands ist, dass Leistung sich lohnen muss, immer mehr infrage stellen".

Das derzeitige Bürgergeld zeuge von einem Grundverhältnis zwischen Bürger und Staat, das nicht in Ordnung sei. "Wir müssen solidarisch sein mit denen, die nicht können, aber alle anderen müssen mit anpacken", sagte Wüst. "Das ist auch ein Gebot der Solidarität mit denen, die jeden Morgen aufstehen und von einem kleinen Gehalt Sozialabgaben und Steuern zahlen."

Streit in der Ampel

Um das Bürgergeld gibt es Streit auch in der Ampel-Regierung. Zuletzt hatten SPD und Grüne einem FDP-Vorschlag zur Senkung des Bürgergelds eine Absage erteilt. Nach geltender Gesetzeslage wäre eine Kürzung der Sozialleistung ohnehin nicht möglich, hatte das SPD-geführte Bundessozialministerium erklärt. FDP-Fraktionschef Christian Dürr hatte via "Bild"-Zeitung gesagt, das Bürgergeld falle "aktuell 14 bis 20 Euro im Monat zu hoch aus".

Anfang 2024 war das Bürgergeld um insgesamt zwölf Prozent erhöht worden. Alleinstehende bekommen seither 563 Euro im Monat, 61 Euro mehr als im Vorjahr. Vergangenes Jahr gab Deutschland etwa 42,6 Milliarden Euro für Bürgergeld aus, nach 36,6 Milliarden im Vorjahr.

Ende Juli hatte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann gefordert, sogenannten Totalverweigerern das Bürgergeld zu streichen. Das wären mehr als 100.000 Menschen. Die Statistik lege nahe, dass eine sechsstellige Zahl von Personen grundsätzlich nicht bereit sei, eine Arbeit anzunehmen, hatte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe gesagt. Aus der Ampel-Koalition, aber auch vom Sozialflügel seiner eigenen Partei hatte Linnemann dafür viel Kritik erhalten. (afp/dpa/bearbeitet von the)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.