Für Fernando Alonso ist die zweite Saison mit Aston Martin eine Enttäuschung. Doch warum ist der Rennstall so böse abgestürzt?
49 Punkte hat
Fernando Alonso ist keiner, der etwas beschönigt. Vor allem dann nicht, wenn es um den eigenen Rennstall geht. Im Gegenteil: Der Spanier weiß, dass es hilfreich sein kann, öffentlich hin und wieder mal Klartext zu sprechen. Das erhöht nämlich den Druck und schärft die Sinne.
So hat es der zweimalige Weltmeister schon immer gehalten und so macht er es auch weiterhin. Denn in dieser Saison ist Aston Martin brutal abgestürzt – vom Überraschungsteam des Vorjahres zum Sorgenkind.
Im Rahmen seines Heimrennens in Barcelona im Juni hatte er bereits eine deutliche Breitseite verteilt. "Es ist an der Zeit, härter zu arbeiten und weniger zu reden. Wir müssen einfach mehr liefern. Die Gegner haben uns im Entwicklungswettlauf distanziert", sagte er der Presse.
Seine aktuelle Zwischenbilanz zur Sommerpause hört sich in der Wortwahl ein Stück weit freundlicher an, ist aber deshalb nicht weniger deutlich. "Für uns ist es einfach im Moment schwierig, das Auto im richtigen Fenster zu haben. Wir haben Probleme, das Potenzial aus dem Auto zu holen", sagte Alonso gegenüber Pressevertretern.
Ein passabler Saisonstart für Alonso
Man habe recht stark begonnen und sei in den ersten fünf Rennen "ziemlich konkurrenzfähig" gewesen, erklärte Alonso. "Vor allem im Qualifying waren wir nah an Mercedes und manchmal sogar an McLaren dran. Aber im Rennen sind wir dann zurückgefallen."
Tatsächlich zehren Aston Martin und Alonso von einem passablen Saisonstart. Bei den ersten fünf Rennen startete Alonso jedes Mal aus den Top Ten, Startplatz drei in Shanghai war dabei das Highlight. In Saudi-Arabien fuhr er als Fünfter sein bestes Saisonergebnis ein. 29 Punkte holte er bis einschließlich Rennen fünf, seitdem noch 20 Zähler in neun weiteren Läufen. Fünfmal ging er komplett leer aus. Sein Teamkollege Lance Stroll kommt bislang sogar nur auf 24 Punkte.
Macht insgesamt 73 Zähler, mit denen Aston Martin zwar wie 2023 auf Platz fünf der Konstrukteurs-WM liegt, allerdings nicht wie damals in Reichweite der ersten vier Plätze, sondern mit einem demütigenden Rückstand von 193 Punkten auf den Vierten Mercedes.
Zu Spitzenreiter Red Bull sind es sogar 335 Punkte. Dafür sind nun die Racing Bulls (34 Punkte) und Haas (27) im grauen Mittelfeld der Königsklasse die direkten Gegner. Zum Vergleich: 2023 wurde Alonso Vierter in der Fahrer-WM, fuhr achtmal auf das Podium.
Unberechenbares Auto macht Alonso das Leben schwer
"Das Auto ist nicht einfach zu fahren und manchmal ist es unberechenbar", klagte Alonso. "Und das nimmt den Fahrern das Vertrauen, wenn du nicht pushen und dem Auto nicht trauen kannst, dass es in jeder Kurve das gleiche macht. Inkonstanz ist hinter dem Lenkrad nicht toll und damit habe ich größere Probleme als in den Jahren zuvor", so Alonso. Und wenn die Abstände so eng seien und man um einen oder zwei Punkte kämpfe, dann treffe man manchmal auch riskantere Entscheidungen, so Alonso. Womit die Gefahr steigt, auch mal deutlich danebenzuliegen.
Bei Aston Martin sieht es dann so aus, dass dann schon mal vor dem Qualifying das ganze Auto geändert wird, wenn klar ist, dass man nur einen oder zwei Punkte holen würde. Diese dann für einen eventuellen Top-5-Platz zu riskieren, schmerzt bei einem Verlust dann nicht so sehr. Daher sagt Alonso: "Wir müssen unsere Performance verbessern und das Niveau anheben, um wieder in eine komfortablere Position zu kommen."
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Das gilt aber vor allem für die mittelfristige Zukunft, denn kurzfristig ist die Konkurrenz um Red Bull, McLaren, Ferrari und Mercedes schon zu sehr enteilt. "Wir müssen uns auf unsere eigene Entwicklung und unser Vertrauen in das Auto konzentrieren und uns für das nächste Jahr verbessern", sagte der Spanier.
Sein persönlicher Wunsch: "Die Richtung und einen komfortablen Weg in der Entwicklung zu finden, sodass wir mit etwas mehr Vertrauen in unsere Arbeit in den Winter gehen können und dann eine normalere Saison 2025 haben."
Sticheleien gegen Alonso
Sonst dürften Abgesänge schnell lauter werden. Immerhin ist Alonso inzwischen 43 Jahre alt. "Die Zeit steht für niemanden still. Sag mir nur einen Rennfahrer, der mit zunehmendem Alter nur besser und besser wurde", stichelte der frühere Teamchef Eddie Jordan in seinem Podcast "Formula for Success": "Das sehen wir derzeit gut bei Fernando Alonso. Zu Beginn des Jahres war er ehrfurchtgebietend. Aber im Moment müssen wir ihn im Klassement suchen gehen, um zu sehen, ob er es in die Top Ten geschafft hat."
Alonso wisse, dass er auf dem Niveau eines Hamilton fahren könne, und der habe nun zweimal gewonnen, sagte Jordan weiter: "Nach dem sehr guten Jahr 2023 mit Aston Martin hat Fernando für 2024 gewiss erwartet, dass er ein Wörtchen mitreden würde um Siege, aber das ist nicht passiert. Und das wird im zweiten Teil der Saison wahrscheinlich auch nicht passieren."
Was bedeutet: Alonso wird in den kommenden Wochen sicher noch öfter den Finger in die Wunde legen.
Verwendete Quellen
- Podcast "Formula for Success"
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