• Nico Hülkenberg springt beim Auftakt der Formel 1 in Bahrain für den an Corona erkrankten Sebastian Vettel ein.
  • Hülkenberg saß zuletzt 2020 in einem Formel-1-Auto, außerdem kennt er die neue Auto-Generation nur aus dem Simulator.
  • Möglicherweise findet sein Einsatz im Aston Martin aber sogar eine Fortsetzung.

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Unverhofft kommt oft. Ein bisschen Sarkasmus konnte sich Nico Hülkenberg deshalb nicht verkneifen. "Hülkenberg 3.0. Dieses Mal bin ich immerhin bereits am Donnerstagmorgen über meinen Einsatz informiert worden, also hatte ich noch viel Zeit, alles easy", sagte der Deutsche in einem Video auf Instagram. Da war er gerade von Monaco nach Amsterdam geflogen und wollte weiter nach Bahrain. Gute 24 Stunden vor dem ersten freien Training der Formel 1 im Rahmen des Saisonauftakts in dem Wüstenstaat.

Es ist das Schicksal des Feuerwehrmanns: Hülkenberg ist Ersatzfahrer bei Aston Martin und vertritt den an Corona erkrankten Sebastian Vettel. Und das dann eben ziemlich kurzfristig, wenn der Stammfahrer von jetzt auf gleich ausfällt. Er freue sich auf den Renneinsatz, sagte Hülkenberg: "Das wird mit Sicherheit ein wildes Wochenende, diese neuen Autos zu fahren und wieder Teil der Formel 1 zu sein. Seb zu ersetzen wird nicht einfach werden, aber ich werde alles geben."

Viertes Rennen als Feuerwehrmann

Wie immer, könnte man fast schon sagen, denn es ist bereits Hülkenbergs vierter Einsatz als Feuerwehrmann. Der Deutsche sprang bereits 2020 in Silverstone und am Nürburgring bei insgesamt drei Rennen beim Vorgängerteam Racing Point ein, nachdem die Stammfahrer Sergio Perez und Lance Stroll ausgefallen waren. Damals erfuhr er sogar noch kurzfristiger von seinen Einsätzen. Einmal wurde er dann von einem Kupplungsschaden ausgebremst, einmal wurde er Siebter, einmal Achter. Wenn also jemand aus dem Stand in ein Formel-1-Auto springen kann, dann "Hülk", oder?

Jein, denn diesmal ist einiges anders. Keine Frage: Der 34-Jährige ist ein alter Hase, er hat von 2010 bis 2020 für Williams, Force India, Sauber, Renault und Racing Point insgesamt 179 Rennen in der Formel 1 bestritten. Er war ein Fahrer, dessen großes Talent nie mit einem entsprechenden Top-Cockpit bedacht wurde. Seine erfolgslose Jagd nach einem Podestplatz war am Ende eine Art Running Gag.

Nach der Saison 2019 bekam er bei Renault kein Cockpit mehr und wollte ein Jahr Pause einlegen, sprang 2020 aber noch einmal für besagte drei Rennen ein. Den Weg zurück in ein Stammcockpit fand er aber nicht mehr, im vergangenen Jahr kritisierte er deshalb bei "Motorsport.com" die Teams und ihren "fragwürdigen Geschmack" und "eine fragwürdige Entscheidungsfindung".

Formel 1: Letzter Einsatz im Rennauto im Oktober 2021

Er hält sich trotzdem weiter im Dunstkreis der Formel 1 auf, ist Experte beim österreichischen Sender ServusTV und war bereits 2021 Ersatzmann bei Aston Martin. Er blieb zwar ohne Einsatz, steht aufgrund der Rolle aber voll im Saft. Die kurzfristigen körperlichen Folgen seines ersten Einsatzes in der Formel 1 nach anderthalb Jahren und in einem Rennauto seit Oktober (in einem IndyCar-Renner) wie die typischen Nackenprobleme dürfte er schnell wegstecken. Mental lässt sich Hülkenberg sowieso nicht aus der Ruhe bringen.

Trotzdem ist der Vettel-Ersatz für Hülkenberg eine der größten Herausforderungen seiner Karriere. Denn im Gegensatz zu 2020, als er die Autos noch aus eigener Erfahrung kannte, geht die Formel 1 in der Saison 2022 mit einem revolutionären neuen Reglement und mit neuen Autos an den Start.

Bedeutet konkret: Die Autos sind schwerer, die Reifen größer, außerdem wurden die Aerodynamik-Regeln überarbeitet. Das Ziel: Das Hinterherfahren soll so einfacher, die Rennen durch mehr Überholmanöver wiederum actionreicher und der WM-Kampf durch ein ausgeglicheneres Feld spannender werden. Selbst die Stammfahrer konnten nicht einfach so in die Autos hüpfen und loslegen.

Die Regeländerungen für 2022 geben den Formel-1-Rennern ein ganz neues Gesicht

Die Teams der Formel 1 sind selten in eine so ungewisse Zukunft gestartet wie 2022. Schon die Vorsaison standin manchem Motorhome, in den Werkstätten und Designstudios ganz im Zeichen der neuen Regeln. Sie greifen 2022. Und deshalb sehen die neuen Boliden so aus. © ProSiebenSat.1

Niko Hülkenberg: Kein Vergleich zur Konkurrenz

Hülkenberg saß zwar mehrfach im Simulator, das gibt ihm aber nur ein erstes Gefühl für die Autos, genauso wie das Gespräch mit Vettel auf dem Weg nach Bahrain. Klar: Besser als nichts, trotzdem kein Vergleich zu den sechs Testtagen, die die meisten anderen Fahrer im Vorfeld hatten, um sich an die vielen Details, Kniffe und Eigenheiten der neuen Boliden zu gewöhnen. Hülkenberg hat in Bahrain drei Trainings zur Verfügung, ehe es ins Qualifying und schließlich ins Rennen geht. Erst im Qualifying wird sich zudem zeigen, wo Aston Martin grundsätzlich im Vergleich zur Konkurrenz steht.

Fun Fact: Kurz vor der Nachricht, dass er einspringt, veröffentlichte Hülkenberg in dem Netzwerk "LinkedIn" seine übliche Kolumne – die diesmal davon handelte, wie sich Formel-1-Fahrer auf den Saisonstart vorbereiten, was sie tun, denken, fühlen. Hülkenberg beschrieb dabei interessante Abläufe und Gedankengänge.

24 Stunden später erlebt er viele Dinge nun nochmals selbst, allerdings im Zeitraffer. Er mache im Moment bewusst keine Vorhersagen, schrieb er, denn "das erste Rennen der kommenden Saison ist eine echte Wundertüte". Vor allem für ihn. Punkte wie 2020 wären eine echte Überraschung.

Ralf Schumacher: Für das Team "ein absoluter Kompromiss"

"Das ist für das Team ein absoluter Kompromiss", sagte der frühere Formel-1-Fahrer Ralf Schumacher bei Sky. "Nico ist dazu in der Lage, aber er hat lange nicht im Auto gesessen. Er kennt das Auto überhaupt nicht, außer aus dem Simulator. Es ist ein großer Kompromiss", so Schumacher.

Auch Haas-Fahrer Mick Schumacher ist gespannt, wie sich Hülkenberg schlagen wird. "Er ist ja länger nicht mehr gefahren und geht ohne Testtage ins neue Auto rein. Es wird spannend zu sehen, wie er sich darin wohlfühlt und was er leisten kann", so Schumacher.

Es ist nicht auszuschließen, dass Hülkenberg sogar eine weitere Chance bekommt, denn nach dem Auftakt in Bahrain steht eine Woche später bereits das zweite Rennen in Saudi-Arabien an. Vettel muss sich nach seiner Corona-Erkrankung und der Quarantäne in der Schweiz erst einmal freitesten. Eine knappe Kiste, eine kurzfristige Entscheidung. Doch das kennt Hülkenberg ja bereits.

Verwendete Quellen:

  • Motorsport.com: Hulkenberg says F1 "train has probably left", ready for IndyCar
  • LinkedIn: Beitrag von Nico Hülkenberg
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