Der Hamburger SV eifert Tasmania Berlin nach, der VfB Stuttgart mag es dramatisch und der FC Bayern München wird trotzdem Deutscher Meister. In unserer Serie ziehen wir die etwas anderen Lehren aus dem jeweiligen Spieltag der Bundesliga.
1. Lehre: Der HSV hat noch (Negativ-)Rekorde zu knacken
Langsam gehen uns wirklich die Negativmarken aus. Denn der Hamburger SV hat in dieser Saison schon ziemlich viele geknackt: längster torloser Saisonstart der Klub- und Bundesligahistorie; am häufigsten verklagter Verein der Saison (Mirko Slomka, Oliver Kreuzer und El Maestro); und, hm, bestimmt gibt es noch andere Negativmarken, die uns nur akut jetzt gerade nicht einfallen. Eine jedenfalls ist neu: Der HSV hat es fertiggebracht, nach neun Spieltagen nur drei Tore zu erzielen. Das hat in 52 Jahren Bundesliga nicht mal Tasmania Berlin geschafft. Die Berliner hatten in der Saison 1965/66 zur gleichen Zeit doppelt so viele Tore.
Ist der HSV damit schlechter als die Tasmania? Noch nicht ganz. Ein paar Negativrekorde gilt es dann doch noch zu brechen, z.B. längste Serie ohne Sieg in Folge (31 Spiele). Na, lieber HSV, das wär doch was!
2. Lehre: Stuttgart erfreut die Dramatiker
Sie dachten, William Shakespeare hätte richtige Dramen geschrieben? Da müssen wir sie enttäuschen. Das konnte er leider gar nicht. Denn Shakespeare war nie Zuschauer bei einem Spiel des VfB Stuttgart. Nach der verrückten Aufholjagd am 8. Spieltag gegen Bayer Leverkusen, liefern die Stuttgarter bei Eintracht Frankfurt ein Spektakel ab, das auch dem strengen englischen Publikum des 16. Jahrhundert gefallen hätte. Ein in die alte Heimat zurückgekehrter Fußballweiser (überzeugend verkörpert von Armin Veh), der sein eigenes Glück nur finden kann, indem er ihm lieb gewonnene Freunde (die alten Recken von Eintracht Frankfurt) ins Verderben stürzt. Furios: Alexander Madlung (zwei Tore für die Eintracht geschossen, zwei Gegentore verursacht) als Jüngling mit Existenzkrise: "Auf dem Platz sein, oder nicht auf dem Platz sein – das ist hier die Frage." Perfide: Das Ende des Dramas ist schwerer vorherzusehen als Thomas Müllers Laufwege. Dass der Spaß 5:4 für Stuttgart endet, hatte wirklich niemand ahnen können.
3. Lehre: Psychotricks helfen nicht immer
Dass Borussia Dortmund in der Krise steckt, haben die Verantwortlichen bereits vergangene Woche zugegeben. Dass der BVB an einer gespaltenen Persönlichkeit leidet, haben wir inzwischen auch erkannt. In der Champions League hui, in der Bundesliga pfui. Und dass man dieser Problematik nicht mit einem billigen Psychotrick beikommen kann, dass wissen wir jetzt auch. Denn genau das haben die Verantwortlichen der Borussia gegen Hannover 96 versucht. Wir ziehen dem Bundesliga-Ich einfach (unter ungehörigem bürokratischen Aufwand) das Champions-League-Hemd an und dann läuft das schon, dachten sich die BVB-Bosse. Hat natürlich nicht funktioniert. Denn Trikots machen eben noch lang keine Sieger. Und deshalb muss man die Stimmung bei der Borussia weiterhin beschreiben wie Ilkay Gündogan; "Da gibt es ein Wort, das mit S-C-H anfängt."
4. Lehre: Juhu, es gibt wieder einen Bayern-Gegner (Meister werden sie trotzdem)
Es ist eine wahre Freude! Endlich macht sich eine Mannschaft nicht in die Hosen, nur weil sie gegen den FC Bayern München spielen muss. Endlich wartet ein Team nicht nur händchenhaltend vor dem eigenen Tor, bis die Bayern zum ersten Mal eine Lücke finden. Endlich ergibt sich ein Verein nicht schon beim Anpfiff. Endlich hat es der der FCB wieder mit einem richtigen Gegner zu tun bekommen.
Das war eine sehr reife Leistung von Borussia Mönchengladbach. Die "Fohlen" hatten die Bayern am Rande einer Niederlage. Das gab's schon lang nicht mehr. Wir hoffen doch sehr, dass die Gladbacher dieses Niveau auch noch den Rest der Saison aufrecht erhalten.
Meister wird allerdings trotzdem der FC Bayern. Denn erstens muss der Rekordmeister nicht jedes Wochenende gegen Gladbach spielen – dann könnte es tatsächlich noch einmal knapp werden – und zweitens haben die Bayern Manuel Neuer. Und der macht die Meisterschaft zur Not auch ganz alleine klar.
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