- Der BVB ist das Team der Stunde in der Bundesliga – dabei sprechen einige wichtige Statistiken eine ganz andere Sprache.
- Welche Faktoren den Meisterkampf in dieser Saison entscheiden dürften, erscheint inzwischen offensichtlich.
- Kann die Borussia in diesem Jahr für die Sensation sorgen?
Auf den ersten Blick sieht alles so aus wie in der abgelaufenen Saison: Borussia Dortmund belegt nach 21 Spieltagen schon wieder Platz zwei in der Bundesliga mit exakt denselben Zahlen wie rund ein Jahr zuvor. 14 Siegen stehen auch heute sechs Niederlagen und ein Remis gegenüber, die Punktausbeute ist mit 43 Zählern identisch und selbst das Torverhältnis unterscheidet sich nur durch einen Treffer. Aktuell steht die Mannschaft bei plus 17, letzte Saison waren es plus 18 Treffer.
Der große Unterschied ist tatsächlich, dass der BVB nicht wie vor einem Jahr längst hat abreißen lassen zur Tabellenspitze, sondern momentan punktgleich mit dem FC Bayern und Union Berlin rangiert – während man vor einem Jahr bereits neun Punkte hinter den Bayern lag. Das wiederum ist aber kein Verdienst der Borussia, sondern der Schwäche der Bayern geschuldet.
Der Lauf mit sieben Siegen aus den ersten sieben Bundesligaspielen des Kalenderjahres hat
"Mentalität" als weicher Faktor
Aktuell ist viel die Rede von einer neu entwickelten Mentalität der Mannschaft. Das böse M-Wort stand jahrelang auf dem Index, nun bemühen es die Verantwortlichen ungefragt selbst. Sportchef Sebastian Kehl etwa betonte das nach dem Champions-League-Spiel gegen Chelsea explizit. Mentalität, Widerstandsfähigkeit, Einstellung, Haltung: Das alles sind keine messbaren Attribute, sondern ergeben sich als Gesamtbild aus einer Vielzahl an weichen Faktoren.
Die harten Fakten in den viel zitierten "talentfreien Aktionen" lassen bisher jedenfalls keinen Schluss auf eine signifikante Verbesserung im Dortmunder Spiel zu. In der Laufleistung, bei den Intensiven Läufen und den Sprints rangiert die Mannschaft teilweise fast exakt auf dem Niveau der letzten Saison, bisher sogar jeweils noch eine Spur darunter. Und auch die gewonnenen Zweikämpfe pro Spiel liegen mit 100 im Vergleich zu den 101 im Schnitt ungefähr gleichauf.
Verblüffende Elfmeterbilanz
In den spielentscheidenden Statistiken, bei der Chancenverwertung und der Torverteilung, gibt es allerdings einige erstaunliche Unterschiede. Die Borussia hat nach der Winterpause schon vier Tore nach Standards erzielt und die Zwischenbilanz damit auf neun Treffer nach einem ruhenden Ball geschraubt. Hochgerechnet auf die komplette Saison käme der BVB damit auf knapp 15 Standardtore und damit drei mehr als jene zwölf der Vor-Saison.
Behält die Mannschaft ihre in der Winterpause antrainierte und neu gewonnene Stärke bei Ecken, Freistößen und Einwürfen bei wie in den ersten sieben Spielen der Rückserie, könnte der BVB sogar über die 20-Tore-Marke klettern und damit endlich auch in den Top drei der Liga landen neben den notorischen Standard-Spezialisten aus Freiburg und Union Berlin.
Umso bemerkenswerter ist diese enorme Steigerung, da der BVB auf den leichtesten aller Standards bisher fast komplett verzichten muss. Erst einen einzigen Elfmeter bekam Terzics Mannschaft nach 21 Spielen zugesprochen, nur der VfL Bochum mit null Elfmetern liegt in der Statistik noch hinter dem BVB – Freiburg aber etwa mit sieben Elfmetern auch hier klar an der Spitze.
In der abgelaufenen Saison war Dortmund noch der Elfmeter-König der Liga mit elf Strafstößen, im Schnitt also fast alle drei Spiele einer. Die dann auch alle elf verwandelt wurden und die ansonsten verheerende Standardbilanz retteten.
Dortmunds Chancenverwertung bleibt ausbaufähig
Außerdem besonders auffällig: Die Borussia erzielt aktuell kaum Kontertore. Nur ein Treffer nach einem offensiven Umschaltmoment ist bisher notiert, in der letzten Saison waren es insgesamt sieben. Und auch die Chancenverwertung, also die Essenz des Offensivspiels und ein ganz entscheidender Faktor, um Spiele zu gewinnen, war zuletzt noch deutlich besser.
Aktuell steht der BVB bei einer Quote von 29,9 Prozent und damit im Mittelfeld der Liga. Unter Marco Rose war die Mannschaft vor dem Tor deutlich kaltschnäuziger, kam auf knapp über 41 Prozent und war damit die effizienteste Mannschaft der Liga.
Das wiederum dürfte sehr viel mit
Und auch der Verdacht, dass sich durch Haalands Weggang an den reinen Zahlen gemessen andere in den Vordergrund rücken, verläuft eher im Sande. Die 44 Dortmunder Treffer verteilen sich auf 15 verschiedene Torschützen, in der letzten Saison sorgten am Ende 19 unterschiedliche Schützen für insgesamt 85 Tore.
Der BVB reitet aktuell auf der Erfolgswelle, die mit jedem Sieg noch größer wird. Und doch ist der plötzliche Leistungsanstieg immer noch mit Vorsicht zu genießen. Die Zahlen jedenfalls lügen nicht.
Verwendete Quellen:
- Sportschau.de: Sportdirektor Kehl - "Brauchten heute etwas Glück"
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