Lange Zeit wollte sich Mathys Tel beim FC Bayern durchbeißen, jetzt scheint das Top-Talent allerdings genug zu haben. Der 19-Jährige will den Verein verlassen, die Szenen nach dem Spiel gegen Bratislava lassen vermuten, dass es auch dazu kommen wird. Für die Bayern wäre ein dauerhafter Abgang eine vertane Chance.

Eine Analyse
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Mathys Tel sorgte am Mittwochabend gleich zwei Mal für Aufsehen – einmal ohne eigenes Zutun, etwas später dafür umso mehr. Bayern-Trainer Vincent Kompany ließ den 19-Jährigen im letzten Spiel der Champions-League-Ligaphase starten, eine Aufstellungsentscheidung, die für viele recht überraschend war.

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Beim 3:1-Erfolg der Münchner konnte der junge Franzose keine großen Akzente setzen, nach etwas mehr als einer Stunde war für ihn Schluss. Bei seiner Auswechslung dankte er den klatschenden Fans in der Allianz Arena ebenfalls mit Applaus. So weit, so normal.

Tel dreht Ehrenrunde in der Allianz Arena

Nach dem Spiel dann sorgte Tel jedoch für Szenen, die anschließend fast noch mehr die Schlagzeilen beherrschten als der glanzlose Bayern-Sieg gegen Außenseiter Slovan Bratislava. Tel zog nach dem Abpfiff noch einmal alleine vor die Südkurve und ließ sich von den Bayern-Fans feiern, kurz darauf folgte noch eine Ehrenrunde auf dem Platz.

Es mutete wie ein – zumindest zeitweiser – Abschied von den Anhängern des FC Bayern an. Denn: Tel will den FC Bayern verlassen. Nachdem er sich für lange Zeit im hochkarätig besetzten Kader der Münchner behaupten wollte, scheint es dem 19-Jährigen, der zu den größten Talenten Europas gehört, nun zu reichen. Tel möchte mehr Spielpraxis – und deshalb zu einem anderen Verein.

Mathys Tel
Mathys Tel applaudiert den Fans des FC Bayern nach seiner Auswechslung. © Sven Hoppe/dpa

Eberl bestätigt Wechselwunsch von Tel

Sportvorstand Max Eberl bestätigte nach dem Spiel den Wechselwunsch von Tel und berichtete, dass man im Dezember gemeinschaftlich entschieden hatte, dass es der junge Offensivspieler weiter in München versuchen sollte. "Mathys hat damals entschieden, er möchte bleiben, er möchte sich durchsetzen. Jetzt kommt Mathys und sagt, er kann sich doch vorstellen, was zu tun", erklärte Eberl leicht gereizt. "Und jetzt müssen wir überlegen, was wir tun, ob wir es tun."

Tel will also weg. Unklar ist aber noch, ob dauerhaft oder nur temporär – sowohl eine Leihe als auch ein Verkauf sind denkbar. Es gebe "kein böses Blut" zwischen Verein und Spieler, versicherte Eberl am Mittwoch. Ganz selten hätten "so viele Vereine angerufen", bemerkte der Sportvorstand zum großen Interesse an Tel aus der Bundesliga und dem Ausland. Tel selbst soll zur englischen Premier League tendieren. Manchester United, Tottenham, Arsenal, Chelsea oder auch Aston Villa wurden da schon als mögliche Abnehmer genannt.

Viel Zeit, eine für alle zufriedenstellende Lösung zu finden, bleibt nicht mehr. Am 3. Februar schließt das Transferfenster. "Jetzt ist Ende Januar. Und jetzt ist es für alle Beteiligten schwieriger. Wir müssen schauen, was am Ende das Beste für alle Beteiligten ist, also für Mathys und für Bayern München", sagte Eberl.

"Vielleicht ist es der richtige Schritt für ihn."

Manuel Neuer über einen möglichen Wechsel von Mathys Tel

Eine Art Abschiedsgeschenk sei der Startelf-Platz für Tel nicht gewesen, das geht aus den Aussagen von Trainer Kompany hervor. "Ich hatte dabei keinen Hintergedanken", sagte der Belgier. Das Top-Talent habe sich den Einsatz durch gute Leistungen im Training verdient. Kompany sagte zu Tels Zukunft, dass man "ganz eng im Austausch" mit dem Spieler und dessen Berater sei.

Tel selbst konnte noch nicht allzu viel zu seiner Zukunft sagen. Auf die Frage, ob dies sein letztes Spiel für den FC Bayern war, antwortete der 19-Jährige in der Mixed Zone der Allianz Arena lediglich: "Ich weiß es nicht."

Dass vieles auf einen Abschied von Tel hindeutet, wird jedoch auch deutlich, weil sich sogar Teamkollegen des Franzosen am Mittwoch zur aktuellen Situation äußerten. Ein Szenario, das nicht allzu häufig vorkommt, hüllen sich die Profis und Verantwortlichen bei Fragen nach der Zukunft erfahrungsgemäß doch lieber in Schweigen. "Es ist auf jeden Fall wichtig für einen jungen Spieler, Spielpraxis zu bekommen", sagte Bayern-Kaptiän Manuel Neuer und bemerkte zu einem möglichen Wechsel von Tel: "Vielleicht ist es der richtige Schritt für ihn."

Tel gehört beim FC Bayern zu den Publikumslieblingen

Tel, der seit Sommer 2022 für den FC Bayern spielt und das Vereinsmotto "Mia san mia" verinnerlicht hat wie nur wenige andere Spieler im Verein, gehört auch aufgrund seiner Verbundenheit zum Verein zu den Lieblingen der Fans. Das wurde auch bei der Ehrenrunde im Stadion am Mittwochabend deutlich, als Tel vom Anhang gefeiert wurde.

Bei seinem Wechsel aus Rennes lag Tels Marktwert bei zwei Millionen Euro, die Bayern zahlten damals das Zehnfache. Ein klares Zeichen, dass die Münchner das Offensiv-Talent unbedingt haben wollten, Tel sollte die Zukunft des deutschen Rekordmeisters prägen.

Der große Durchbruch in München blieb ihm (bislang) jedoch verwehrt – auch, weil er nur selten die Chance bekam, sich über mehrere Spiele in Folge zu beweisen. Häufig blieb Tel nur die Joker-Rolle, weder Kompany-Vorgänger Thomas Tuchel noch Kompany selbst setzten wirklich auf den Franzosen.

Auf der Suche nach mehr Spielzeit zieht es Tel jetzt also ins Ausland. Eine Leihe wäre wohl eine Win-Win-Situation: Tel würde häufiger spielen, die Bayern hingegen würden eines der größten Talente im europäischen Fußball weiter behalten und im Idealfall gestärkt zurückbekommen. Ein Verkauf wäre jedoch eine Entscheidung, die Eberl und Co. in den nächsten Jahren bereuen könnten und vor allem eins: eine vertane Chance.

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