Franz Kremer gilt als der Vater der Bundesliga. Er starb ausgerechnet an einem Spieltag - als sein 1. FC Köln gerade dabei war, in Frankfurt zu gewinnen.

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"Da muss etwas passiert sein!" Hannes Löhr hat sich gerade noch über den Sieg seines 1. FC Köln in Frankfurt gefreut. Nun aber ist der zweifache Torschütze geschockt. Um ihn herum im Mannschaftsbus wird es still.

Schock für Kölns Spieler: "Franz Kremer ist tot"

"Franz Kremer ist tot", informiert der Klub-Sekretär, wie es an diesem 11. November 1967 noch heißt, die Spieler. Die Freude über das 2:1 bei der Eintracht verfliegt - stattdessen fließen Tränen der Trauer.

Franz Kremer war der Präsident des FC, dessen Boss, und so nannten sie ihn dort alle: "Boss". Er war aber auch der Vater des Vereins, den er 1948 mitgegründet hatte. Er erschuf eine Familie, die sich mit dem heutigen "Mia san mia"-Gefühl des FC Bayern München vergleichen lässt.

Kremers 1. FC Köln war ein Vorbild. Er setzte Maßstäbe, an denen sich später sogar die Bayern orientieren sollten. Und Kremer hatte erfolgreich für die Gründung der Bundesliga gekämpft, die sein 1. FC Köln nur kurz, der FC Bayern aber schon sehr bald und auf Dauer beherrschen sollte.

"Kein Boss mehr da, zu dem man gehen kann", presst Abwehrspieler Wolfgang Weber an diesem verhängnisvollen 11. November hervor.

Sonderbare Zufälle

Es ist der 13. Spieltag - eine Unglückszahl -, als Kremer das Spiel gegen die Eintracht im Radio live mitverfolgt. Seine Gesundheit hatte es nicht mehr zugelassen, live vor Ort mitzufiebern.

Den Schlusspfiff erlebt der Boss an diesem Tag aber nicht mal mehr im Radio mit: Nach dem 2:0 (68.) für den 1. FC Köln greift sich Kremer an die Brust: "Mir ist so schlecht. So schlecht war mir noch nie!"

Seine Frau Liselotte alarmiert den Notarzt, der stellt Kremers Tod um 17:45 Uhr fest. Etwas mehr als fünf Jahre zuvor war im Rahmen eines Bundestags des DFB ebenfalls um 17:45 Uhr beschlossen worden, 1963 die Bundesliga einzuführen.

Zudem gilt der 11. November in Köln eigentlich als Feiertag, der Karneval beginnt. Nun trauert Köln an diesem 11.11.

Sonderbare Zufälle. Und es kam noch einer hinzu.

Konrad Adenauer war Kremers Vorbild

Köln hatte im Jahr 1967 schon um einen anderen seiner Größten getrauert. Bundeskanzler Konrad Adenauer war am 19. April verstorben.

Kremer fühlte sich Zeit seines Lebens zum früheren Oberbürgermeister hingezogen und von dessen Führungsstil inspiriert. "Ich bin ein demokratischer
Diktator", umschrieb Kremer seine Herrschaft einst. Nun waren beide im selben Jahr verstorben. Adenauer mit 91 Jahren, Kremer mit 62 Jahren.

Der Sieg für den "Boss"

Das schwere erste Spiel nach Kremers Tod findet gegen den Meidericher SV statt. Den verwaisten Sitzplatz des Bosses schmückt ein rot-weißes Bukett aus Nelken. Nach zehn Spielminuten unterbricht der Schiedsrichter die Partie, denn in allen Stadien der Bundesliga wird Franz Kremers gedacht.

Bis zu diesem Tag war es dem 1. FC Köln noch nie gelungen, die Zebras daheim zu schlagen. Nun gewinnt der 1. FC Köln mit 3:0. "Ich bin besonders froh darüber", lobt Kölns Trainer Willi Multhaup, "dass meine Mannschaft den Schock über den Tod unseres Präsidenten so gut überstanden hat." Es ist aber auch vor allem ein Sieg für den toten Boss.

Zum 10. Todestag kehrt der Erfolg zurück

Als sich Kremers Todestag zum zehnten Mal jährt, benennt der 1. FC Köln ein Stadion nach seinem großen Macher. Zudem wird seiner Witwe Liselotte die Ehrenmitgliedschaft des Vereins verliehen.

Der FC beendet jene Saison 1977/78 so erfolgreich wie keine davor oder danach: mit dem Double aus Meisterschaft und Pokal. Es ist der zweite und bislang letzte Bundesligatitel für die Kölner, der erste seit der Premierensaison 1963/64.

Und der war das Werk Franz Kremers.

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