• Die Deutsche Fußball Liga wird neu aufgestellt, auch der Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden wird neu besetzt. Hans-Joachim Watzke gilt als Kandidat.
  • Der Geschäftsführer von Borussia Dortmund hätte so neben der neuen DFL-Chefin Donata Hopfen mehr Einfluss auf die Entwicklung des deutschen Fußballs.
  • Für einige Aufgaben ist Watzke prädestiniert - dennoch wäre der neue Posten für den 62-Jährigen ein Drahtseilakt.

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Zitate haben im Fußball-Geschäft sehr häufig nur eine geringe Halbwertszeit. Und das betrifft nicht nur Bekenntnisse zu Trainern. "Ein Job beim DFB oder bei der DFL passt absolut überhaupt nicht zu mir." Das sagte Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke im November 2020, als er auf eine mögliche Nachfolge des scheidenden DFL-Chefs Christian Seifert angesprochen wurde. "Ich schließe fast nichts im Fußball aus, aber das ist völlig ausgeschlossen", sagte Watzke.

Streng genommen hat er sich an seine eigene Ansage gehalten, denn Seifert-Nachfolgerin wird ab 1. Januar 2022 Donata Hopfen. Doch rund zehn Monate nach seinem eindeutigen Dementi ist Watzke als neuer Aufsichtsratschef der DFL im Gespräch – und wie die Sport Bild berichtet, soll der 62-Jährige sogar bereit sein für den Job als Nachfolger von Peter Peters. Im August 2022 stehen die Wahlen für den neuen Aufsichtsrat an.

Passend dazu kommt von Axel Hellmann jetzt die Aufforderung, dass Führungskräfte der beiden deutschen Top-Klubs Borussia Dortmund und FC Bayern München Verantwortung in der Deutschen Fußball Liga übernehmen sollen. Nach dem Rückzug des langjährigen Chefs Christian Seifert müssten sich andere Leute mehr einbringen, sagte Vorstandssprecher Hellmann vom Bundesligisten Eintracht Frankfurt auf dem SpoBis in Düsseldorf. Dabei spreche er "vor allem die beiden Top-Klubs an, namentlich Hans-Joachim Watzke und Oliver Kahn".

DFL verliert eine Menge Schwergewichte

Das Problem, so Hellmann in der Sport Bild: "Wir verlieren eine Menge Schwergewichte, die Sprachrohre der Liga sind oder waren: Karl-Heinz Rummenigge hat gerade aufgehört, nächstes Jahr verlieren wir Rudi Völler, der auch ein Aushängeschild ist. Persönlichkeiten von international erfolgreichen Klubs, die auch mal Themen besetzen und an die DFL und Uefa herantragen."

In diese Lücke würde mit Watzke jemand stoßen, der gute Kontakte in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik besitzt. Er gilt als Gesicht der Bundesliga, ist im europäischen Fußball bekannt und anerkannt, er sitzt bereits im Vorstand von Europas Klub-Verband (ECA). Er ist kein Theoretiker, sondern praxisorientierter Macher. Einer mit dem Blick für die Basis, aber auch für das große Ganze. Dabei ist er nicht immer politisch korrekt, gerne auch mal ein Sprücheklopfer. Einer, der sich selbst als Grübler bezeichnet und der oft sagt, was er denkt. Auch wenn er damit aneckt.

Als Unternehmer – er gründete die Watex Schutz-Bekleidungs GmbH, die Arbeitsschutzbekleidung herstellt – wurde er 2001 Schatzmeister beim BVB und ist seit 2005 Geschäftsführer. Unter seiner Führung wehrte der Traditionsklub wenige Monate nach seinem Amtsantritt die drohende Insolvenz ab.

BVB auch dank Watzke eine Top-Adresse

Ein Horrortrip, wie er rückblickend erzählte, der Verein stand vor dem Nichts, vor dem Aus, vor einem Neustart in der Kreisliga C. Nachdem der BVB dem "Vereins-Tod" gerade noch so von der Schippe gesprungen war, verordnete Watzke dem Klub einen strengen Sparkurs – sechs Jahre später waren die Verbindlichkeiten von über 100 Millionen Euro abgebaut und der Klub feierte mit Trainer-Ikone Jürgen Klopp die Meisterschaft.

Watzke ist einer der Baumeister des BVB, einer der Gründe dafür, wie der Verein heute - als eine der Top-Adressen im europäischen Fußball - dasteht. Trotzdem ist er als Klubboss mal wieder gefordert – Corona macht dem BVB finanziell zu schaffen. 72,8 Millionen Euro betrug das Minus im abgelaufenen Geschäftsjahr. "Die Situation ist absolut stabil - nicht nur diese Saison ist durchfinanziert, sondern auch die Zeit deutlich darüber hinaus", so Watzke.

Drahtseilakt DFL

Keine Frage also, dass Watzke das Rüstzeug, das Knowhow und die Kontakte mitbringt, um die Liga inmitten der Coronakrise und angesichts der Herausforderungen im europäischen Vergleich neu und wegweisend aufzustellen, durch die Krise zu manövrieren. Denn das ist ein Drahtseilakt. "Der Weg zurück aus der Krise ist viel weiter, als wir erst mal denken", sagte Hellmann, der ebenfalls als Kandidat für die Peters-Nachfolge gehandelt wird. Er könnte an der Seite Watzkes Teil der DFL-Umstrukturierung werden.

Eine wichtige Aufgabe wird es sein, die eigenen Fans zurückzugewinnen. In der Krise hat der Fußball in seiner "Luxus-Blase" viel Glaubwürdigkeit verspielt, den Kontakt zur Basis verloren. Bei vielen Anhängern ist eine Entfremdung zu beobachten, die Vereine haben Probleme, trotz der aktuellen Beschränkungen die Stadien vollzubekommen.

Aktive Fanszene zurückgewinnen

"Wir kriegen die Stadien nur wieder voll, wenn wir die aktive Fanszene zurückbekommen", meint Hellmann, betont dabei auch: "Wir müssen vom Ross runtersteigen und wieder mehr über die Dörfer tingeln. Nach dem Motto: Mehr Wetterau, weniger Asien." Hier kann Watzke als Gesicht des Malocher-Klubs BVB sicher etwas bewirken, gleichzeitig hat er aber auch oft genug mit Aussagen wie "Irgendwann müssen wir ja auch mal zur Normalität zurückkehren. Wir sollten es auch nicht übertreiben" irritiert. Denn auch in Dortmund beherrscht die wirtschaftliche Rationalität inzwischen überwiegend die Fußball-Romantik. Als Chef eines börsennotierten Bundesligisten reicht "Echte Liebe" als Formel für den Erfolg längst nicht mehr aus.

In diesem Zusammenhang ist auch an den TV-Zahlen die schwierige Situation des deutschen Fußballs zu erkennen, mahnt Hellmann. Gründe seien ein anderes Freizeitverhalten, aber auch "die Schwäche der Nationalmannschaft, die Krise beim DFB, die Tatsache, dass wir seit einer Dekade immer denselben Meister haben und die Markenschwäche der Bundesliga." Ein Grund dafür: die Abstiege vieler Traditionsvereine.

Zahlreiche Baustellen, teilweise wie gemacht für Watzke. Er gilt als großer Verfechter der Stellung der Traditionsvereine und ist als BVB-Mann von Natur aus gegen die Bayern-Dominanz. Klar ist auch: Macht er etwas, macht er es richtig. Trotzdem wird es für ihn darauf ankommen, die Balance hinzubekommen als Macher, Mahner und Malocher. Die Liga kämpft um Glaubwürdigkeit, um die erkaltete Liebe der Fans, will aber zugleich im Milliarden-Geschäft nicht den Anschluss verlieren im Kampf gegen die anderen Top-Ligen. Dafür braucht es einen Plan und fähige Leute, die ihn umsetzen, die das Gespür für den Pulsschlag des Fußballs haben. Wichtig: Watzke hatte im Juli noch klargestellt, dass der BVB ein knallharter Verfechter der 50+1-Regel ist.

Einstieg von Investoren?

Denn bemerkenswert ist: In der Krise schließen offenbar immer mehr Bundesligisten den Einstieg von Investoren nicht mehr aus. "Ich glaube, dass mehr Geld von außen reinkommen wird", sagte Präsident Herbert Hainer vom FC Bayern München beim SpoBis. Auch Hellmann sprach sich dafür aus, den Einstieg von Investoren zu erleichtern. Selbst Watzke dürfte es nicht gelingen, den Traditions-Fans diesen Schachzug vernünftig zu verkaufen.

Dafür schon eher die Gehaltsobergrenze, für die Hainer trommelte. "Es braucht eine Reglementierung bei Spielergehältern, Transfersummen und Beratergehältern", sagte er: "Es wurde schon lange darüber gesprochen, es ist nie passiert. Vielleicht ist die Krise eine Chance, das Thema jetzt anzupacken, damit der Sport überleben kann." Watzke ist einer, der anpackt. Einer, der dafür sorgen kann, dass vor allem die gut gemeinten Zitate zur Zukunft des deutschen Fußballs eine längere Halbwertszeit haben als üblich.

Verwendete Quellen:

  • sky.de: Watzke: Bayern darf es nicht mehr wollen als wir!
  • sz.de: Hellmann fordert Watzke und Kahn zu Verantwortung in DFL auf
  • sz.de: Sorgen: Für den Fußball schmilzt nach Corona "das Eis"
  • sportbuzzer.de: BVB veröffentlicht Bilanz: Watzke über Verluste, Transfers - und die Bedeutung des Impfens

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