Die Entscheidung der DFL-Gesellschafterversammlung, wonach der Ligaverband von Bundesliga und 2. Bundesliga nun Verhandlungen mit einem Investor vorantreiben kann, hat für Aufsehen gesorgt. Nicht zuletzt viele aktive Fans und Vereinsmitglieder waren im Vorfeld gegen einen möglichen Investorendeal.
Hauchdünn endete die Abstimmung in der DFL-Gesellschafterversammlung. 24 Ja-Stimmen standen zehn Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen gegenüber. Damit war die Hürde genommen, denn es war eine Zweidrittelmehrheit für künftige Verhandlungen zwischen der DFL und interessierten Investoren wie Blackstone und Advent International notwendig. Die Verantwortlichen wollen rund eine Milliarde Euro aus solch einem Deal ziehen und versprechen im Gegenzug bis zu acht Prozent der Medien- und Werbeerlöse über einen Zeitraum von 20 Jahren.
Im Vorfeld der Abstimmung, die nach einer ähnlichen im Mai die zweite dieser Art war, wobei vor sieben Monaten keine notwendige Mehrheit zustande kam, haben die Bundes- und Zweitligisten die Angelegenheit unterschiedlich gehandhabt. Beim FC St. Pauli und bei Fortuna Düsseldorf durften die Mitglieder abstimmen, Klubs wie der VfL Osnabrück und 1. FC Union Berlin setzten ebenfalls auf Mitgliederbeteiligung.
"Diejenigen, die ihre Mitglieder mit ins Boot genommen haben, sind durchweg auf Ablehnung gestoßen", sagt Jost Peter, 1. Vorsitzender von "Unsere Kurve", ein bundesweiter Zusammenschluss von Fanorganisationen. Beim SC Freiburg führte die Mitgliederbeteiligung sogar dazu, dass der Sport-Club nach einer Befürwortung im Mai nun gegen den Antrag stimmte.
Investor kümmert sich wenig um Belange deutscher Fans
Andere Vereine verzichteten unterdessen auf eine dezidierte Beteiligung der Mitglieder. "Zum Beispiel der FC Schalke 04, ein Verein, der sonst hohen Wert legt auf seine Mitglieder, hat in diesem Prozess nichts unternommen, um Mitglieder mitzunehmen. Da ging es ums pure Geld und das wurde dann durchgezogen", meint Jost Peter. Aus Sicht von "Unsere Kurve" wird es zunächst zu keinen großartigen Protesten gegen die Entscheidung kommen.
Am Spieltag nach der Abstimmung kam es jedoch in den Stadien zu einem zwölfminütigen Stimmungsboykott und einigen Protestaktionen. Organisiert wurde das Ganze vom Ultra-Bündnis "Fanszenen Deutschland". Die allgemeine Befürchtung ist, dass ein Investmentfonds oder eine Investmentfirma die Belange der Fans vor Ort wenig bis gar nicht kümmert, zumal die DFL den Umsatz vorrangig über eine bessere Auslandsvermarktung steigern möchte.
Vor der Abstimmung wurde in einigen Stadionkurven, oftmals initiiert durch Ultragruppierungen, deutlich Stellung gegen einen Investoreneinstieg bezogen. Die allgemeine Befürchtung ist, dass ein Investmentfonds oder eine Investmentfirma die Belange der Fans vor Ort wenig bis gar nicht kümmert, zumal die DFL den Umsatz vorrangig über eine bessere Auslandsvermarktung steigern möchte.
"Das ist auch ein Punkt, der 'Unsere Kurve' beschäftigt, dass wir eben sagen, wenn ich einen Investor und besonders aus dem Bereich nehme, dass ich natürlich jemanden habe, der sich wenig um die Verfasstheit oder die Wünsche der Bundesliga kümmern wird, sondern dass Ertrag und Profit im Vordergrund steht und dem wird dieser Investor alles unterordnen", sagt Jost Peter.
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Zudem wäre es utopisch, dass ein möglicher Investor, ob aus den Vereinigten Staaten oder einem anderen Teil der Welt, nun mit den Nachhaltigkeitsbestrebungen und anderen Zukunftsvorhaben der DFL unbedingt d'accord geht. "Die haben Geld von überallher. Also es ist nicht so, dass das Geld nur aus ökologischen Projekten kommt, um es mal etwas ironisch zu sagen. Wenn ich einen Finanzdienstleister oder eine Private-Equity-Firma nehme, dann habe ich keinen Einfluss darauf, wer dort wiederum investiert hat und woher dieses Geld kommt", ergänzt Jost Peter.
DFL hat "rote Linien" definiert
Die Abstimmung wurde in relativer Eile vorangetrieben, weil im kommenden Jahr die meisten Medienrechte neu vergeben werden und deshalb nun für die DFL die Möglichkeit besteht, gestärkt durch einen Investor in den Markt zu gehen und die Erlöse zu steigern. Unter anderem soll eine OTT-Plattform (eine Art Streamingplattform) geschaffen werden, die notfalls in Ländern angeboten wird, sollten dortige Übertragungsanstalten nicht das von der DFL angedachte Finanzvolumen für Medienrechtepakete offerieren.
Im Rahmen der Abstimmung machte die DFL-Geschäftsleitung deutlich, dass es sogenannte "rote Linien" geben würde, die beispielsweise die Unantastbarkeit der Anstoßzeiten oder auch die Austragung von Bundesliga-Partien im Ausland betreffen. Doch inwieweit diese Linie auch noch in zehn oder 15 Jahren gelten wird, wenn andere handelnde Personen an der Spitze der Bundesliga stehen und wenn womöglich der Umsatzdruck steigt, bleibt abzuwarten.
Verwendete Quelle
- Interview mit Jost Peter von Unsere Kurve e.V.
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