Auf den ersten Blick endete für den FC Bayern am Mittwochabend mit dem 1:3 gegen den FC Liverpool die Champions League-Saison 2018/2019. Auf den zweiten Blick endet deutlich mehr. Eine große Ära des FC Bayern geht zu Ende. Das ist nun nicht mehr zu leugnen.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Steffen Meyer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Vor acht Jahren schieden die Bayern zum letzten Mal in einem Achtelfinale aus. Seitdem waren die Münchner Dauergast unter den Top 4 Europas. Ein Titel inklusive. Diese Zeiten sind zumindest für den Moment vorbei.

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Aus dem Gerüst der Triple-Elf von 2013 haben Lahm und Schweinsteiger längst den Verein verlassen. Robben und Ribéry werden wohl im Sommer folgen. Andere Stars wie Thomas Müller, Manuel Neuer, Javi Martínez oder Jerome Boateng sind derweil längst nicht mehr unumstrittene Weltklasse wie in den vergangenen Jahren.

Kompromisse für Robben und Ribéry

Natürlich sind in den vergangenen Jahren gute Spieler nachgerückt, doch gerade das Rückspiel gegen Liverpool hat gezeigt wie weit die Qualität des Bayern-Kaders inzwischen von der europäischen Top-Klasse entfernt ist.

Von den besten acht Feldspielern auf dem Platz kamen am Mittwoch sieben vom FC Liverpool. Einzig Thiago zeigte über weite Strecken, das er auf diesem Niveau mithalten kann. Bayern hat derzeit keinen Spieler, der zumindest in einem Atemzug mit Ronaldo, Messi, Salah oder Neymar genannt werden kann. Das war zur Blütezeit von Robben und Ribéry anders.

Die Münchner Transferpolitik war in den vergangenen Jahren darauf ausgerichtet, einen in der Spitze sehr guten Kader gezielt zu ergänzen. Ganz bewusst gingen die Münchner dabei Kompromisse ein und verzichteten auf manche Top-Transfers, um ihre Stars in der Offensive nicht zu verprellen wie Uli Hoeneß unlängst offen zugab. Das reichte lange aus. Jetzt nicht mehr.

Auch Kovac muss sich Fragen gefallen lassen

Und auch über den Trainer muss nach diesem ernüchternden 1:3 gesprochen werden. Es ist Kovac hoch anzurechnen, dass er mit dem Team zumindest in der Liga die Kurve bekommen hat, doch das Rückspiel gegen Klopp zeigte überdeutlich, dass auch hier zur absoluten Spitze in Europa ein gutes Stück fehlt.

Kovac macht taktisch relativ simple Dinge, die einer Mannschaft helfen können. Auch sein Plan gegen den Ball ist ordentlich. Doch immer, wenn die Mannschaft gefordert ist selbst Akzente zu setzen - wie etwa nach dem 0:1 oder nach dem 1:2 - ist zu spüren, wie wenig Rüstzeug derzeit da ist, um einen Gegner auszuhebeln oder zu überwinden.

Welchen Fußball wollen die Bayern in Zukunft spielen

So kommt in dieser Phase beides zusammen: Ein Kader, der individuell hinter anderen Top-Teams in Europa zurückhängt und ein Coach, der taktisch (noch) nicht da ist, wo einige andere Trainer sind.

Was heißt all das nun für die nahe Zukunft? Der Kader braucht neue Akzente. In der Spitze und in der Breite. Einerseits um die Qualität zu erhöhen, andererseits um den Erfahrenen, die in München bleiben, deutlich mehr Druck zu machen. Das wird harte Entscheidungen und auch Unzufriedenheit bei den Etablierten nach sich ziehen, aber das ist notwendig.

Gleichzeitig muss das neue Personal auf den Spielstil der Bayern ausgerichtet sein. Es macht einen Unterschied, ob in Zukunft der variable Fußball von Heynckes, das dominante Spiel von Guardiola oder der abwartende Stil von Kovac die Ausrichtung des Vereins bestimmt. Momentan ist der Kader nicht unbedingt auf den Spielstil von Kovac ausgerichtet. Soll er bleiben, muss sich das ändern.

Das frühe Aus in der Champions League kann sich so mittelfristig sogar positiv auswirken. Der von vielen lang herbeigesehnte Umbruch muss nun endgültig klarer voran getrieben werden. Zu klar, zu deutlich hat Klopps Liverpool den Bayern im Rückspiel ihre Grenzen aufgezeigt. Es wird Zeit, dass nun auch die Bayern-Verantwortlichen die Zeichen der Zeit erkennen und handeln.

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