Der FC Bayern München verliert auch in Rostow, der Gruppensieg in der Champions League ist damit weg. Der Ton wird allmählich rauer, Boss Rummenigge zählt Abwehrchef Boateng an. Aber auch Trainer Carlo Ancelotti gerät langsam in den Fokus.
Dass der TSV 1860 in diesen Tagen rotzfrech die Schlagzeilen-Hoheit in der Stadt München an sich reißt, das kann der FC Bayern so natürlich nicht durchgehen lassen. Also spielen die Bayern einen Fußball, der sie flugs wieder zurückschiebt in die großen Überschriften.
Am Mittwochabend haben die Bayern ein paar deftige Kommentare provoziert, sie haben ihr Champions-League-Spiel bei FK Rostow 2:3 verloren und damit auch Platz eins in der Gruppe D. Es ist nicht unbedingt das Problem, dass sich die Bayern dieser Tage die zweite Niederlage in Folge einhandeln. Es ist das Wie.
Die Partie in Rostow war geradezu ein Abriss der bisherigen Saison, nur dass die schwachen Elemente dieses eine Mal so stark in der Überzahl waren, dass selbst dieser biedere Gegner an diesem Tag für die Bayern nicht zu knacken war.
Die Partie im russischen Winter erinnerte an Partien im deutschen Früh-Herbst, auf Schalke, gegen Ingolstadt oder in Hamburg. Immer wieder gab es ordentliche Passagen, aber ein durchdachtes, strukturiertes Grundkonzept, einen roten Faden, ein System, in das sich die Mannschaft fallen lassen kann, wenn die Einzelspieler nicht den Unterschied machen können, suchte man damals wie heute vergeblich.
Philipp Lahm: "Wir sind zu sorglos"
Gegen Rostow kamen die äußeren Bedingungen dazu, der tiefe Platz, die kalten Temperaturen. Man merkte förmlich, wie den Bayern jeder Pass und jeder Sprint weh taten, wie sie keine Geschwindigkeit in ihr Spiel brachten und es dann immer wieder mit Fernschüssen versuchten. Das darf aber keine Entschuldigung sein dafür, dass die auf fünf Positionen freiwillig umgekrempelte Mannschaft überheblich wirkte.
"Wir sind aktuell ein bisschen sorglos in unserem Passspiel. Wir wissen nicht, dass der Gegner auch Tore machen kann und dass Fehler bestraft werden. Und wir machen einfach zu viele", sagte
Der Kapitän erklärte die Niederlage zwar ruhiger als zuletzt die in Dortmund, aber doch mit Nachdruck. "Ich weiß nicht, woher das kommt, aber das gilt es zu analysieren. Zu sagen, wir hätten eine Krise, ist zu viel. Aber wir müssen schnellstmöglich unsere Fehler abstellen."
Zu viele Ungereimtheiten
Das Gesamtkonstrukt sitzt ein bisschen schief im Moment. Da redet
Da vertraut Trainer
Das alles kommt derzeit hoch und man darf jetzt schon gespannt sein auf die Jahreshauptversammlung am kommenden Freitag, die doch zur glanzvollen Feierstunde von Uli Hoeneß' Rückkehr werden sollte. Und auf der jetzt auch eine sportliche Talfahrt erklärt und moderiert werden muss.
Die Statistik lügt nicht
Zuletzt zwei Niederlagen in einer Champions-League-Gruppenphase gab es in der Saison 2009/10, immerhin schafften es die Bayern in der Spielzeit aber noch bis ins Finale. Allerdings gewannen die Münchner nur eines der letzten sechs Pflichtspiele und blieben in letzten sechs Auswärtsspielen nie ohne Gegentor. Eine solche Serie hatten die Bayern zuletzt vor 13 Jahren.
Überhaupt bleiben die Spiele in fremden Stadien ein großes Problem: Seit dem Finalsieg von Wembley von 2013 setzte es in 17 Auswärtsspielen satte acht Niederlagen, bei fünf Siegen und vier Remis. Das ist zu dünn für eine Mannschaft wie die Bayern.
Die Vergleiche mit Pep Guardiola hinken natürlich immer, aber der war nun einmal die Richtgröße, an der sich Carlo Ancelotti messen lassen muss. Nicht (nur), was die Ergebnisse angeht.
"Wir haben nach dem Tor zu viele Fehler gemacht. Im Moment ist es sehr schwierig für uns. Wir haben nicht gut gespielt, das ist der Grund für unsere Niederlage", sagte der Trainer nach dem Spiel. Aber er wollte von einer zu laxen Einstellung seiner Mannschaft nichts gesehen haben: "Wir haben Rostow nicht unterschätzt."
Rummenigge kritisiert Boateng
Wenigstens sprach Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge die Probleme noch offen an. "Wenn man gegen eine Mannschaft wie Rostow drei Gegentore bekommt, muss man klar sagen, dass etwas nicht gestimmt hat."
Und dann, in Richtung Boateng und dessen Ausflüge ins Showbusiness: "Jerome muss wieder zur Ruhe kommen. Seit dem letzten Sommer ist mir das ein bisschen zu viel. Es wäre in seinem und im Sinne des Klubs, wenn er mal wieder 'back to earth' runterkommt."
Auf dem Boden der Tatsachen sind die Bayern vorerst gelandet mit nun zwischenzeitlich zwei zweiten Plätzen, in der Bundesliga und in der Königsklasse. Die Saison ist noch lang. Aber die Bayern müssen jetzt endlich auch hineinfinden.
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