Der Weltmeister empfängt einen Fußballzwerg, der genauso viele Einwohner hat wie Oer-Erkenschwick. Das EM-Qualifikationsspiel zwischen Deutschland und Gibraltar ist quasi schon vor dem Anpfiff entschieden. Doch sollte man den Fernseher deshalb heute Abend auslassen? Mitnichten! Wir haben vier gute Gründe gesammelt, sich das Match anzuschauen. Und falls Sie die nicht überzeugen, haben wir noch eine attraktive Alternative in petto.

Mehr News zum Thema Fußball

Wir versuchen erst gar nicht, künstlich Spannung zu erzeugen. Auf der einen Seite steht Deutschland. Der amtierende Weltmeister. Die aktuelle Nummer eins in der offiziellen Fifa-Weltrangliste. Eine der größten Fußball-Nationen der Geschichte. Und auf der anderen Seite: Gibraltar. Dessen Nationalmannschaft ist erst seit Mai 2013 vollwertiges Mitglied der Uefa. Im Fifa-Ranking ist die 30.000 Einwohner starke britische Kronkolonie gar nicht erst vertreten. Der Star des Teams: Scott Wiseman. Der 28-Jährige spielt in der dritten englischen Liga für Preston North End. Die meisten seiner Mannschaftskollegen sind Amateure, kicken teilweise in der achten englischen Liga und verdienen ihr Geld als Polizisten, Feuerwehrmänner oder Hafenarbeiter. Der Sieg für Deutschland steht quasi vor Anpfiff fest. Und dennoch gibt es genügend Gründe, sich diese Partie heute Abend (20:45 Uhr, live bei RTL und bei uns im Ticker) anzuschauen.

1. Grund: Der Torrekord könnte fallen

Den Namen Gottfried Fuchs dürften heutzutage nur noch wenige kennen. Dabei gelang dem ehemaligen deutschen Nationalspieler vor mehr als 100 Jahren etwas Historisches: Der gebürtige Karlsruher traf beim höchsten Sieg in der Geschichte der deutschen Nationalmannschaft zehn Mal - ein bis dato ungebrochener deutscher Rekord. Fuchs gelang dieses Kunststück beim höchsten Erfolg in der DFB-Geschichte: dem 16:0-Kantersieg gegen Russland am 1. Juli 1912 während der Olympischen Spiele in Stockholm.

Heute Abend könnte eben diese Bestmarke fallen. "Wir wollen vor allem ein Spiel bieten, das eines Weltmeisters würdig ist, was Einstellung angeht und auch das Ergebnis", versprach Bundestrainer Joachim Löw bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Sehr wahrscheinlich wird Löw auf ein 3-5-2-System umstellen, um einen weiteren offensivstarken Spieler aufs Feld zu schicken. Zudem könnte die taktische Ausrichtung des Gegners Deutschland in die Karten spielen. "Auf keinen Fall werden wir den Bus vorm Tor parken", kündigte Gibraltars Nationaltrainer Allen Bula an.

2. Grund: Deutschland steht unter Druck und in der Pflicht

"Wir sind in dem einen oder anderen Spiel auf dem harten Boden der Realität gelandet", erinnert Löw an die Oktober-Enttäuschungen in den Quali-Spielen gegen Polen (0:2) und Irland (1:1). Mit lediglich vier Punkten aus den ersten drei Partien rangiert der Weltmeister aktuell nur auf dem vierten Rang der Gruppe D - und wäre damit nicht für die Europameisterschaft 2016 in Frankreich qualifiziert. Umso wichtiger wäre es, Gibraltar klar zu schlagen und auch bei der Tordifferenz gegenüber Polen (zehn Treffer schlechter) und Irland (neun Tore schlechter) aufzuholen - auch wenn zum Schluss bei Punktgleichheit zunächst der direkte Vergleich zählt.

3. Grund: Lukas Podolski und Sami Khedira müssen sich zeigen

Zwei Spielern wurden von Löw bereits Einsatzgarantien ausgestellt: Lukas Podolski und Sami Khedira. Poldi soll gegen Gibraltar neues Selbstvertrauen gewinnen. Und gegen die "Kleinen" trifft der Dauer-Reservist des FC Arsenal bekanntermaßen mit großer Vorliebe: Beim 13:0-Kantersieg in San Marino vor acht Jahren, dem höchsten Erfolg in der Ära Löw, erzielte der Linksfuß vier Treffer und war der alles überragende Spieler der Partie.

Löw hat mit dem 29-Jährigen unmittelbar vor dem Abschlusstraining auf dem Platz ein Vier-Augen-Gespräch geführt. "Ich habe mich mit Lukas unterhalten über seine Situation. Er wird sich Gedanken machen müssen, glaube ich. Für Lukas ist zwingend notwendig, dass er irgendwo regelmäßig spielt. Ich bin nach wie vor überzeugt vom Lukas. Aber für ihn ist eine sehr gute Physis und eine hohe Intensität im Spiel wichtig", sagte Löw.

Auch Khedira wird von Anfang an spielen und soll nach seiner Muskelverletzung im Mittelfeld in einer offensiveren Ausrichtung wertvolle Spielpraxis sammeln.

4. Grund: "No-Name" Jonas Hector könnte sich als Lösung für die Problemposition empfehlen

Doch nicht nur die arrivierten, sondern auch die weniger erfahrenen Spieler stehen gegen Gibraltar unter besonderer Beobachtung. Allen voran: Jonas Hector. Für viele völlig überraschend berief Löw den Profi des 1. FC Köln für die Duelle mit Gibraltar und Spanien. "Ich kann es noch gar nicht richtig fassen, dass ich jetzt zum ersten Mal für die Nationalmannschaft nominiert bin", machte Hector direkt nach seiner Berufung aus seiner Verwunderung keinen Hehl.

Hector schaffte erst im vergangenen Jahr den Durchbruch bei den Profis. "Wenn mir vor fünf Jahren einer gesagt hätte, dass ich mal als Stammspieler im Profifußball landen würde, hätte ich ihn für bekloppt erklärt", erzählte der gebürtige Saarländer nach dem Kölner Aufstieg im April. Jetzt hat er gute Chancen, bereits gegen Gibraltar sein DFB-Debüt zu feiern. Der 24-Jährige streitet sich mit Borussia Dortmunds Erik Durm um die deutsche Problemposition des Linksverteidigers.

Doch auch Spieler wie Antonio Rüdiger (VfB Stuttgart) und Sebastian Rudy (1899 Hoffenheim) müssen sich beweisen, um auch in den kommenden Monaten regelmäßig für die DFB-Länderspiele eingeladen zu werden.

Die Alternative:

Falls wir Sie mit diesen Gründen immer noch nicht überzeugt haben, dann verfolgen Sie das Spiel heute Abend einfach bei uns im Liveticker. Das wird definitiv amüsant. Selbst - oder gerade wenn - das Spiel ein echter Grottenkick werden sollte.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.