Die Bayern gehen als großer Favorit ins DFB-Pokal-Viertelfinale, chancenlos ist der FC Schalke 04 deshalb aber nicht. Die Münchener sind verwundbar - wenn man sich denn traut, ihnen weh zu tun. Eine Analyse vor dem Pokal-Topspiel.

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Die schlechte Nachricht aus Schalker Sicht zuerst: Der FC Bayern kommt in der Rückrunde in Fahrt. Und wenn die Münchener erstmal so richtig schön rollen, sind sie durch keine Mannschaft in Deutschland aufzuhalten.

Die gute Nachricht aus Schalker Sicht: Die Bayern bewegen sich noch lange nicht an ihrer Leistungsgrenze und sind deshalb auch bei einem Pokal-Heimspiel an diesem Abend in München verwundbar.

Wer sollte das besser wissen als die Schalker selbst, schließlich hatten die Königsblauen bereits vor vier Wochen in der Liga das Vergnügen und holten ein allemal verdientes 1:1.

Natürlich gehen die Bayern als Favorit in die Partie, aber es gibt durchaus ein paar Punkte, an denen sich Schalke orientieren kann und die eine veritable Angriffsfläche bieten, um auch beim Rekord-Pokalsieger zu bestehen.

Das 5-3-2-System ist eingespielt

Das Schalker 5-3-2 ist längst eingespielt. Die Umstellung von Trainer Markus Weinzierl nach dem völlig missratenen Auftakt mit fünf Niederlagen am Stück hat sich als Glücksgriff erwiesen und der Mannschaft defensive Stabilität verliehen. Auch im Ligaspiel Anfang Februar war gut zu sehen, dass die Bayern damit grundsätzlich Probleme haben - wenn Schalke mutig nach vorne verteidigt.

Durch die Fünferkette bei gegnerischem Ballbesitz ist die komplette Breite des Platzes sauber abgedeckt. Es ergibt sich so die Möglichkeit, die starken Flügel der Bayern mit Philipp Lahm und Arjen Robben rechts sowie David Alaba und Douglas Costa links permanent zu doppeln oder sogar mit drei Spielern zu verteidigen, wenn einer der Mittelfeldspieler mit auf die Seite schiebt.

Nicht nur die letzten Spiele mit Kantersiegen gegen Arsenal und den HSV haben gezeigt, wie stark die Bayern unter Carlo Ancelotti über die Flügel Dampf machen können und dass die individuelle Qualität fast jedes Einzelnen die Spiele entscheiden kann.

Schalke kann in diesem Punkt nicht mithalten und muss Lösungen auf gruppen- und mannschaftstaktischer Ebene finden.

Ein mutiges Angriffspressing hilft

Durch den gewissermaßen zusätzlichen Spieler in der Fünferkette ist ein Herausrücken auf einen dort positionierten Bayern-Spieler nicht zu riskant, weil dahinter immer noch vier Spieler bleiben, um den Raum zu schließen. Dieser Mechanismus funktioniert bei Schalke fast reibungslos und bereitete den Bayern, die beim Spiel durch das Zentrum sehr auf diese Räume angewiesen sind, in der Bundesliga große Probleme.

Auch deshalb mussten die Münchener schon im Spielaufbau immer wieder auf die Außen ausweichen und konnte da wiederum gut von Schalkes schnellem Verschieben blockiert werden.

Unabdinglich für den Erfolg wird eine mutige Herangehensweise sein.

Der HSV verschanzte sich am Wochenende komplett in der eigenen Hälfte, verzichtete auf sein sonst so hartnäckiges Angriffspressing und wurde spätestens nach dem zweiten Gegentor von den Bayern auseinandergespielt.

Schalke hat mit Guido Burgstaller und auch Marco Caligiuri zwei sehr lauffreudige Angreifer, die sofort Druck auf die beiden Innenverteidiger Mats Hummels und Javi Martinez machen können und sich gleichzeitig in ihrem Rücken mit Thiago beschäftigen können. Vor allem Caligiuri dürfte diese Rolle ausfüllen.

Goretzka gegen Thiago

Mit Thiago, der im Ligaspiel noch nicht dabei war, ändert sich das Spiel der Bayern, es wird durch das Zentrum variabler und schneller vorgetragen. Thiago ist aus Schalker Sicht ein Problem, um das sich neben Caligiuri auch Leon Goretzka wird kümmern müssen.

Der Nationalspieler ist derzeit in starker Form und eine zentrale Figur im Spiel mit dem Ball. Durch das frühe Attackieren sind Ballgewinne im Mittelfeld möglich, der Weg zum gegnerischen Tor deshalb nicht zu weit und mit Goretzka, Caligiuri und Alessandro Schöpf hat Schalker perfekte Umschaltspieler in seinen Reihen.

Neben den taktischen Überlegungen wird es für Schalke aber besonders darauf ankommen, dass man unbeschwert in die Partie geht und die übergroße Ehrfurcht vor den Bayern und der Allianz Arena abschüttelt.

"Wir wollen unsere Chance in München nutzen. Angst brauchen wir da nicht zu haben. Und ohne Selbstvertrauen dahin zu fahren, wäre auch Blödsinn. Wir haben sieben Spiele in Folge nicht verloren. Da wird das schon wieder klappen", sagt Burgstaller.

Das Spiel der Saison

Für Schalke ist es fast schon das wichtigste Spiel der Saison: Der Weg ins internationale Geschäft ist in der Bundesliga beinahe schon versperrt, in der Europa League müsste Schalke noch drei K.o.-Runden überstehen - und dann auch das Finale gewinnen.

Am "leichtesten" ginge es mit dem Gewinn des DFB-Pokals nach Europa. Wenn man heute die Bayern schlägt. Im Wettbewerb sind im Halbfinale noch Eintracht Frankfurt - nach dem Sieg gegen Arminia Bielefeld - sowie die Sieger der Partien SF Lotte gegen Borussia Dortmund und HSV gegen Mönchengladbach.

Die Bayern dagegen haben ihre Prioritäten anders verteilt, auch wenn das so offen niemand je zugeben würde. Aber die Meisterschaft und die Champions League genießen einen etwas höheren Stellenwert als der Pokal. Vielleicht spielt diese Konstellation auf beiden Seiten ja am Ende auch ein bisschen mit.

Und falls das alles gar nichts hilft, kann ein Blick in die Vergangenheit nicht schaden. Schalke ist die einzige Mannschaft, die die Bayern in diesem Jahrhundert im eigenen Stadion nach 90 Minuten aus dem Pokal werfen konnte.

Raul köpfte vor sechs Jahren das einzige Tor des Abends und legte den Grundstein für den letzten großen Erfolg der Vereinsgeschichte: Wenige Wochen später holte sich Schalke in Berlin den Pokal.

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