Es wird einem angst und bange, wenn man an das EM-Viertelfinale am Freitag gegen Spanien denkt. Es war unübersehbar beim 4:1 im Achtelfinale gegen Georgien: wie Nico Williams und Lamine Yamal über die Außen Druck aufbauen, wie in der Mitte ständig ein halbes Dutzend Kollegen auf den Ball wartet, wie Spieler ihre Positionen rotieren und die tapferen Georgier ermüdet haben.

Pit Gottschalk
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Pit Gottschalk dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Schauen wir kurz auf die spanische Bilanz nach vier EM-Spielen: vier Siege und 9:1 Tore - kein Gegner erzielte gegen Spanien ein Tor. Der eine Gegentreffer war ein Eigentor.

Mehr News zur Fußball-EM

Ja, die deutsche Bilanz lässt sich sehen: drei Siege und ein Unentschieden, 10:2 Tore. Der Einzug ins EM-Viertelfinale ist der größte Turniererfolg seit acht Jahren. Bundestrainer Julian Nagelsmann hat ein stabiles Mannschaftsgerüst gebaut, das nicht nur dem Donnerwetter in Dortmund trotzte, sondern auch dem dänischen Sturm.

Die Deutschen müssen sich nicht verstecken und haben ansehnlichen Fußball gezeigt, bitte nicht falsch verstehen. Aber stand die Mannschaft immer so unüberwindbar, wie das nackte Resultat andeutet? Denken wir positiv.

Anerkennung für Abwehr der Nationalmannschaft

Im aktuellen Bundesliga-Barometer meinten die 5.104 befragten Fußballfans zum 2:0 im EM-Achtelfinale gegen Dänemark, dass drei der fünf besten deutschen Spieler aus dem Abwehrblock kommen: die Innenverteidiger Antonio Rüdiger und Nico Schlotterbeck auf den Plätzen 1 und 4 sowie Torwart Manuel Neuer auf Platz 2.

Kein Wunder, wenn die Nationalmannschaft zum zweiten Mal nach dem 2:0 in der Vorrunde gegen Ungarn zu null spielt. Eine Defensive ohne Gegentor verdient Anerkennung (Jamal Musiala und Kai Havertz lagen auf den Plätzen 3 und 5).

Das Spiel gegen Spanien wird eine Abwehrschlacht und ist mit den vier bisherigen deutschen EM-Spielen nicht vergleichbar. Vermutlich werden die Spanier schon aus Tradition den meisten Ballbesitz beanspruchen und die Strafraumbegrenzung zertreten. Aber eines hat man gegen Georgien gesehen: Die Vierer-Abwehrkette ist dann anfällig für Konter. Georgien hatte im Sturmlauf nicht die Klasse, um diese eine Schwäche auszunutzen. Deutschland schon. Man fühlt sich erinnert an Schlotterbecks traumhaften Steilpass auf Musiala vorm 2:0. Ja, so kann's gehen!

Deutschland gegen Spanien ist ein vorzeitiges Endspiel

Aber das ist jetzt Rufen im Walde. Ausgeglichener kann keine Länderspiel-Bilanz als zwischen Deutschland und Spanien sein. Aus deutscher Sicht: neun Siege, neun Niederlagen, acht Unentschieden. Die schwärzeste Stunde fand vor fast vier Jahren statt: ein 0:6 in der Nations League.

Seitdem hat Deutschland mental und sportlich aufgerüstet. Das WM-Vorrundenspiel 2022 ging 1:1 aus. Machen wir uns also nichts vor: Das Viertelfinale am Freitag ist ein vorzeitiges Endspiel – mit ungewissem Ausgang. Gegen diese Spanier brauchen wir mehr als gute Verteidiger.

Verwendete Quelle

Über den Autor

  • Pit Gottschalk ist Journalist, Buchautor und ehemaliger Chefredakteur von SPORT1. Seinen kostenlosen Fußball-Newsletter Fever Pit'ch erhalten Sie hier.
  • Fever Pit'ch ist der tägliche Fußball-Newsletter von Pit Gottschalk. Jeden Morgen um 6:10 Uhr bekommen Abonnenten den Kommentar zum Fußballthema des Tages und die Links zu den besten Fußballstorys in den deutschen Medien.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.