Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat die Auftritte bei der Heim-EM genutzt, um ihr Image aufzupolieren und gezeigt, sich vor keinem Gegner fürchten zu müssen. Der Anspruch bleibt nach dem knappen Aus im Viertelfinale hoch. Bundestrainer Julian Nagelsmann muss mit Blick Richtung WM Anpassungen vornehmen.
Die quälende Zuschauerrolle bei den EM-Halbfinalspielen wird neben den deutschen Fans auch den Nationalspielern und
Julian Nagelsmann gibt sich nicht mit Platz zwei zufrieden
Schließlich kommt es im September in der Nations League gleich zum Prestigeduell mit dem ewigen Rivalen Niederlande. Das Topspiel in Gruppe drei markiert am 10. September in Amsterdam zusammen mit dem Heimspiel gegen Ungarn drei Tage zuvor in Düsseldorf den Start auf dem Weg zum nächsten großen Ziel. Das hatte Nagelsmann direkt nach dem Viertelfinal-K.o. gegen Spanien formuliert: "Wir wollen Weltmeister werden!" Salopp sagte er es so: "Ein goldener Pokal ist auch ganz schön."
Nagelsmann hat in den Wochen der Heim-EM den Bundestrainer-Job richtig liebgewonnen. Der 36-Jährige brennt für das Amt, das er beim Antritt im Oktober 2023 noch als isoliertes EM-Projekt betrachtet hatte. "Ich bin sehr glücklich, dass ich verlängert habe", bestätigte er. Das "ganz Fiese am Nationaltrainerjob" sei nur, dass er nun zwei Jahre bis zum nächsten Turnier, der WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko, warten müsse.
Rudi Völler genügt die gute Stimmung nicht
Das ist viel Zeit. Zeit, die Nagelsmann vor der EM kaum hatte. Auf den Zeitfaktor setzt auch DFB-Sportdirektor
"Wir wollen ganz weit nach vorne kommen. Wir wollen bis zum Ende dabei bleiben in den USA. Das ist die Verpflichtung, die Leistung zu bestätigen", sagte Völler: "Da bin ich aber total optimistisch, weil Julian es mit seinem Trainerteam geschafft hat, einen Teamspirit zu schaffen, der uns leider nur bis zum Viertelfinale gebracht hat, aber die Massen begeistert hat."
Der EM-Kader bildet voraussichtlich das Gerüst des WM-Aufgebots
Das neue, starke Gemeinschaftsgefühl im Team will Nagelsmann pflegen. Darum schloss er einen weiteren Radikalumbruch aus. "Wir haben einen großen Grundstock an Spielern, die 26, 27, 28 sind und auf jeden Fall noch die WM spielen können", sagte Nagelsmann. Joshua Kimmich, Jonathan Tah, Kai Havertz, Nico Schlotterbeck, David Raum, Maximilian Mittelstädt, womöglich auch ein richtig fitter Leroy Sané, gehören etwa zur Altersgruppe 25 bis 29.
"Wir haben eine gute Mannschaft zusammengestellt und müssen nur Nuancen verändern", betonte Nagelsmann beim schweren Abschied aus dem Home Ground in Herzogenaurach. Die Ü30-Fraktion muss dafür aber zwingend verkleinert werden. Deutschland hatte den ältesten Kader bei der EM, das müsse sich ändern, sagte Nagelsmann schon im Turnier.
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Die Ü30-Fraktion muss ausgedünnt werden
"Toni kann man nicht eins zu eins ersetzen. Aber Pascal kann das in sehr ähnlichem Stil", sagte Nagelsmann. Dazu kommt aus der älteren Spielergeneration Fanliebling Niclas Füllkrug (31). "Natürlich ist es wichtig, Typen wie ihn zu haben. Das Wichtigste muss aber die fußballerische Qualität sein", äußerte der frühere Teamchef Völler.
Angelo Stiller steht vor seiner ersten Berufung
Neben den sicheren WM-Trümpfen Jamal Musiala und Florian Wirtz (beide 21), hat Nagelsmann weitere Talente im Blick oder sogar schon namentlich benannt. Bayerns Aleksandar Pavlovic (20), der wegen eines Infektes die EM verpasste, und erstmals auch der Stuttgarter Mittelfeldspieler Angelo Stiller (23) werden im September dabei sein.
Der Mainzer Brajan Gruda (20) und der Gladbacher Rocco Reitz (22) durften schon in der EM-Vorbereitung als Trainingsgäste reinschnuppern. Sie sind Perspektivspieler Richtung WM. In diesem Sommer hat noch nicht alles gepasst, um statt der starken Spanier mit England, Frankreich und den Niederlanden in die letzte Turnierwoche zu gehen. "Man hat gesehen, dass wir immer noch Baustellen haben", sagte Nagelsmann. Nach dem Urlaub wird er sie angehen. (dpa/hau)
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