Rudi Völler trat seinen Dienst beim DFB vor anderthalb Jahren von heftigen Zweifeln begleitet an. Nun hat der ehemalige Nationalspieler und Teamchef nicht nur seinen Vertrag als Sportdirektor längst verlängert, sondern ist so etwas wie die gute Seele der Mannschaft.
Seinen neuen Platz beim Deutschen Fußball-Bund hat
Das Trainerteam und der Sportdirektor als Anführer der Kompanie – das ist nicht nur ein schönes Bild, das nach außen zu transportieren sich lohnt. So bleibt während der zum Teil langen und anstrengenden Fahrten auch genug Zeit zum Fachsimpeln unter Experten und wer weiß: Vielleicht wurde im Mannschaftsbus in kleiner Runde auch schon die eine oder andere wichtige Idee geboren.
Gegen die Zweifel
Die Zweifel waren groß, als Rudi Völler zum Februar 2023 seinen Dienst beim DFB antreten sollte. Nach den am Ende düsteren Jahren mit dem öffentlichen Getöse auch um Völlers Vorgänger
Völler war als Spieler eine Ikone der 80er- und 90er-Jahre und als Sportmanager ein Sinnbild ewig titelloser Leverkusener. Aber er war und ist eben auch Rudi Nationale: Eine Identifikationsfigur, der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich Fußball-Deutschland schon seit Jahrzehnten einigen kann. Der nun, in diesen turbulenten Europameisterschaftstagen und seinem dritten Leben beim DFB, eine ganz persönliche Art der Renaissance erlebt.
Mehr als ein Maskottchen
Es soll einige Beobachter gegeben haben, die Völler als eine Art Team-Maskottchen gesehen hatten. Als jemanden, der halt irgendwie auch immer mit dabei ist, ein paar Hände schüttelt und sich um die Organisation kümmert. Der inhaltlich aber wenig beitragen kann. Nun zeigt sich aber, dass Völler deutlich mehr als das sein kann.
Vorgänger Bierhoff ging 2022 in Katar schon schwer angeschlagen in sein zehntes und am Ende auch letztes großes Turnier. Die Vorbehalte und negative Stimmung um seine Person sollte ein sportlicher Befreiungsschlag aus der Welt schaffen. Es endete nicht nur für die Mannschaft, sondern auch für Bierhoff in einem sportlichen Desaster. Rudi Völler hatte mit all dem nichts zu tun und konnte stattdessen völlig unbeschwert und ohne Vorgeschichte seine erste große Mission angehen. Dass es auch über die Heim-EM hinaus noch mindestens eine weitere geben wird mit der Weltmeisterschaft in zwei Jahren in Nord- und Mittelamerika, das steht seit ein paar Wochen auch schon fest.
In beiderseitiger totaler Überzeugung haben Völler und der DFB den Vertrag bis Sommer 2026 verlängert. "In den zurückliegenden 14 Monaten meiner Tätigkeit habe ich festgestellt, dass mir die verantwortungsvolle Aufgabe beim DFB von Tag zu Tag mehr ans Herz gewachsen ist“, sagte Völler Anfang April nach der Unterschrift.
Die durchaus kontrovers diskutiert wurde, schließlich hatte sich der DFB in den Jahren zuvor mit Vertragsverlängerungen vor einem großen Turnier stets in die Nesseln gesetzt und nach den diversen Freistellungen jede Menge Reputation und Geld verbrannt. Bei Völler war das aber offenbar anders. "Was anfangs vielleicht aus einem Gefühl der Verpflichtung gegenüber Deutschland, dem Verband und der Nationalmannschaft begann, hat sich längst auch zu einem persönlichen Anliegen entwickelt“, so Völler weiter.
Rudi Völler: Vorbild und gute Ratschläge
Und so treibt der 64-Jährige nun die Mannschaft voran, ohne dabei aufdringlich oder aktionistisch zu wirken. Wenn er gefragt wird, steht er Rede und Antwort und erscheint auch mal auf einer der zahlreichen Pressekonferenzen der letzten Wochen als Gesprächspartner. Und wenn nicht: Hält er sich dezent im Hintergrund und verbreitet Zuversicht und gute Laune.
Die Spieler schauen zu Völler auf, gerade bei einem eher noch jungen und in diesen Funktionen unerfahrenen Trainerteam ist es vielleicht ganz gut, einen 90-maligen Nationalspieler und Weltmeister noch mit dabei zu haben. Der als Spieler und Teamchef schon genug erlebt hat bei großen Turnieren und alle Unwägbarkeiten kennt, die sich der Mannschaft schon in den Weg gestellt haben oder noch lauern.
Und der pikanterweise auch ganz genau weiß, wie man mit dem kommenden Gegner zu verfahren hat. Mit der spanischen Nationalmannschaft hat Völler jedenfalls ein paar markante Erfahrungen gemacht. Beim letzten deutschen Pflichtspielsieg über die Furja Roja hat Völler beide Tore zum 2:0-Erfolg erzielt. Das war im Sommer 1988, vor sagenhaften 36 Jahren. Sein zweiter Treffer, nach Hackenvorlage von Lothar Matthäus, wurde später sogar zum Tor des Jahres gewählt.
Zwölf Jahre später startete Völler unmittelbar nach der katastrophalen EM 2000 seine Mission als Teamchef - mit einem 4:1-Erfolg über Spanien. Das ist zwar alles verdammt lange her und schon längst überholt nach einigen niederschmetternden Niederlagen gegen die Spanier. Und trotzdem kann es ja aus Spielersicht nicht schaden, nochmals nachzufragen bei einem, der diese Konstellation schon kennt: in einem K.o.-Spiel gegen Spanien bei einer Heim-EM.
Rudi Völler steht bestimmt gerne für ein paar Auskünfte bereit. Und wo er zu finden ist, dürfte jeder der Nationalspieler mittlerweile mitbekommen haben.
Verwendete Quellen
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