Fast 200 Millionen Euro hat Milans chinesischer Investor schon für neue Spieler ausgegeben, Mister Li will die Rossoneri wieder zu einem strahlenden Klub machen. Aber ganz so einfach dürfte die Rückkehr in den Kreis der Besten Europas nicht werden.

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Die Zahl ist so unverschämt groß, dass man sie sich am besten doppelt vor Augen führt.

Für 740 Millionen Euro hat ein chinesischer Investor den AC Milan gekauft. Siebenhundertvierzigmillionen.

Rekord im europäischen Profi-Fußball

Im April wurde der neue Rekord aufgestellt: So viel wurde im Profifußball noch nie für einen europäischen Klub bezahlt.

Die "Rossoneri Sport Investment Lux" kaufte Silvio Berlusconis "Fininvest" die 99,93 Prozent der Anteile ab und das Konsortium unter Führung des chinesischen Geschäftsmanns Yonghong Li hat bisher den markigen Sprüchen auch erste Taten folgen lassen.

"Vom ersten Tag an habe ich Zukäufe für Milan versprochen. Wir werden wieder groß werden, in Italien und in Europa", sagte Li am Rande des International Champions Cups in Guangzhou, bei dem Milan die Bayern gar mit 4:0 vom Platz fegte.

Kein anderer Klub hat bisher mehr Geld auf dem Transfermarkt ausgegeben, nicht mal die Powershopper aus England oder China reichen auch nur annähernd an Milans 190 Millionen Euro heran.

Fast eine komplette Mannschaft hat Li schon zusammengekauft, neun Zugänge über alle Mannschaftsteile haben sich Milan in den letzten Wochen schon angeschlossen.

Darunter auch die beiden ehemaligen Bundesligaspieler Hakan Calhanoglu und Ricardo Rodriguez.

Für Calhanoglu, der im letzten halben Jahr wegen einer FIFA-Sperre keine einzige Spielminute absolvieren durfte, blätterte Milan 22 Millionen Euro hin.

Rodriguez, in Wolfsburg zuletzt eher Querulant als Leistungsträger, kostete 18 Millionen.

Verrückte Transfers in Italien

Die "Königstransfers" legte Milan aber in zwei spektakulären Deals in Italien selbst hin.

Nach einem würdelosen Geschachere verlängerte Torhüter-Überflieger Gianluigi Donnarumma nun doch seinen 2018 auslaufenden Vertrag zu Spitzenkonditionen.

Angeblich soll der 18-Jährige jetzt sechs Millionen Euro pro Jahr verdienen, den Spitznamen "Dollarumma" können die Tifosi also getrost beibehalten.

Noch erstaunlicher als die Posse um Italiens Hoffnungsträger war der Deal mit Leonardo Bonucci.

Nicht im Traum hätte irgendjemand in Italien daran gedacht, dass der beste Innenverteidiger des Landes seine Liebe Juventus im Stich lassen könnte.

Klar, es hat hinter den Kulissen immer wieder gekracht zwischen dem Spieler und Trainer Max Allegri. Aber ein Wechsel zu Milan?

Von der Juve, mit der Bonucci in sieben Jahren sechs Scudetti und drei Pokalsiegen errungen hat und Dauergast war in der Champions League, zu einem Klub, der in diesen Tagen in die Qualifikationsrunde zur Europa League startet? Kaum vorstellbar.

Und doch wechselte Bonucci für 42 Millionen Euro von Turin nach Mailand. Italien spielt verrückt.

Bonucci kassiert ordentlich ab

Bis zu zehn Millionen Euro netto kann Bonucci pro Jahr bei Milan verdienen, das macht ihn zum bestbezahlten Spieler der Serie A.

Auch Portugals Sturm-Verheißung Andre Silva oder Rechtsverteidiger Andrea Conto von Atalanta Bergamo verdoppeln ihre bisherigen Bezüge bei den Rot-Schwarzen.

Für einen Klub, dessen Glanz in den letzten Jahren stark verblasst ist, sind das verrückte Transfers.

Vor sechs Jahren hat Milan zuletzt die Meisterschaft geholt, in der Champions League waren die Mailänder jahrelang außen vor.

Seit vier Jahren gab es nicht mal mehr eine Partie in der Europa League. Und die abgelaufene Saison beendete Milan als Sechster.

Mister Li hat vertraglich zugesichert, pro Jahr 150 Millionen Euro zu investieren. Da lacht der Geldbeutel und die Fans freuen sich auf noch mehr Top-Stars in den kommenden Jahren.

Angeblich sei der Chinese der einzige Investor, die Gerüchte, dass gleich ein ganzes Netz an Geldgebern aus Fernost hinter den großen Plänen und dem vielen Geld stecke, weist Li brüsk von sich.

Mit Phosphat-Minen und Immobilien hat Li ein Vermögen von geschätzten 600 Millionen Euro angehäuft. Das ist eine Menge Geld.

Undurchsichtige Finanzierung beim AC Mailand

Beim astronomischen Kaufwert und den versprochenen Investitionen kommt Milan aber bereits im kommenden Jahr über die Eine-Milliarde-Euro-Grenze - und das ist mehr Geld, als Li alleine beschaffen kann.

Seine Firma soll eine Briefkastenfirma sein, die letzte Tranche im April über 300 Millionen Euro bezahlte der amerikanische Hedgefonds "Elliot Management Group".

Irgendwann wird Li den Amerikanern das vorgestreckte Geld zurückzahlen müssen, ansonsten geht Milan automatisch in Besitz der Elliot Group über.

Ein solide aufgebauter Klub ist Milan trotz der immensen Investitionen der letzten Wochen nicht und auch meilenweit von einem gesunden organischen Wachstum entfernt.

Sollte Trainer Vincenzo Montella es tatsächlich schaffen, aus einem Haufen begnadeter Einzelspieler eine echte Mannschaft zu formen, könnte Milan in naher Zukunft tatsächlich wieder in die Champions League zurückkehren.

Wie nachhaltig und stabil das Konstrukt aber ist, kann derzeit kaum jemand abschätzen. Also wird bis auf Weiteres einfach weiter eingekauft.

Milan bekommt Aubameyang nicht

Ein Mittelfeldspieler und ein Mittelstürmer sollen noch kommen, starkes Interesse gibt es an Bayerns unzufriedenem Renato Sanches.

Andrea Belotti von Torino und Alvaro Morata von Real Madrid stehen als Angreifer hoch im Kurs.

An einem Wunschspieler hat sich aber auch der gönnerhafte Mister Li zuletzt die Zähne ausgebissen.

Pierre-Emerick Aubameyang, der Milan einst für eine lumpige Million Ablöse verließ, wird nicht zu den Rossoneri zurückkehren.

Borussia Dortmund lässt den Gabuner nicht ziehen. Vielleicht hat Aubameyang aber auch keine Lust auf eine ungewisse Zukunft.

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