Bastian Schweinsteiger wird in Chicago empfangen wie der Messias. Aber kann der Weltmeister bei den Fire die hohen Erwartungen auch erfüllen? Es bleiben Fragezeichen.

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Die Szenen kannte man bisher aus der Türkei, Italien oder Griechenland: Ein Fußballspieler auf einem Flughafen, umzingelt von hunderten enthusiastischen Fans. Blitzlichtgewitter, ein Meer aus Fahnen und Schals, kreischende Teenager. Es fehlten im Prinzip nur noch ein paar bengalische Feuer mitten in der Ankunftshalle.

Ganz so ausufernd waren die Begleitumstände am Airport von Chicago am Dienstag zwar nicht. Dass ein Fußballspieler in den USA aber so überschwänglich empfangen wird und von einer Polizeieskorte geschützt durch die Gänge wandeln muss, ist neu.

Bastian Schweinsteiger ist bei Chicago Fire angekommen und es hat sich ein wenig angefühlt wie der erste Auftritt des Messias, ein übergroßes Plakat mit Schweinsteigers Konterfei darauf begrüßte immerhin den "Fußballgott".

Großer Zugewinn für die MLS

Für die Major League Soccer ist der Wechsel des Deutschen ein Zugewinn der ganz besonderen Art. Die MLS wollte vor Jahren einen zweiten, durchdachteren Versuch starten als ernstzunehmende Liga wahrgenommen zu werden.

In den 70er und 80er Jahren lockten die Amerikaner schon einmal reihenweise Stars in die Staaten wie Pelé, Franz Beckenbauer oder Gerd Müller. Das Vorhaben scheiterte spektakulär, die MLS kam über ihr Image als Operettenliga nie hinaus und so schnell die Stars und Sternchen aufgetaucht waren, so schnell waren sie wieder verschwunden.

Der neue Anlauf jetzt soll nachhaltiger sein und hat das große Ziel, dank prominenter Zugpferde aus dem Ausland die heimische Jugend noch mehr zum Soccer zu bewegen und am Ende, wenn alles perfekt läuft, eigene Talente und Spieler zu entwickeln.

Da kann ein amtierender Weltmeister nicht schaden, der die anderen drei, Kaká, David Villa und Andrea Pirlo flankiert. Schweinsteiger hat in Chicago, einer im Fußball eher darbenden Stadt, in der Baseball und Basketball angesagt sind, so etwas wie eine kleine Euphorie entfacht.

Es bleiben Fragezeichen

Der Run auf die Tickets beim ersten Heimspiel mit Schweinsteiger dürfte die ansonsten eher zurückhaltende Nachfrage überrumpeln, die Liga hat sich längst einige durchaus bizarre Promotion-Ideen einfallen lassen. Das Drumherum, man ist es von den Amerikanern ja durchaus gewohnt, passt also schon, bevor Schweinsteiger das erste Mal überhaupt gegen den Ball getreten hat.

In der allgemein heiteren Stimmung geht allerdings ein wenig unter, was verschiedene US-Medien seit einigen Tagen kritisch anzumerken haben. Die Sache ist ja die, dass sich Chicago neben einem großen Namen auch einen 32 Jahre alten Spieler gekauft hat, der seit fast anderthalb Jahren kaum noch Pflichtspiele bestritten hat.

Niemand weiß, wie fit Schweinsteiger in Chicago gelandet ist, ob er noch einmal annähernd an die Leistungen von vor zwei oder drei Jahren wird anknüpfen können. Vielleicht wird das gar nicht nötig sein in einer Liga, die zwar punktuell mit Weltklassespielern besetzt ist, im Gros aber aus Akteuren der Mittelschicht des Weltfußballs.

Unter ehemaligen College-Spielern

Das Niveau ist sowohl individuell als auch taktisch nicht besonders hoch. Es gibt neben den genannten Weltmeistern vielleicht noch ein gutes Dutzend an Hochbegabten, den Italiener Giovinco, den Mexikaner Dos Santos, den Engländer Wright-Phillips. Der Rest setzt sich zusammen aus Talenten, ehemaligen College-Spielern und Akteuren kurz vor der Rente.

Der Salary Cap in den USA verhindert die pure Ansammlung an Stars, das unterscheidet die MLS von der schwerreichen chinesischen Superleague fundamental. Die Chinesen legen ein Heidengeld für jeden noch so mittelprächtigen Spieler auf den Tisch, der dann im Land der Mitte mehrere Millionen Euro pro Jahr verdienen kann.

In den Staaten sind wegen der Gehaltsobergrenze maximal drei Spitzenverdiener pro Team erlaubt, der Rest muss sich mit einem Salär von ein paar hunderttausend Euro im Jahr "begnügen".

Schweinsteiger wird bei den Fire mit großem Abstand zum Topverdiener. Das erzeugt unter Umständen einen Druck, den der Deutsche aus der Bundesliga oder der Premier League gar nicht kennt, wo er stets unter seinesgleichen gespielt und verdient hat.

Das Tempo kommt ihm gelegen

Dass von Schweinsteiger der große Umschwung erwartet wird, versteht sich fast wie von selbst. Chicago Fire hat in den vergangenen Jahren krachend jede Playoff-Teilnahme verpasst, die Teilnahme an der K.-o.-Runde scheint mit Schweinsteiger Pflicht.

Dabei ist noch gar nicht klar, welche Rolle der Routinier im Team übernehmen soll. Im Mittelfeld hatte Fire eigentlich noch die wenigsten Probleme, dort herrscht ein regelrechtes Überangebot an Spielern. Schweinsteiger wird als zentraler Spieler gesetzt sein, das dürfte feststehen.

Eine angenehme Umstellung wird das veränderte Tempo für ihn sein. Der Hochgeschwindigkeitsfußball der Premier League war nicht immer die Sache des reinen Ballverteilers, seinem Spiel dürfte das gemäßigte Tempo in der MLS entgegenkommen.

Vielleicht kann Schweinsteiger in Chicago nochmals ein paar Glanzpunkte setzen. Aber Wunderdinge sollte man nicht erwarten.

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