Freiburg/Frankfurt - Auf den ersten Fußballprofi, der Elternzeit nimmt, wartet die Bundesliga noch. Bei den Frauen ringen Spielerinnen weiter für Rechtssicherheit im Fall von Schwangerschaft und Mutterschutz - auch wenn inzwischen einiges von den Verbänden geregelt ist. Am Sonntag kehrt Theresa Merk, die im vergangenen August ein Mädchen zur Welt brachte, auf die Trainerbank des Bundesligisten SC Freiburg zurück. "Das Thema einer schwangeren Trainerin ist im Profifußball noch etwas Neuland", sagt die 35-Jährige nach einem guten halben Jahr Babypause.
"Es wird immer davon gesprochen, dass man Frauen fördern möchte im Fußball. Trainerinnen, Schiedsrichterinnen, Frauen in Führungspositionen. Insgesamt wird alles professionalisiert", so Merk. "Die Evolution hat es so gemacht, dass die Frauen die Kinder bekommen - von daher braucht es klare Regelungen für schwangere Trainerinnen, auf die sie sich verlassen können. Zumal wir Trainer mit befristeten Verträgen arbeiten."
Wegweisendes Urteil im Fall von Gunnarsdóttir und Lyon
Viele Jahre mussten Mütter im Fußball für ihre Rechte kämpfen. So hat 2023 eine Entscheidung der FIFA für Schlagzeilen gesorgt, wonach Olympique Lyon mehr als 80.000 Euro an seine Spielerin Sara Björk Gunnarsdóttir nachzahlen muss - ein Meilenstein. Der französische Club hatte der isländischen Nationalspielerin nach Bekanntwerden ihrer Schwangerschaft den Lohn teils nicht mehr überwiesen. Zu Unrecht entschied eine Kammer der FIFA.
Seit Juni 2024 sind nun in den FIFA-Regularien zum Schutz von Spielerinnen und Trainerinnen, die ein Kind erwarten oder bekommen haben, viele Dinge festgehalten: Wechselmöglichkeiten außerhalb der Transferperioden, Sicherheit vor Kündigungen, Möglichkeiten zum Stillen, flexible Rückkehr in den Trainingsbetrieb und Mutterschaftsurlaub. Alle Mitgliedsverbände, so der Fußball-Weltverband, sollten diese verbindlichen Bestimmungen übernehmen.
Im deutschen Nationalteam hatten in den vergangenen Jahren Spielerinnen wie
Der Deutsche Fußball-Bund stärkte im vergangenen Dezember die Rechte von Müttern und schwangeren Spielerinnen und schloss sich dem globalen Mindeststandard der FIFA an, der die Arbeitsbedingungen verstärkt schützt.
Soweit die Theorie. In der Praxis gilt weiterhin Torhüterin Almuth Schult, die drei Kinder hat und zuletzt beim US-Club Kansas City Current unter Vertrag stand, als wichtige Ansprechpartnerin für Kolleginnen. Ihre Erfahrung: "Ich habe von Spielerinnen gesagt bekommen: Wenn ich nicht Fußballerin wäre, dann hätte ich schon Kinder. Aber ich weiß ganz genau, dass es meine Karriere kosten kann. Oder sie sagten: Es gibt mir keine Sicherheit, mich mit Kind hier in dem Rahmen zu bewegen, weil ich meine Rechte nicht kenne."
Arbeit am Abend? "Ich kann nicht in der Halbzeit gehen"
Für die 33 Jahre alte Olympiasiegerin von 2016 ist der wichtigste Aspekt, der in den Regularien nicht weit genug erfasst ist, die Wiedereingliederung nach dem Mutterschutz. "Da ist man ja noch nicht spielfähig. Wenn die FIFA verlangt, dass man wieder auf vollen Lohn gestellt wird, dann will der Verein natürlich auch wieder eine volle Leistung sehen", so Schult. Und beim Training während der Schwangerschaft werde nichts zu Inhalten der Übungseinheiten gesagt.
Theresa Merk wiederum haben sich andere Fragen gestellt. Zum Beispiel: Wie ist es mit Arbeit nach 20.00 Uhr, die der Gesetzgeber bei Schwangeren in der Regel untersagt? "Wenn wir um 19.30 Uhr ein Spiel haben, kann ich natürlich nicht in der Halbzeit gehen", sagt sie. "Deshalb: Ja, es macht einen Unterschied im Fußball, weil es bisher nur bedingt mitgedacht wurde."
Schult vermisst zudem eine neutrale Anlaufstelle für Spielerinnen, die darüber nachdenken, ob sie schwanger werden wollen. "Die können sich nirgends anonym informieren. Vereine und Verbände sind dafür nicht aufgestellt." Nur die FIFpro, die Vertretung von Profifußballern, biete etwas Ähnliches an.
Zu wenig Vertrauen in Spielerinnen nach Babypause?
Sich beim eigenen Verein zu erkundigen, wie es mit eigenem Nachwuchs weitergehen würde? "Wenn ein Trainer oder Sportdirektor das herausfindet, könnte es dazu führen, dass mein Vertrag nur um ein Jahr verlängert wird und nicht um drei Jahre. Oder ich werde vielleicht weniger eingesetzt."
Und noch eine Erfahrung, die Schult in ihrem Sport macht: "Man hat immer noch das Gefühl, dass einer Spielerin, die verletzt war, mehr vertraut wird als einer, die aus dem Mutterschutz zurückkommt", so die ARD-Fußballexpertin.
Bei Merk war in Freiburg von vornherein abgesprochen, dass sie nach der Geburt ihres Kindes auf den Chefposten zurückkehrt und ihr Vertreter Nico Schneck wieder Assistenzcoach wird. "Mit dem SC habe ich da einen starken Partner im Rücken. Sie haben gesagt: Okay, das ist eine Situation, die kennen wir so nicht, aber wir wollen sie bestmöglich für alle Beteiligten lösen – und auch für die Frauen, die nachkommen", erklärt sie.
Partner in Elternzeit bei Theresa Merk
Finanzielle Einbußen habe sie nicht gehabt. "Das war wie bei jedem anderen Arbeitgeber auch mit Elterngeld, sobald es in den Mutterschutz geht." Jetzt freut sich Merk darauf, dass sie in der Partie am Sonntag gegen Bayer Leverkusen wieder auf der Bank sitzt.
Wie andere berufstätige Mütter muss sie eben ihren neuen Alltag mit Baby organisieren. "Mein Partner hat das nächste halbe Jahr Elternzeit und ist für die Kleine da. Bisher klappt das sehr gut. Danach ist das klassische Konzept mit Kita und Betreuung geplant." © Deutsche Presse-Agentur
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