• Seit 2017 spielt Pascal Groß für das Premier-League-Team von Brighton & Hove Albion und ist aus der Küstenstadt nicht mehr wegzudenken.
  • Der gebürtige Mannheimer freut sich über Tabellenrang sechs und die Weiterentwicklung des weniger finanzstarken Clubs.
  • Auch ohne Anruf vom Bundestrainer ist der 31-Jährige zufrieden und denkt nicht darüber nach, ob ihn die Menschen in Deutschland vergessen, wie er im Interview erzählt.
Ein Interview

Pascal, Sie spielen nun länger in Brighton als zuvor beim FC Ingolstadt. Fühlen Sie sich mittlerweile mehr als Engländer denn als Deutscher?

Mehr News zum Thema Fußball

Pascal Groß: Nein, ich bin immer noch mehr Deutscher als Engländer. Aber ich fühle mich hier sehr wohl. Der Fußball macht richtig, richtig viel Spaß in der Premier League. Das Leben ist auch schön. Also ich fühle mich wohl mit meiner Familie, aber doch noch mehr als Deutscher.

Hatten Sie denn bei Ihrem Wechsel von Ingolstadt zu Brighton erwartet, dass Sie so lange in England bleiben würden?

Grundsätzlich bin ich einer, der für Konstanz steht. Aber im Fußball, gerade auf dem Niveau, weiß man nie, wie es sich entwickelt. Ins Ausland zu gehen, ist ein Sprung, der einen Tick riskanter ist oder bei dem man mehr Ungewissheit hat, als wäre man in Deutschland geblieben. Ich erhoffe mir, dass der Verein mich nicht loswerden will. Das spricht meistens dafür, dass sie mit mir zufrieden sind.

Pascal Groß: "Ich habe ein gutes taktisches Verständnis"

Aus dem Team ist zu hören, dass viele Sie besonders für Ihre Spielweise mögen. Mal sind sie Rechtsverteidiger, ein paar Tage später im zentralen Mittelfeld, dann auf der Außenbahn. Ist die taktische Flexibilität Ihre große Stärke?

Ja, ich glaube schon. Ich habe ein gutes taktisches Verständnis, ich bin verlässlich. Der Trainer schätzt es, dass er mich auf verschiedenen Positionen einsetzen kann, je nachdem, gegen wen wir spielen, wo vielleicht eine spezielle Aufgabe besteht; er weiß, was er bekommt.

Aber wäre es nicht schöner, auf einer Position über längere Zeit spielen zu dürfen?

Ich bin Mannschaftsspieler, schon immer gewesen, und deswegen ist es für mich auch völlig okay. Wenn wir gewinnen, dann ist es mir egal, wo ich spiele. Natürlich, wenn ich vorne spielen darf, kann ich meine Tore oder mehr Vorlagen machen. Aber ich sehe das wie gesagt als Mannschaftssport und ich probiere einfach, als Teil des Teams zum Erfolg beizutragen.

Und Brighton wird immer erfolgreicher. War es einst zum Zeitpunkt Ihres Wechsels zu erwarten, dass sich der Club so gut in der Premier League schlagen würde?

Der Anfang ist ganz wichtig, damit man sich erst mal etabliert in so einer Liga. Das sieht man auch an den letzten Jahren. Die Aufsteiger haben oft Probleme gehabt, in der Liga zu bleiben. Deswegen waren die ersten Jahre die wichtigsten. Als ich mich über den Verein informiert habe oder hier mit den Leuten und mit dem Besitzer gesprochen habe, habe ich gewusst, wo die Zielführung hingeht.

Es gibt schon Parallelen mit Ingolstadt von damals: ein Standort unweit einer großen Metropole, ein beschauliches Umfeld, eine ambitionierte Vereinsführung.

Ich glaube schon, dass man sehen konnte, dass der Verein, auch was das Trainingszentrum und das Stadion betrifft, sehr modern aufgestellt ist und sich weiterentwickeln wird. Wir haben gute Jungs, ein gutes Scouting. Auch kommen mittlerweile Top-Spieler aus der ganzen Welt hierher. Brighton ist eine sehr interessante Adresse, weil es eine schöne Stadt ist. Die Nähe zu London. Knapp 300.000 Leute leben hier.

Die Liga-Konkurrenz hat in der Regel mehr Geld und es verlassen regelmäßig Spieler den Verein. Zuletzt sogar der Trainer Graham Potter. Herrscht nicht die Sorge, dass irgendwann der Aderlass zu groß wird?

Nein, das nicht. Im Moment stecken wir es ganz gut weg. Wir haben einen relativ guten, erfahrenen Stamm. Den Trainer während der Saison zu verlieren, ist nicht glücklich, aber wir haben einen sehr guten Trainer [Anm.: Roberto De Zerbi] dazugewonnen. Auch da hat der Verein gutes Händchen bewiesen. Und deswegen konnten wir eigentlich nahtlos dort weitermachen, wo wir schon angefangen hatten.

Jetzt probieren wir, stetig besser zu werden und uns weiterzuentwickeln. Personell, aber auch noch viel wichtiger taktisch. Der Hunger ist groß bei den Spielern. Auf dem Trainingsplatz wird immer gut gearbeitet und das ist das A und O, dass man wirklich eine Gruppe hat von 20 Leuten, die am Limit arbeiten. Das zeichnet uns aus.

Aber die Finanzkraft einiger Clubs ist schon brutal …

Es ist verrückt teilweise. Wir haben auch gute Ressourcen, aber natürlich nicht auf dem Level von Chelsea zum Beispiel, wie die in der Transferperiode unterwegs waren. Aber wenn wir gegen sie spielen, dann können wir sie schlagen. Schauen wir mal, wie es im Rückspiel läuft. Wir sollten hinfahren und auf drei Punkte spielen. Mit uns muss unser alter Trainer klarkommen.

Lesen Sie auch: Chelsea investiert Rekordsummen und umgeht die Finanzregularien

Vom FC Ingolstadt nach Brighton

Sie gehören zum angesprochenen Stamm in Brighton und sind nun über fünfeinhalb Jahre hier. Besteht die Gefahr, in der Heimat vergessen zu werden? Der FC Ingolstadt postete kürzlich einen Artikel mit dem Titel: "Was macht eigentlich … Pascal Groß?"

Das gab es schon immer in Ingolstadt, im Stadionheft auf der letzten Seite. Ich bin einer, der vor Spielen das Heft kurz durchblättert in der Kabine. Auf der letzten Seite stand: "Was macht eigentlich …" und dann ein Spieler, der beim Verein mal gespielt hat. Da haben sie mich letztens kontaktiert und deswegen kam das zustande. Aber nein, vergessen bin ich nicht. Und wenn es so ist, dann ist das auch okay. Darüber mache ich mir gar keine Gedanken. Ich probiere, meine Arbeit so gut wie möglich zu machen, habe Riesenspaß dabei und bin zufrieden.

Wirklich in Vergessenheit geraten sind Sie in Deutschland ohnehin nicht. Im vergangenen Jahr fiel häufiger Ihr Name, als es um mögliche Kandidaten für den deutschen WM-Kader ging. Hatten Sie insgeheim auf einen Anruf des Bundestrainers gehofft?

Ich habe immer gesagt und so ist es auch: Es wäre ein absoluter Lebenstraum, Deutschland zu repräsentieren. Da wäre ich unfassbar stolz drauf. Aber ich bin auch so zufrieden und ein glücklicher Mensch. Ich bin sehr mit mir im Reinen.

Bleiben wir dabei: Was braucht es bis zum Saisonende, damit Sie auch dann sehr zufrieden sind?

Das ist eine schwierige Frage. Wir sollten versuchen, jedes Spiel zu gewinnen. Wir haben schon bewiesen, dass wir es können. Man wird nicht jedes Spiel gewinnen, aber wir sollten jedes Spiel so angehen und komplett auf Sieg spielen. Wir haben Top-Spieler in der Mannschaft, Erfahrung, einen guten Trainer. Eine sehr gute Mischung im Moment und deshalb sollten wird jedes einzelne Spiel gefühlt wie ein Pokalendspiel angehen. Abzuwarten ist auch gar nicht unsere Art. Dann können wir einige Spiele gewinnen und mal gucken, was am Ende rausspringt.

Vielen Dank und viel Erfolg in den kommenden Wochen.

Dankeschön.

Interessiert Sie, wie unsere Redaktion arbeitet? In unserer Rubrik "So arbeitet die Redaktion" finden Sie unter anderem Informationen dazu, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte kommen. Unsere Berichterstattung findet in Übereinstimmung mit der Journalism Trust Initiative statt.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.