Manchester City ist in der Ergebniskrise: Vier Spiele in Folge hat die Mannschaft von Pep Guardiola verloren – das gab es unter dem Spanier noch nie. In der Premier League liegen sie hinter Liverpool auf Rang zwei, in der Champions League auf dem zehnten Platz. Rodris Ausfall wiegt schwer, doch die Krise auf sein Fehlen zurückzuführen, wäre zu kurz gedacht, sagt Premier-League-Kenner Joachim Hebel.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Victoria Kunzmann sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

So etwas hat Pep Guardiola in all seinen Jahren als erfolgsverwöhnter Trainer noch nicht erlebt. Vier Spiele, vier Niederlagen. 1:2 im League Cup gegen Tottenham Hotspur, 1:2 gegen Bournemouth in der Premier League, 1:4 gegen Sporting Lissabon in der Champions League. Zuletzt 1:2 gegen Brighton and Hove Albion mit dem deutschen Trainer Fabian Hürzeler in der Liga.

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Guardiola selbst wirkte nach der Pleite gegen Brighton verzweifelt, gar resigniert. "Vielleicht hat es nach sieben Jahren, in denen wir sechs Premier-League-Titel gewonnen haben, in diesem Jahr eine andere Mannschaft verdient", philosophierte der Katalane auf der Pressekonferenz nach dem Spiel gegen Brighton.

War es das also mit der Erfolgsära von Manchester City? Seit 2016 ist Guardiola dort Trainer, hat alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. "Die Häufigkeit der Niederlagen ist aber auffällig", sagt auch Sky- und Dazn-Kommentator Joachim Hebel, der viele Partien von Manchester City kommentiert, im Gespräch mit unserer Redaktion.

Dennoch: Es gibt Hoffnung für die Skyblues – und eine Erklärung für die Krise.

Rodri fehlt – aber das ist noch nicht alles

Einer der Hauptgründe für die Pleitenserie: Seit Ende September fällt Mittelfeldspieler Rodri aufgrund eines Kreuzbandrisses aus. Für Pep Guardiola ist das Fehlen des Ballon-d’Or-Gewinners eklatant, Rodri ist seine Lebensversicherung. "In der Konterabsicherung ist er der beste Spieler der Welt", sagt Joachim Hebel. "Er erkennt Gegenstöße sofort und erobert den Ball zurück. Das fehlt jetzt. Der Gegner kommt öfter an den Strafraum." Und schießt dann auch mehr Tore, während die eigenen Offensivspieler seltener in Torschusssituationen kommen. Beispiel Erling Haaland: In den ersten fünf Premier-League-Spielen traf der Norweger immer mindestens einmal. Seit Ende September nur noch zweimal insgesamt.

Aber: "Zu sagen, nur wegen Rodris Ausfall ist Manchester City in einer Krise, wäre zu einfach", sagt Hebel. Denn neben Schlüsselspieler Rodri fällt noch eine Reihe weiterer (Star-)Spieler aus, die den Ausfall normalerweise kompensieren könnten.

Gegen Brighton konnten zum Beispiel Jack Grealish, Ruben Dias, John Stones und Jeremy Doku nicht spielen – allesamt Stammspieler. Guardiola muss also kreativ werden, kann es aber nicht. "Normalerweise rotiert er immer, damit er frische, fitte Spieler auf dem Platz hat", erklärt Hebel. "Das geht gerade nicht. Wenn fünf Weltklassespieler ausfallen, gibt es keine Rotation mehr." Aktuell muss der 53-Jährige meist dieselben Spieler aufstellen. Einige sind überspielt und müssen sogar angeschlagen auflaufen, zum Beispiel Kevin de Bruyne oder der 19-jährige Rico Lewis.

ManCitys Einbruch im Herbst ist fast normal

Auch wenn die sportliche Lage angespannt ist: Dass Manchester City im Herbst einen Durchhänger hat, überrascht Kommentator Hebel nicht. Das sei schon in den vergangenen Jahren so gewesen. "Manchester City hat in den letzten sechs Jahren in den ersten 13 Spielen im Schnitt 7,2 Punkte liegen lassen", sagt er. In dieser Saison ist man bei fünf Punkten aus den ersten zehn Liga-Spielen. "Insofern ist es eher eine Überraschung, dass sie so gut in die Saison gekommen sind."

Der Einbruch kommt bei den "Skyblues" also häufig zur selben Zeit. "Im Januar sind sie wiedergekommen", sagt Hebel über ManCitys vergangene Saison. "Und wenn es wichtig wird, sind sie auch da." In vergangenen Jahren bewiesen sie mehrfach den längeren Atem als die Konkurrenz. In der Saison 23/24 lag City nach dem 19. Spieltag mit fünf Punkten Rückstand auf Liverpool nur auf dem vierten Platz. Am Ende holten sie den Titel.

In der zweiten Saisonhälfte 2024/25 wären, Stand jetzt, einige angeschlagene Starspieler wieder fit und Guardiola kann mehr rotieren.

Wo bleibt die Konkurrenz? Liverpool euphorisiert – Guardiola hält durch

In der Premier League liegt Manchester City trotz der beiden Niederlagen zuletzt auf Rang zwei, mit fünf Punkten Rückstand auf den Tabellenführer Liverpool mit Arne Slot. Die "Reds" würden es momentan gut hinbekommen, "die Gegentore nicht zu kassieren", sagt Hebel. Doch er glaubt, dass die Mannschaft durch den neuen Trainer eine Euphoriewelle erlebt – und auch bei ihnen noch ein Einbruch kommen wird. Die Leistung sei noch nicht so konstant, wie die Ergebnisse vermuten lassen. An eine Titelchance bei Arsenal (Platz vier) oder Chelsea (Platz drei) glaubt er vor allem aufgrund der Kaderqualität nicht.

Manchester City sei es am ehesten zuzutrauen, dass sie bis zum 38. Liga-Spieltag durchhalten und sich auch in der Champions League zurückkämpfen. Dort müssten sie aktuell mit Platz zehn an einer Playoff-Runde teilnehmen. Guardiolas Ehrgeiz sei groß genug, auch in seiner zehnten Saison beim Verein noch beide großen Titel zu gewinnen.

"Pep Guardiola wird es sich nicht gefallen lassen, dass die Medien so über ihn schreiben. Das ist noch nicht das Ende", prophezeit Hebel. In den vergangenen vier Jahren ist ManCity immer Meister geworden, 2023 noch Champions-League-Sieger. Dass Guardiola tatsächlich der Konkurrenz das Feld überlässt, wie er es in der Pressekonferenz angedeutet hat, davon ist eher nicht auszugehen. Und so passt es auch, dass er seinen Vertrag in Manchester wahrscheinlich nochmal verlängern wird. Wie "The Athletic" berichtet, hat sich der Katalane mit dem Klub auf eine weitere Zusammenarbeit für ein Jahr plus Option auf eine weitere Saison geeinigt. Eine offizielle Bestätigung des Vereins steht noch aus. Guardiolas Vertrag wäre zum Saisonende ausgelaufen.

Zur Person

  • Joachim Hebel, 38, ist Sportkommentator für den Pay-TV-Sender Sky und die Sport-Streaming-Plattform Dazn. Dabei kommentiert er vor allem Premier-League- und Champions-League-Spiele. Außerdem hostet er, zusammen mit seinem Bruder Uli Hebel den Premier-League-Podcast "Klick’n’Rush" von Sky.

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