Der 74. Fifa-Kongress am Freitag, 17. Mai, in Bangkok wirft seine Schatten voraus. An diesem Tag nämlich wird – erstmals in öffentlicher Abstimmung – darüber entschieden, wer die WM 2027 austragen darf: Brasilien oder das Trio aus Belgien, den Niederlanden und Deutschland.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Mara Pfeiffer (FRÜF) dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Ursprünglich hatte es für das Turnier der Frauen vier Anwärter*innen gegeben. Doch zunächst zog im November 2023 der südafrikanische Verband die Bewerbung zurück, mit dem Hinweis, sich stattdessen auf einen Zuschlag für 2031 zu konzentrieren. Ende April zogen Mexiko und die USA nach. Man wolle Lehren aus der WM 2026 der Männer ziehen und sich ebenfalls erst für das Turnier 2031 bewerben. Aber steigen damit die deutschen Chancen?

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Aus vier mach zwei: Steigen die europäischen Chancen?

Nachdem die Fifa einen Evaluationsbericht zu den verbliebenen Bewerbungen veröffentlicht hat, muss man festhalten: Rechnerisch ist das zwar der Fall, inhaltlich aber nicht unbedingt. Denn während Brasilien mit der Bewerbung im Fifa-Scoring 4,0 von 5,0 möglichen Punkten erreicht, bringen es die Unterlagen von Belgien, den Niederlanden und Deutschland auf 3,7.

Natürlich ist der Unterschied einerseits kein allzu massiver, und außerdem gelten diese Scores lediglich als eine Wahlempfehlung, keine Verpflichtung. Allerdings lässt aufhorchen, was den Verband dazu bewogen hat, die europäische Bewerbung schlechter einzustufen.

Fifa sieht "hohes Risiko" bei der BNG-Bewerbung

Die Fifa notiert nämlich bezüglich der BNG-Unterlagen ein "hohes Risiko", da Vereinbarungen und Rahmenverträge darin abgeändert worden seien. In der Risiko-Bewertung für "Legal und Compliance", etwa "Rechtliches und Einhaltung von Richtlinien", trennt die Fifa drei Bereiche:

Bei Compliance sieht der Verband geringe Risiken, bei der Unterstützung des Turniers durch die jeweiligen Landesregierungen hingegen mittlere und für die Verträge gar hohe. Dadurch, so die Befürchtung, könnten höhere Kosten entstehen als bei einem Turnier in Brasilien: Die Bewerbung aus Südamerika wird in allen drei Punkten mit niedrigem Risiko bewertet.

Apropos Südamerika, es wäre die erste WM der Frauen auf dem Kontinent. Ein Faktor, dem ohnehin schon die Kraft zugestanden wird, womöglich das Zünglein an der Waage zu sein. Bei den inhaltlichen "Schlüssel-Beobachtungen" zu beiden Bewerbungen schneidet die des BNG-Trios übrigens positiv ab. Der Report attestiert eine "sehr gute Infrastruktur", "kurze Wege", und die "solide finanzielle Positionierung".

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Kritisch angemerkt wird hingegen die im Vergleich mit Brasilien geringere Stadionkapazität, die in geringeren Ticketeinnahmen resultiert. Auch beim Thema "Fanbereiche" schneidet Brasilien besser ab als die europäischen Unterlagen.

Der Bericht wirkt insofern schon als ein deutlicher Fingerzeig. Denn unterm Strich steht, dass der Verband bei einer WM in Brasilien weniger finanzielle Risiken vermutet – bei gleichzeitig mehr Einnahmen. Spöttisch könnte man da feststellen, dagegen kann selbst ein noch so gutes inhaltliches Konzept keinen Fuß auf den Boden bekommen. Die Antworten wird der Kongress liefern.

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