- In Deutschland wird eifrig über die Sonderrolle des Fußballs in der Corona-Pandemie diskutiert. Während andere Sportarten bangen.
- Der Boss der Handball-Bundesliga stellt jetzt eine klare Forderung, und der Chef von Branchen-Riese THW Kiel will bald vor Fans spielen.
- Ansonsten sehen die Handball-Chefs die kommende Saison in Gefahr.
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Corona-Pandemie: THW Kiel muss in Quarantäne, der FC Bayern nicht
Szenenwechsel: Am 6. Februar vermeldete Handball-Serienmeister THW Kiel ebenfalls einen positiven Corona-Test. Für alle Spieler ging es prompt in Quarantäne, Saisonunterbrechung für 14 Tage. Ist dieser Unterschied in der Corona-Krise noch fair? Wo der Fußball durch seine milliardenschweren TV-Erlöse andere Sportarten ohnehin abhängt?
Unverständnis macht sich breit. Bei aller Wertschätzung gegenüber der Deutschen Fußball Liga (DFL) "erwarte ich bei der Verhängung von Quarantänemaßnahmen eine Gleichbehandlung aller Berufssportler durch die Gesundheitsämter", erklärt Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga (HBL), unserer Redaktion.
Dasselbe wünscht sich der THW Kiel. "Ich konnte nicht sagen, wie groß die Gefahr einer weiteren Ansteckung war. Für mich war zu einhundert Prozent nachvollziehbar, dass wir alle direkt in Quarantäne mussten und das Spiel gegen Leipzig am nächsten Tag abgesagt wurde", erzählt Viktor Szilagy, Boss des Holsteiner Handball-Riesen, zur Zwangspause.
Dass die Corona-Quarantäne offenbar unterschiedlich ausgelegt wird, ist nur ein Aspekt. Die Zuschauer-Frage ist ein anderer. Vier Millionen Euro gehen dem FC Bayern pro Heimspiel ohne Fans verloren. Das erzählte Rummenigge "Sky Sport News". Und doch dreht sich das Geschäft Fußball weiter. Im Handball könnte das schon bald nicht mehr so sein.
Corona-Krise: Handball ohne Zuschauer? "40 Prozent des Gesamtetats"
"Der THW Kiel generiert 40 Prozent seines Gesamtetats durch Zuschauereinnahmen. Das sind etwa fünf Millionen Euro (pro Saison, d.Red.). Wir sind unglaublich auf die Zuschauererlöse angewiesen. Wenn man das mit dem Fußball vergleicht, wäre es gleichbedeutend damit, dass die Fernsehgelder wegfallen", erklärt THW-Geschäftsführer Szilagyi im Gespräch mit unserer Redaktion: "Noch eine Saison ohne Zuschauer in der Bundesliga kann ich mir, Stand heute, nicht vorstellen."
Ein Rückblick: 200 Millionen Euro an Hilfsgeldern versprach die deutsche Politik im November den Profi-Sportarten abseits des Fußballs. Wie HBL-Chef Bohmann erzählt, floss das Geld schnell und zuverlässig. Im Gegensatz zu anderen Branchen. "Die budgetierten Mittel sind noch lange nicht aufgebraucht", erklärt Bohmann: "Der Zusammenhalt war nie größer als in dieser Krisensituation."
Und doch sind die Existenzängste im Profi-Handball nur aufgeschoben. Bohmann und Szilagyi fordern deshalb die Rückkehr der Zuschauer in die Hallen, und zwar noch in dieser Saison, die am 30. Juni endet. "Der Weg, die Gesellschaft einzusperren, hat ausgedient", sagt Bohmann und schlägt vor, dass die Hygienekonzepte des Handballs "von den politischen Entscheidern berücksichtigt werden. Wir sind mehr als bereit".
THW Kiel und Handball-Bundesliga: Trotz Corona-Pandemie bald wieder Zuschauer in den Hallen?
Er sieht die "Chance, dass der Profisport in der laufenden Saison erste Spiele wieder mit einer sehr begrenzten Anzahl von Zuschauern durchführen kann. Zur neuen Saison ab Herbst gehe ich von einer signifikanten Zahl von Zuschauern aus".
Laut Szilagyi liegen die Corona-Hygienekonzepte "in der Schublade. Die Hoffnung ist da, dass man vielleicht sogar noch diese Saison eine Lösung findet", sagt der Österreicher. Der 42-Jährige stand lange selber auf der Platte. Er sorgt sich nicht nur wirtschaftlich um den THW, sondern auch um seine Spieler. Diese hatten nicht nur Gehaltskürzungen akzeptiert.
"Sie sind es gewohnt gewesen, in vollen Arenen zu spielen. Geisterspiele waren früher eine drakonische Strafe für die Klubs", sagt der Kieler Boss: "Das ist nicht das, weshalb wir unseren Job so lieben. Darüber machen sich die Spieler sehr, sehr viele Gedanken." Jetzt bräuchten "auch unsere Fans eine Perspektive".
Handball-Bundesliga nimmt 45 Millionen Euro durch Zuschauer ein
Die Zeit drängt. Laut Bohmann setzt die HBL pro Saison rund 150 Millionen Euro um, wovon etwa 45 Millionen Euro auf das Ticketing und das Catering bei Heimspielen entfallen. Geld, das im nächsten Jahr fehlt? Szilagyi verlangt Klarheit: "Für unsere Planungen wäre es unheimlich wichtig zu wissen, ab welchem Zeitpunkt wir seriös mit Zuschauern rechnen können." Sodass der Handball nicht noch viel mehr verliert. Im Schatten von König Fußball.
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Viktor Szilagyi, Geschäftsführer THW Kiel
- Gespräch mit Frank Bohmann, Geschäftsführer Handball-Bundesliga
- ndr.de: Keine Zuschauer: Proficlubs kritisieren Politik scharf
- ndr.de: THW-Handballer im Corona-Dilemma: Bundesliga beharrt auf Regeln
- Süddeutsche Zeitung: Nicht vergessen: Es geht um Steuergeld
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