Die deutschen Spiele bei der Handball-WM 2025 werden in ARD und ZDF gezeigt. Während sich personelle Änderungen nicht negativ bemerkbar machen, sorgt ein Spruch für unfreiwillige Lacher. Eine Chance wird aber verpasst.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Andreas Reiners dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Einen Witz wollte Johannes Bitter eigentlich gar nicht machen. Die Lacher hatte der Weltmeister von 2007 trotzdem auf seiner Seite. "Die Polen haben tolle Beine. Also wirklich", sagte er in seiner Rolle als Co-Kommentator in der ARD. Klar: Der frühere Weltklasse-Torhüter meinte die Abwehrarbeit des ersten deutschen Gegners. Man kann diese Bewertung aber auch anders interpretieren.

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Die Polen nahmen es mit Humor, Kreisläufer Maciej Gebala drehte ein witziges Instagram-Video, in dem er seine Beine und die der Kollegen in Szene setzte. Mikołaj Czaplinski und Piotr Jedraszczyk haben demnach die schönsten Beine. Nachdem die Social-Media-Plattform das Reel löschte, legte der Pole sogar nochmal nach. Auch die Legenden Stefan Kretzschmar, Pascal Hens und Michael Kraus machten sich in ihrer Dyn-Sendung "Harzblut" über Bitters Aussage lustig.

ARD-Experte Bitter setzt Gefühlsausbrüche wohldosiert ein

Es war eine Steilvorlage aus der Live-Übertragung des deutschen WM-Auftakts im Ersten, die man nach den Interaktionen im dritten Spiel gegen Tschechien nochmal wunderbar hätte aufnehmen und zurückspielen können. Leider wurde diese Möglichkeit verpasst, nachdem sich die Geschichte auch medial schon verbreitet hatte.

Was den Gesamteindruck aber kaum trübt, denn Bitter und Florian Naß können als Kommentatoren überzeugen. Naß ist der gewohnt emotionale Spielbegleiter, während Bitter seine Gefühlsausbrüche wohldosiert einsetzt und seine sonstigen Ausführungen mit seiner norddeutsch-trockenen und pointierten Art unterfüttert.

Starke TV-Quoten bei der Handball-WM

Der Ex-Keeper, der bei der EM 2024 sein Debüt als ARD-Experte feierte, ist immer noch nah dran, er hat seine illustre Karriere erst im Dezember beendet und ist beim HSV Hamburg Sportchef, was man seinen Ausführungen anmerkt. Emotionale Jubelschreie inklusive, ohne das Publikum damit zu verschrecken. Bitter kommt mit seiner Art gut an, man hört dem 42-Jährigen bei seinen Ausführungen gerne zu. Im Gegensatz zu 2024 bringt er sich noch mehr ein, wirkt dabei eine Spur lockerer.

Dabei schafft er es in der Regel problemlos, Zusammenhänge auf der Platte verständlich aufzubereiten. Denn klar ist angesichts der Einschaltquoten, dass nicht nur Fachleute vor den TV-Bildschirmen sitzen. 4,89 Millionen Menschen waren es im Schnitt gegen Polen, 6,23 Millionen gegen die Schweiz und schließlich 6,33 Millionen gegen die Tschechen. Auch der Marktanteil steigerte sich von rund 19 Prozent über 25,2 bis hin zu 28,9 Prozent.

Bewährtes ARD-Team

"Das ist eine schöne Wertschätzung für die Arbeit der Jungs", sagte DHB-Teammanager Benjamin Chatton: "Dass die Menschen sich für den Handball interessieren, hilft uns enorm." Dann ist es besonders wichtig, die Fans mitzunehmen und nicht mit schwer verdaulichen Ausführungen zu verwirren. Genau das ist ein schmaler Grat, weil man sich als Experte im Handball-Sprech schnell verlieren kann. Nicht jeder weiß, was die zweite Welle oder die schnelle Mitte ist. Das gelingt bei den Übertragungen, sowohl in der ARD als auch im ZDF, nicht immer, aber oft.

DHB-Trainer Alfred Gislason im ARD-Interview mit Alexander Bommes
DHB-Trainer Alfred Gislason im ARD-Interview mit Alexander Bommes. © IMAGO/Laci Perenyi

Hinzu kommt, dass der Zuschauer im Ersten weiß, was er bekommt – große Überraschungen bleiben aus. Das gilt auch für Moderator Alexander Bommes und Experte Dominik Klein, die den mit rund 15 Minuten kurzen Vorspann, die noch kürzere Halbzeitpause und den ebenfalls kompakten Nachlauf gut nutzen, sich dabei aber auch nur auf die üblichen Abläufe wie Einstimmung, Zwischenanalyse und das Gespräch mit Bundestrainer Alfred Gislason konzentrieren können.

Die Nähe der beiden zum Handball und den Protagonisten wird dabei glücklicherweise nicht überstrapaziert. Man kann anmerken, dass die Zuschauer durch die knackig-kurze Einführung nicht ausführlich genug abgeholt werden und auch, dass neue Ansätze auf der Strecke bleiben. Die Öffentlich-Rechtlichen unterfüttern ihr TV-Programm aber inzwischen bei großen Turnieren mit zahlreichen Hintergründen und Interviews im Netz.

Personelle Änderungen beim ZDF

Im ZDF gab es zur WM personelle Änderungen. Ex-Weltmeister Markus Baur ist nicht mehr Teil des Teams, außerdem ist Florian Zschiedrich der Moderator und Nachfolger von Yorck Polus. Er machte seine Sache beim einzigen Spiel im Zweiten gegen die Schweiz gut, benötigte quasi keine Anlaufzeit und legte bei den Fragen an Gislason auch den Finger in die Wunde.

Florian Zschiedrich (l.) und Sven-Sören Christophersen
Florian Zschiedrich (l.) und Sven-Sören Christophersen berichten für das ZDF über die Handball-WM. © IMAGO/wolf-sportfoto/Marco Wolf

Das ZDF löste das Vakuum auf der Co-Kommentatoren-Position neben Martin Schneider mit dem Experten Sven-Sören Christophersen, der also bei dieser WM zwei Jobs ausfüllt. Dabei übte sich der Sportchef des Bundesligisten TSV Hannover-Burgdorf an Schneiders Seite streckenweise etwas zu sehr in Zurückhaltung, brachte sich kaum ein. Da es für beide nicht die ersten Einsätze sind, wissen aber auch sie, wie man das Publikum, das nicht jede Woche Handball schaut, mit durch das Spiel nimmt. Am Dienstag gegen Dänemark (20:30 Uhr) ist die ARD wieder im Einsatz.

Es mag unter dem Strich wenig innovativ sein, auf die gleichen Strukturen und Inhalte zu setzen. Doch wenn man wie ARD, ZDF und NDR für die EM 2024 für den Deutschen Fernsehpreis nominiert wurde, ist es sicher nicht falsch, das erprobte Konzept fortzuführen. Denn auch die Quoten geben den Machern Recht.

Verwendete Quellen

Die wichtigsten Handball-Regeln

Du würdest gerne die Handball-WM schauen, verstehst das Spiel aber nicht so richtig? Das sind die wichtigsten Regeln.
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