Der Traum lebt: Olympia 2024 soll in Deutschland, genauer gesagt in Hamburg stattfinden. Der Deutsche Olympische Sportbund schickt die Hansestadt ins Auswahl-Rennen. Doch wie sieht eigentlich das Konzept aus? Wie stehen Hamburgs Chancen? Und wer soll das eigentlich alles bezahlen? Die wichtigsten Fragen, die wichtigsten Antworten.
"Ab heute sind wir alle Hamburger." Das sagt Bundesinnenminister Thomas de Maiziere, nachdem der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sich für die Hansestadt als deutschen Kandidaten der Olympia-Bewerbung 2024 entschieden hat.
Berlin ist damit aus dem Rennen. Auf die Stadt Hamburg wartet aber noch jede Menge Arbeit, um das Leitmotiv "Feuer und Flamme für die Spiele in Hamburg" auch mit Leben zu füllen. Es stehen viele offene Fragen und gewaltige Summen im Raum, die den Traum von Olympia in Deutschland noch gefährden - zumal die Hansestadt definitiv nicht der Topfavorit auf den Zuschlag ist.
Was kosten die Olympischen Spiele in Hamburg?
Die Rede ist von einem Gesamtvolumen über etwa 2,1 Milliarden Euro - als Belastung für den Steuerzahler. In der Regel trägt der Bund die Kosten zu 50 Prozent, den Rest teilen sich Stadt und Bundesland. Nicht mit dabei wären die Kosten für den Ausbau der Infrastruktur. Dazu kommen noch einmal angeblich rund drei Milliarden Euro, die das Internationale Olympische Komitee (IOC) selbst aufwendet. Insgesamt ist mit einem Volumen von etwa sechs Milliarden Euro zu rechnen. "Diese Olympia-Bewerbung ist ein Projekt von ganz Deutschland", sagt DOSB-Präsident Alfons Hörmann. Bisher hat die Bewerber-Initiative rund 50 Millionen Euro gekostet, finanziert aus privaten Spendengeldern der Hamburger Wirtschaft.
Kann der Bürgerentscheid alles auf den Kopf stellen?
Auf jeden Fall. Im Herbst ist die Abstimmung geplant, ein genauer Termin muss noch gefunden werden. Zuletzt hatten sich 64 Prozent der Hamburger dafür ausgesprochen. Diese Zahl wird wegen der Entscheidung des DOSB für die Stadt voraussichtlich noch leicht ansteigen. Allerdings zeigt nicht zuletzt das Beispiel München, dass die endgültige Entscheidung am Wahltag fällt. Im Vorlauf zum Bürgerentscheid über Olympia 2022 in München lagen die Befürworter stets vorne, mussten dann aber eine bittere Niederlage einstecken. Erst wenn Hamburgs Bürger sich mehrheitlich für Olympia entscheiden, kann die Stadt ihre Kandidatur auch offiziell beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) einreichen. "Die schlechteste Variante wäre, dass wir uns auf eine Stadt festlegen und deren Bürger das Projekt dann nicht unterstützen", sagt DOSB-Präsident Alfons Hörmann. Auszuschließen ist dieses Szenario aber nicht.
Was soll alles gebaut werden?
Hamburg setzt voll auf die "Olympic City" als zentralen Punkt der Spiele. Auf der Elbinsel "Kleiner Grasbrook" in Hamburg-Mitte am Hafen soll auf fast 800.000 Quadratmetern das Olympiastadion (75.000 Plätze) erbaut werden, dazu eine Olympiahalle und das Schwimmstadion (jeweils 15.000 Plätze). Das Olympische Dorf soll den rund 18.000 Athleten und Offiziellen in 3.000 Wohneinheiten Platz bieten und die Sportler so zentral und eng beieinander wie möglich unterbringen. Die meisten Wettkampfstätten sollen im Stadtgebiet errichtet oder modernisiert werden, es sind aber auch Partnerschaften mit anderen Standorten in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen für bestimmte Sportarten (Segeln, Reiten) im Gespräch. Dazu kommt der Ausbau der Infrastruktur und des Dienstleistungsgewerbes. Rund 10.000 Hotelbetten könnte Hamburg auch auf Schiffen im Hafen bereitstellen.
Wie nachhaltig ist das Hamburger Konzept?
"Ökologisch, ökonomisch, kompakt und sozial verträglich" will Hamburg antreten und sich auf die Ursprünge der Olympischen Idee berufen. Der grenzenlosen Gigantomanie einiger anderer Veranstaltungen - wie etwa in Sotschi, Peking und Athen - soll Hamburg nicht zum Opfer fallen. "Wir werden neue Maßstäbe setzen im Blick auf Nachhaltigkeit und Bescheidenheit", verspricht Innenminister de Maiziere. Die Bewerber setzen auf kurze Wege und eine bereits vorhandene Infrastruktur. Die "Olympic City" soll danach als eigener Stadtteil und als Freizeit- und Sportzentrum genutzt und die Unterkünfte der Athleten als Mietgrund angeboten werden. Als Beispiel dafür dient München, das sein Olympisches Dorf und den Olympiapark samt Stadion auch über 40 Jahre nach den Spielen nutzt. "Das Projekt kann eine herausragende Referenz für beispielhafte und langfristige Stadtentwicklung werden", sagt DOSB-Präsident Hörmann.
Wie stehen Hamburgs Chancen?
Für die Spiele 2024 nicht besonders gut. Bostons Bewerbung zielt ebenfalls auf die IOC-Agenda 2020 ab, die die Rückbesinnung auf die Werte des Sports über den Kommerz stellt und den Größenwahn zügeln soll. Boston geht als klarer Favorit ins Rennen, an dem auch Rom und Paris sicher teilnehmen werden. Den Franzosen werden im Sommer 2017, wenn die Entscheidung fällt, die besten Außenseiterchancen eingeräumt: 2012 war Paris knapp an London gescheitert und könnte genau 100 Jahre nach den Spielen 1924 wieder der Ausrichter sein. Angeblich sind auch noch Istanbul, Budapest, Doha und Baku im Gespräch.
Ein großes Problem stellt für Hamburg der Wunsch des Deutschen Fußball-Bunds dar, die Europameisterschaft 2024 nach Deutschland zu holen. Der DFB hat beste Chancen für die Zusage - zwei Großereignisse binnen weniger Wochen in einem Land wird die weltweite Sportgemeinde aber kaum zulassen. Also hat Hamburg schon den Plan B in der Schublade: Der DOSB und Hamburg wollen im Falle eines Scheiterns auch vier Jahre später erneut kandidieren.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.