Alexandra Burghardt geht bei den Olympischen Spielen in Paris mit der deutschen Staffel über 4 x 100 Meter an den Start. Im Interview spricht sie über ihre Medaillen-Ziele, den olympischen Geist und darüber, wie neue Schuheinlagen sie fast die Olympia-Teilnahme gekostet hätten.
Frau
Alexandra Burghardt: Oh doch, das ist jetzt schon da. Ich schaue auch schon ganz fleißig. Es ist auf jeden Fall schon ein Kribbeln da. Ich freue mich einfach, dass wir jetzt dann vor Ort sind, weil es nun doch schon recht lange ist. Es ist komisch, daheim zu sein, während es eigentlich schon losgegangen ist. Das haben wir sonst auch nicht so, weil wir da immer irgendwo im Anpassungstrainingslager sind. Es ist zum ersten Mal für mich, dass ich so kurz vor dem Wettkampf noch zu Hause bin.
Es ist für Sie bereits die vierte Teilnahme bei Olympischen Spielen. Können Sie kurz beschreiben, was für eine Stimmung unter den Athletinnen und Athleten rund um Olympia herrscht? Gibt es so etwas wie den olympischen Geist, von dem ja gerne gesprochen wird?
Ich finde schon, dass es den gibt, gerade weil man ein viel größeres Team ist. Ich verfolge sonst auch Sport in Deutschland, aber wenn man sich im olympischen Dorf trifft und auch die gleichen Klamotten anhat, dann ist man schon ein anderes Team als sonst. Das macht es irgendwie aus, dass man über die eigene Sportart hinaus das Teamgefühl hat. Auch generell mit dem olympischen Dorf und den vielen verschiedenen Nationen ist das einmalig.
Kommt es im Dorf auch zum Austausch mit anderen Nationen oder bleibt man eher unter sich und ist ohnehin eher mit Training und so weiter beschäftigt?
Man läuft sich schon über den Weg, der ja in der Regel auch weit ist auf dem Gelände. Ich muss aber auch sagen: Ich hatte ja zweimal auch Corona-Spiele, bei denen man eher versucht hat, sich ein bisschen abzuschotten oder zumindest nicht irgendwo groß Party zu machen. Das passiert natürlich auch jetzt nicht, aber man läuft sich über den Weg. Man kennt viele schon von den Spielen vorher. Ich habe auch schon die eine oder andere Freundschaft geschlossen über die letzten Jahre. Auch wenn man sich vielleicht nur alle vier Jahre sieht oder einmal im Jahr bei den anderen großen Sportereignissen. Es ist sehr schön, dass man da so gemeinsame Wegbegleiter über die Jahre findet.
Neue Schuheinlagen werfen Alexandra Burghardt zurück
Wie steht es aktuell um Ihre Gesundheit? Im vergangenen Jahr hatten Sie Probleme mit dem Rücken. Sind Sie jetzt vollständig fit für Olympia, sodass Sie auch befreit in den Wettkampf gehen können?
Ich bin fit, ja. Der Rücken ist sehr viel besser, eigentlich sogar so gut wie seit Jahren nicht. Ich hätte das ehrlich gesagt letztes Jahr gar nicht gedacht, dass der nochmal so gut wird, nachdem ich im vergangenen Jahr die Saison deswegen vorzeitig beenden musste. Und dann hatte ich einen guten Winter und eine gute Vorbereitung und habe mir nach der Hallensaison nochmal neue Schuheinlagen machen lassen. Die haben dann aber leider eine Entzündung an der Sehne im Fuß verursacht. Die habe ich das ganze Frühjahr und den ersten Teil der Saison schon sehr stark mit mir herumgeschleppt. Aber auch das wird von Woche zu Woche besser. Ich merke das nur noch selten und auch die Form kommt jetzt.
Ich muss echt sagen, dass ich mich seit der Deutschen Meisterschaft [Ende Juni; Anm.d.Red.] in jedem Bereich nochmal verbessert habe und ich merke richtig, dass ich jetzt viel schneller bin als noch bei der Deutschen Meisterschaft und dass ich in der perfekten Form bin. Dieses Jahr haben wir mehr oder weniger ein Luxusproblem, weil wir sechs Frauen haben, die sehr schnell sind. Ich glaube, das gab es noch nie, dass man als sechste Frau 11,26 Sekunden auf die 100 Meter gelaufen ist und dann keinen fixen Startplatz hat. So wird es dieses Jahr werden, dass zwei, die nicht laufen, auch 11,26 Sekunden laufen können. Das ist schon eine sehr gute Voraussetzung für Olympische Spiele in der Staffel.
Zu wievielt sind Sie jetzt dann vor Ort?
Wir sind dann zu sechst dort, weil man auch immer Einzelläuferinnen hat, und die müssen alle erstmal gesund durch den Wettkampf kommen. Deswegen hat man immer zwei Ersatzfrauen dabei. Einen Tag vorher wird dann entschieden, wer dann wirklich läuft, wer also zum Beispiel auch die beste Tagesform hat oder wer sich in den vergangenen Trainings über die letzten Wochen am besten bewiesen hat. Wir haben am Dienstag nochmal ein Staffeltraining und danach wird es dann entschieden.
Machen Sie sich Hoffnungen, dass Sie in der Staffel starten dürfen?
Ja klar, ich habe alles gegeben. Ich bin zum richtigen Zeitpunkt fit geworden und meine Formkurve ist auf jeden Fall noch aufsteigend, was ja auch nicht immer der Fall ist. Viele laufen eher im ersten Teil der Saison eine super Zeit und jagen dann diesen Zeiten hinterher. Da kann ich von mir schon sagen, dass bei mir jede Woche schneller wird. Deswegen glaube ich, habe ich alles gegeben, gerade auch mit der Verletzung zuletzt. Am Ende liegt es aber nicht in meiner Hand, wie entschieden wird. Auf jeden Fall werde ich, egal wie es ausgeht, für das Team alles geben. Ich versuche, es positiv zu sehen. Im Vorfeld von den Spielen hätte ich mir natürlich schon einen Einzelstart erhofft, aber ich habe das Beste aus der Situation herausgeholt mit der Verletzung und bin jetzt doch sehr zufrieden damit, wie es weiterging.
Alexandra Burghardt will die Olympia-Medaille
Haben Sie sich im Team schon ausgetauscht und geeinigt auf ein Ziel für den Staffellauf über die 4 x 100 Meter?
Ja. Wir hatten schon vor drei Jahren das Ziel Olympia-Medaille ins Visier genommen. Man muss aber auch sagen, dass die Konkurrenz dieses Jahr fast noch stärker ist als vor drei Jahren. Aber wir sind ja auch in der Breite stärker, ich hatte es gerade angesprochen mit unseren Einzelzeiten, das ist schon sehr gut. Deswegen ist es auch dieses Jahr das Ziel und da gehört natürlich auch ein bisschen Glück dazu.
Und haben Sie auch ein persönliches Ziel?
So schnell laufen, wie man kann. Es ist auch noch gar nicht klar, auf welcher Position man am Ende zum Einsatz kommt. Da hat jede Position so seine speziellen Zeiten. Bei der zweiten zum Beispiel läuft man eher 120 Meter, bei der ersten hat man den Start noch dabei. Egal wie es kommt, auf jeden Fall maximal schnell laufen und sehr schnelle und sichere Übergaben machen. Aber das haben wir trainiert und da fühle ich mich sehr sicher. Da haben wir auch alle genug Erfahrung und das sollte dann ein gutes Rennen werden.
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Wir wollen jetzt erstmal den Vorlauf [am Donnerstag; Anm.d.Red.] gut überstehen. Das ist auch nicht zu unterschätzen mit dem Heimvorteil der Französinnen. Die sind dieses Jahr richtig stark. Auch die Britinnen sind gut. Es wird also sehr eng. Wenn man dann im Finale ist, kann alles passieren, aber da müssen wir erstmal hin und das ist jetzt mein erstes Ziel.
Am Montag kommen Sie in Paris an. Was steht nun die kommenden Tage noch auf dem Programm?
Am Mittwoch, dem Tag vor den Vorläufen, werde ich nichts mehr machen. Da werde ich mich mal wirklich erholen. Und sonst, klar, Physiotherapie und die ganzen Regenerationsmaßnahmen stehen bei uns jeden Tag an. Da haben wir zum Glück ein sehr gutes Team dabei und hatten auch im Vorfeld schon ein gutes Team. Das hat uns dahingehend unterstützt und gerade bei mir persönlich mit der Verletzungsgeschichte haben wirklich sehr viele Hände mitgeholfen, dass das jetzt noch mit der Qualifikation geklappt hat. Das ist schon Wahnsinn, wie viele Leute da beteiligt sind.
Und wie geht es dann nach den Wettkämpfen weiter? Geht es sofort wieder nach Hause oder bleibt man noch ein bisschen da und schaut sich in der Stadt um?
Wir werden noch ein bisschen bleiben. Wir werden auch an der Schlussfeier teilnehmen und dann erst am Montag heimreisen. Das deutsche Team wollen wir bis dahin so weit unterstützen, wie es geht. Vielleicht werden wir auch nochmal bei einem anderen Sport unterstützen und anfeuern. Ich war mal für die Diamond League in Paris, aber da habe ich nicht viel gesehen. Vielleicht werde ich noch das eine oder andere Touristenziel abhaken. Ein Kaffee und ein Croissant mit der Familie, glaube ich, ist drin.
Dann noch der Blick in die fernere Zukunft: Gibt es bei Ihnen schon Pläne, was die kommenden Olympischen Spiele angeht, gerade wenn es zuletzt hier und da ein bisschen gezwickt hat?
So weit schaue ich noch nicht voraus. Jetzt kommt erstmal Paris und dann sehen wir weiter. Ich habe tatsächlich auch noch gar nicht geplant, ob ich nach Paris noch Wettkämpfe in der Saison mache oder nicht. Ursprünglich wollte ich nicht, wegen meines Fußes, aber da es mir jetzt so gut geht und die Form so gut ist, würde ich eigentlich schon gerne nochmal schauen, wie schnell ich bin. Und man kann sich ja auch dieses Jahr schon wieder für die Weltmeisterschaft nächstes Jahr qualifizieren. Aber das steht jetzt alles noch in den Sternen. Das überlege ich mir alles am kommenden Samstag nach unserem Wettkampf.
Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für die Olympischen Spiele!
Zur Person
- Alexandra Burghardt ist eine deutsche Sprinterin. Die Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen in Paris ist bereits ihre vierte. Ihr größter Erfolg bisher war der Gewinn der Silbermedaille bei den Olympischen Winterspielen in Peking 2022, als sie einmalig als Anschieberin im Zweierbob agierte. In Paris geht die 30-Jährige mit der 4 x 100 m Staffel der Damen an den Start.
Verwendete Quelle
- Telefoninterview mit Alexandra Burghardt
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