• Trotz des Krieges in ihrer Heimat zeigt das ukrainische Team bei den Paralympics eine starke Leistung.
  • Doch die Geschehnisse in der Heimat überschatten die Wettbewerbe dennoch.
  • Die Zukunft der Mannschaft ist unklar, zunächst geht es nach Warschau.

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Die wohl schönste und zugleich traurigste Geschichte der Paralympics befindet sich nach Ende der Spiele auf Rang zwei im Medaillenspiegel.

Denn überraschend befindet sich dort mit der Ukraine jenes Land, das derzeit von einem Angriffskrieg Russlands erschüttert wird. Mit gerade einmal 20 Athletinnen und Athleten trat das Team in Peking an und gewann 29 Medaillen. Zwischenzeitlich führten sie sogar den Medaillenspiegel an. Zum Vergleich: das deutsche Team gewann insgesamt 19 Medaillen.

"Dass sie hier auf so hohem Niveau antreten, obwohl ihre Familie und ihr Land angegriffen werden, ist einfach unglaublich", zeigte sich auch Andrew Parsons, Chef des Internationalen Paralympischen Komitees, auf der Abschlusspressekonferenz beeindruckt. "Das ist eine der unglaublichsten Demonstrationen von Widerstandsfähigkeit, die ich je in meinem Leben gesehen habe, sei es im oder außerhalb des Sports."

Schaffelhuber über ukrainische Leistung: "Beeindruckt mich sehr"

Parsons betonte, dass er für die Sportlerinnen und Sportler nur seine "Bewunderung ausdrücken" könne. Auch die ehemalige deutsche Paralympics-Teilnehmerin Anna Schaffelhuber zeigte sich im Gespräch mit unserer Redaktion beeindruckt: "Mit diesem Krieg im Hintergrund ist es Wahnsinn, wenn man sich an den Start stellen kann und alles andere ausblendet und die Leistung abrufen kann. Das beeindruckt mich sehr."

Bereits die Anreise aus dem Kriegsgebiet war bereits höchst kompliziert. Es sei ein "Wunder", dass alle angekommen seien, berichtete Valeriy Sushkevych, Chef des ukrainischen Paralympischen Komitees. Die Eröffnungsfeier im Pekinger Vogelnest war für die ukrainischen Teilnehmer höchst emotional. So zeigte unter anderem das deutsche Team seine Solidarität, indem die Athleten ihre Mütze abzogen und das Peace-Zeichen in die Luft streckten.

Schließlich war es auch ein Zeichen an die Welt, wie Sushkevych erklärte: "Nicht zu kommen wäre die einfache Option gewesen. Aber unsere Präsenz bei den Paralympics ist auch ein Zeichen, dass die Ukraine ein eigenständiges Land ist und bleibt."

Ukrainisches Team hält Friedensdemo im paralympischen Dorf ab

Aber für die Sportlerinnen und Sportler waren es alles andere als normale Wettkämpfe. "Ich wollte an den Wettkampf denken, aber heute ist es schwierig. Es sterben viele Menschen, es ist eine Katastrophe. Bitte stoppt diesen Krieg", sagte Grygorii Vovchynskyi nach seinem Sieg im Biathlon am ersten Tag der Wettkämpfe.

"Ich habe keine Hoffnungen, ich will nur Frieden für die Ukraine", gab Oksana Shyshkova, eine fünfmalige Medaillengewinnerin bei den Paralympics zu Protokoll. Am Donnerstag hielt die ukrainische Delegation eine Friedensdemonstration mitsamt Schweigeminute im paralympischen Dorf ab.

Der Krieg in der Ukraine, obwohl Tausende Kilometer entfernt, war für das Team immer präsent. Die Biathletin Anastasiia Laletina zog ihren Start von einem Rennen zurück, als sie erfuhr, dass ihr Vater, Teil der ukrainischen Armee, von russischen Soldaten gefangen genommen wurde.

Zukunft offen: Rückflug nach Warschau

Der Großteil des ukrainischen Teams stammt aus der Region rund um Charkiw, die Stadt, die bislang besonders vom Krieg betroffen ist. So ist dort unter anderem die Heimat von Liudmyla Liashenko zerstört worden.

Die Zukunft des ukrainischen Teams ist völlig unklar, dabei lag das Land seit 2004 bei jeder Winter- oder Sommer-Ausgabe der Paralympics unter den ersten sechs Plätzen im Medaillenspiegel. Die Rückreise von Peking führt das Team zunächst nach Warschau. Und dann? Frankreich hat angeboten das komplette Team bei sich aufzunehmen.

DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher sagte: "Es darf aber keine Zwangsbeglückung sein. Die Ukrainer müssen selbst entscheiden. Wir haben hier nie vergessen, was in deren Heimat passiert. Unser Kontakt war sehr eng."

Die Schönheit der Geschichte hat sich nach Ende der Paralympics rasch verflüchtigt, zurück bleibt die Trauer und der Schmerz.

Verwendete Quellen:

  • Interview Anna Schaffelhuber
  • Guardian.com: A ‘miracle’ in Beijing: Ukraine unbowed at Winter Paralympics
  • Spiegel.de: Siege für den Frieden
  • Sport.de: IPC-Präsident lobt "Widerstandsfähigkeit" des ukrainischen Teams
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