Was für eine Woche. Den Anfang macht, jaja, das kann ich Ihnen wortwitztechnisch leider nicht ersparen, der Markus aus Bremen. Gerade erst als Hoffnungsträger aus Darmstadt transferiert, verwandelt der neuerdings als Gallionsfigur der querdenkenden Corona-Schwurbler gefeierte einstige neue Stern am Trainerhimmel aktuell den eher beschaulich unboulevardesk operierenden SV Werder Bremen in den FC Hollywood der zweiten Liga. Was war geschehen? Offensichtlich geht Markus Anfang mit Corona-Impfungen so sorgfältig und genau um, wie TV-"Moderatorin" Nena Schink mit wissenschaftlichen Fakten: eher zweifelhaft.
Es scheint erwiesen, dass die Impfzertifikate in Anfangs Impfausweis gefälscht sind. Ein Ermittlungsverfahren ist eingeleitet. Nun könnte man natürlich sagen: Ja gut, ist uncool, aber ist ja jetzt auch kein Weltuntergang. Andererseits: Sich unsolidarisch zu verhalten und sich nicht impfen zu lassen, ist wirklich schlimm genug. Sich aber dann auch noch den Status "Geimpfter" zu erschleichen, um keine Maßnahmen für Ungeimpfte einhalten zu müssen, aber gleichzeitig sein gesamtes Umfeld massiv zu gefährden - dafür gibt es für die meisten Fußballfans und auch für viele neutrale Beobachter keine Vokabeln mehr, die nicht justiziabel wären. Ich möchte es einfach mal Egoismus in Reinkultur nennen.
Österreich im Lockdown: Wurmkur Royal
Stichwort justiziabel. Es gibt ja immer noch ein Grundrecht auf bodenlose Dummheit. Selbst im pferdefreundlichen Österreich. Dort drücken die Markus Anfangs des Sissi-Staates sich aus Angst vor der Corona-Impfung den berühmten Lipizzanern ihre Wurmkuren weg. In einigen Regionen soll das Mittel bereits ausverkauft sein. Nun deutet vieles darauf hin, dass Pferdewurmkuren beim Menschen etwa genau so viel Sinn gegen Coronaviren ergeben, wie Backsteine gegen Haarausfall, aber die Wurmkur-Hausse ist trotzdem nicht der Höhepunkt des Absurditäten-Kabinetts.
Im Rahmen der Vorbereitung auf die große Impfverweigerer-Demo am Samstag schickte man sich brandheiße Undercover-Informationen zu. So erfuhr man von einem Insider aus dem Innenministerium, es würden sich Hubschrauber in Bewegung setzen, die die Demonstranten von oben mit "flüssigem Pfizer" besprühen und somit quasi zwangsimpfen würden.
Lesen Sie auch: Lockdown in Österreich - Zahlreiche Kontrollen angekündigt
Andere Besitzer von staatlichen Geheiminformationen sprachen davon, man würde aus der Kanalisation heraus heimlich mit Spritzen die friedlich demonstrierenden Menschen gegen Corona immun impfen. Der Supergau für alle Epidemiologie-Bundestrainer. Denn die sind ja im Prinzip alle schon immun. Nur halt nicht gegen Corona, sondern gegen Wissenschaft.
Der Empfehlung, sicherheitshalber hohe Stiefel zu tragen, kamen daher viele Demonstranten nach. Was die Tierschutzorganisation PETA dazu sagt, dass Impfquerdenker Pferden die Wurmkuren wegverköstigen, ist unklar. Ich habe leider vergessen zu fragen. Noch am Sonntag war ich nämlich persönlich bei der offiziellen PETA Tierschutzkonferenz zugegen und konnte einiges über Tierrechte lernen. Die Veranstaltung gibt es übrigens für alle, die den Live-Stream am Sonntag verpasst haben, zum Nachschauen als Gratis-Streaming. Da mal hereinzuschauen, lohnt sich. Und das ist nicht als Gag gemeint.
Fremdscham wird ab jetzt in Kubickimetern gemessen
Für die Gags ist diese Woche nämlich mal jemand anders als ich zuständig:
Kubicki jedenfalls gibt seit einigen Wochen die
Für die Frage, seit wann es einen Paulanergarten in Kiel gibt, bleibt keine Zeit. Märchenonkel Wolfgang, wie er bei den Jungen Liberalen gerne genannt wird, ist in Geberlaune. Ganz nach der Leitlinie der Pulitzerpreis-Combo aus dem Stammelstadl des wohl erfolglosesten Nachrichtensenders der Historie teilt er direkt weiter aus. Selbstverständlich nicht nur gegen den bei den Anti-Propaganda-Assistenten schwer verhassten Lauterbach, sondern zielsicher gegen so ziemlich jeden, der sich im Paternosterbingo der einstmals wirkmächtigsten Boulevardzeitung Deutschlands gerade im freien Fall nach unten befindet.
Der galt lange als Liebling der als Newsredaktion getarnten Zündelfraktion aus der Rudi-Dutschke-Straße. Zuverlässig meldete er sich mit politischen Brandbomben aus München, mit denen sich Titelseiten-Aufmacher quasi von alleine schrieben – etwa zum Thema Flüchtlinge oder Asylpolitik.
Kaum jedoch ist Söder in der Corona-Katastrophe zum Impf-Hardliner geworden, zeigt sich die führungslose Agenda-Boyband mit den vier großen Buchstaben schnappatmig. Vielleicht auch, weil Leadsänger Jay Reichelt die Band jüngst verlassen musste. Er hatte Mitarbeiterinnen gelegentlich mit Groupies und Photoshop mit Scheidungsurkunden verwechselt. Als neues Sprachrohr des Unaussprechlichen fand man zum Glück in einer Sofaecke des Journalistenclubs den Altinternationalen Zotenkönig Kubicki.
Hochprozentig … äh, sorry: Autokorrektur. Jetzt aber: Hochmotiviert kann Kubicki diese Woche sogar zweifach abliefern. Doppelsieg der Debattenkultur. Zunächst teilt FDP-Grandseigneur Kubicki gegen eben jenen Markus Söder aus. Sprachlich zwar nicht unbedingt literaturpreisverdächtig, aber dafür Breaking-News-tauglich nennt er Söder "charakterlos und erbärmlich". Vielleicht wollte er aber auch nur den Titel seiner bald erscheinenden Memoiren enthüllen. Fremdscham wird ab jetzt jedenfalls in Kubickimetern gemessen.
Wolfgang Kubicki hat massives Söderbrennen
Einmal in Fahrt, ist Old Stehkragen nicht mehr zu halten. Nach Söder trifft es Frank Ulrich Montgomery, den Vorstandsvorsitzenden des Weltärzteverbandes. Nachdem "Spacken", "charakterlos" und "erbärmlich" bereits ausgespielt waren, bleibt eigentlich nur noch der Griff zum Massenmörder-Vergleich.
In einem liberalen Geniestreich bezeichnet der Pablo Picasso der Geschmacklosigkeiten Montgomery als "den Saddam Hussein der Ärzteschaft". Hoppla, mag da der eine oder andere denken: Ist das etwa diese sagenumwobene Fackel der Freiheit, von der zuletzt so häufig aus den Elfenbeintürmen der liberalbesoffenen Rechtsrand-Surfer schwadroniert wird? Diese Freiheit, die es um jeden Preis gegen die Merkel-Diktatur und "Woko-Haram" zu verteidigen gilt? Das absolute Recht, andere Menschen mit Massenmördern vergleichen zu dürfen, ohne dafür im linksversifften Cancel-Culture-Wahn direkt um seine Position als Bundestagsvizepräsident fürchten zu müssen?
Egal, ich bin ja hier nicht die Chefreporterin Doppelmoral. Und Kubicki hat, ganz in AfD-Manier (menschenfeindliche Parolen heraushauen und hinterher alles ganz anders gemeint haben wollen), alles (Sie werden lachen) ganz anders gemeint. Er habe (Sie werden noch mal lachen, und dieses Mal aber so richtig) "nicht an den Massenmörder gedacht, sondern nur an dessen Schnurrbart". Natürlich.
Wer kennt sie nicht, den "Moustache Man of the Year 2005" Saddam Hussein und den ihm wie aus dem Gesicht geschnittenen Frank Ulrich Montgomery. Ein schönes Zeitdokument für Kubickis grenzenloses Talent als dubioser Westentaschenanwalt. Auf so eine Begründung muss man erstmal kommen. Das ist ein bisschen so, als würde ich Kubicki den Bill Cosby der Anwaltschaft nennen und anschließend behaupten, ich hätte natürlich nur gemeint, dass beide häufig sehr hübsche Maßanzüge tragen.
Hölle, Hölle, Hölle
Wolfgang Kubicki, der Diego Maradona der Altherrenwitzchen, kann sich damit natürlich ordentlich Fleißkärtchen abholen bei Mathias Döpfner, dem Mann, der sich schneller radikalisiert als sein Schatten. Man kann die nächste WhatsApp an Benjamin von Stuckrad-Barre beinahe selber tippen: "Kubicki ist halt wirklich der letzte und einzige Politiker in Deutschland, der noch mutig gegen den neuen DDR-Obrigkeitsstaat aufbegehrt."
Vor diesem Hintergrund wirkt es nicht mehr sehr überraschend, dass sich einige Parteikollegen bereits besorgt fragen, ob Wolle Kuby (wie man Kubicki unter Wolfgang Petry Fans nennt) womöglich eine Wette laufen hat: Schafft er es, die FDP zu beerdigen, noch bevor Christian Lindner endlich offiziell irgendein Bundesministerium leitet? Vielleicht ja gegen die Turbo-Intellektuellen vom Virologen-Stammtisch in seiner Stammkneipe. Den "Los Spackos".
Da wirkt es fast wie eine Lappalie, dass Kubicki kürzlich auch schon eingeräumt hatte, in der Corona-Zeit bewusst gegen Vorschriften zur Bekämpfung der Pandemie verstoßen zu haben. Etwa gegen die Regel, sich nicht mit mehr als einer Person aus einem anderen Haushalt treffen zu dürfen.
Aber auch da hatte er den als "Kubicki-Schnurrbart" berühmt gewordenen Ausreden-Trumpf dabei: "Kein Mensch hat sich daran gehalten." Eben. Der Bundestagsvizepräsident erst Recht nicht. Vorbildfunktion? Vollkommen überbewertet.
Zum Glück hat die FDP einen heftigen Vogel
So weit, so gut. Voller Spannung dürfen wir also auf die kommende Woche blicken. Auf wen wird Wolfgang Kubicki im russischen Beleidigungs-Roulette als Nächstes zielen? Kandidaten gibt es ja so einige. Lothar Wieler vielleicht. Der wird nicht müde, die von Kubicki konsequent als zu drastisch ins Lächerliche gezogenen Überlegungen für neuen Corona-Maßnahmen als zu lasch zu bezeichnen.
Oder vielleicht den FC Bayern München. Immerhin erwägt der Rekordmeister, ihm die Wochen, die Nationalimpfverweigerer Joshua Kimmich vermeidbar in Quarantäne verbringt, vom Gehalt abzuziehen. Das stößt Freiheitsikone Kubicki mit Sicherheit ganz übel auf. Zu Recht. Wo kommen wir auch hin, wenn jetzt jeder Impfskeptiker, der aufgrund seiner persönlichen Entscheidung zur Solidaritätslosigkeit plötzlich seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, mit Gehaltsentzug bestraft wird? Wir sind doch hier nicht in Nordkorea!
Oder - ganz steile These - ist die unterklassige Provokations-Offensive aus dem Hause Kubicki womöglich nur eine generalstabsmäßig durchgeplante Ablenkungs-Strategie? Die FDP hatte sich zuletzt insgesamt in einer instabilen Verfassung präsentiert. Alles, was neue Lichtblicke wie Johannes Vogel oder Kostantin Kuhle mühsam aufgebaut hatten, wurde von Corona-Experten wie Volker Wissing oder Marco Buschmann wieder eingerissen, die sich offensichtlich zeitgleich um die goldene Ananas der Querdenker-Steigbügelhalter bewerben. So oder so – ich werde das Thema für Sie im Auge behalten. Bis nächste Woche!
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.