"Daniel, wir haben einen 'Christmas-Dancing-Star 2023'", fasst Victoria Swarovski den Freitagabend und damit "Die große Weihnachtsshow" von "Let's Dance" zusammen. Ein reichlich sperriger Titel für einen Titel, aber für Siegerin Anna Ermakova immerhin schon der zweite in diesem Jahr.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Tanzen ist gesund. Mit Tanzen bleibt man in Bewegung, man schüttet Bindungs- und Glückshormone aus, der Cortisolspiegel sinkt. Tanzen stärkt Konzentration und räumliches Verständnis, lässt neue Nervenzellen im Gehirn entstehen, lockert und stärkt die Muskulatur und verbessert die Ausdauer. Tanzen ist ein gesundheitlicher Tausendsassa – hat aber einen Haken. Man muss es selbst machen. Die positiven Effekte setzen nur auf der Tanzfläche ein, nicht auf dem heimischen Sofa vor dem Fernseher.

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2006 hatte RTL die Idee, beides in seinem Programm miteinander zu verbinden, das Tanzen und das Auf-dem-Sofa-sitzen. Das macht die Sofa-Tänzer zwar nicht gesünder, aber immerhin den Spaß am Tanzen haben sie, auch wenn es nur der Spaß am Beim-Tanzen-zugucken ist. RTL ist das sogar lieber, schließlich verdient der Sender nur mit den Zuschauern, nicht mit dem Tanzen – und das sehr erfolgreich.

"Let's Dance": Stimmung aufgezeichnet, Abstimmung live

Nach bislang 16 Staffeln, zwei Weihnachtsshows, fünf "Profi-Challenges", einem Spin-off und einer Kinder-Ausgabe, dürfte es schwer sein, einen Promi zu finden, der noch nicht bei RTL das Tanzbein geschwungen hat. Das ist für diesen Freitagabend aber auch gar nicht nötig gewesen, denn für die "Große Weihnachtsshow" hat RTL einfach den Teich der bisherigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer abgefischt.

Folgende Paare sind im Netz hängengeblieben: Anna Ermakova und Valentin Lusin, Ingolf Lück und Ekaterina Leonova, Rebecca Mir und Massimo Sinató, Moritz Hans und Renata Lusin, Sarah Engels und Vadim Garbuzov sowie Benjamin Piwko und Isabel Edvardsson. Bei Moderation und Jury setzt man ebenfalls auf bekanntes Personal: Daniel Hartwich und Victoria Swarovski führen durch den Abend, in der Jury sitzen Motsi Mabuse, Jorge González und Joachim Llambi.

Bleibt noch das Konzept und auch hier war man nicht versucht, mit Originalität zu hantieren. Die Wertungen der Jury werden in ein Ranking umgerechnet, dasselbe passiert mit den Stimmen der Zuschauer, die am Freitagabend für ihre Lieblingspaare live abstimmen können. Allerdings ein "live" der besonderen Art. Denn die Show selbst wurde bereits aufgezeichnet, abstimmen können die Zuschauer trotzdem "live". Das Paar, das in Kombination beider Rankings dann die meisten Stimmen hat, gewinnt und entscheidet damit, welches aufgezeichnete Ende schlussendlich gezeigt wird. Das erklärt dann auch Swarovskis recht unpersönlich gehaltenen Satz "Daniel, wir haben einen 'Christmas-Dancing-Star 2023'" bei der Bekanntgabe der Sieger.

10.000 Euro für den guten Zweck und ganz viele Weihnachtsmannzipfelmützen

Nun kann man natürlich nörgeln, dass dadurch der Live-Gedanke ein bisschen ad absurdum geführt wird und hätte auch ganz gute Argument, aber: Am Ende ist es doch reichlich wurscht. Auch, wenn sich alle Beteiligten viel Mühe geben, ist "Let's Dance" doch immer noch ein TV-Fantasie-Wettbewerb. Das Gewinnerpaar ist trotzdem noch das Gewinnerpaar und wer sich Sorgen macht, er könne diesmal nichts mit seiner Abstimmung gewinnen, der täuscht sich. RTL verlost 20 Mal 10.000 Euro für jeden, der abstimmt. Der Haken: Angesichts dieser Gesamtsumme von 200.000 Euro, die RTL an die Zuschauer verjuxt, wirken die 10.000 Euro, die am Ende einem guten Zweck zukommen, ein bisschen knausrig.

Knausrig war RTL hingegen nicht bei der Ausstattung. Das Studio ist weihnachtlich geschmückt, mit riesigen Weihnachtsbäumen und mannshohen Nussknackern, den Rest des Budgets scheint man in Weihnachtsmannzipfelmützen und Rentierhaarreifen gesteckt zu haben. Das Ambiente stimmt also, aber die werden ja wohl nicht zu "Jingle Bells" tanzen, nur, weil es eine Weihnachtsshow ist, oder? Doch, machen sie. Zwar nicht zu "Jingle Bells", aber ansonsten hat man fast keinen Weihnachtsklassiker ausgelassen.

Let's Dance
Rebecca Mir und Massimo Sinató tanzen Tango zu "A Christmas Tango (With Santa)". © RTL / Stefan Gregorowius

Rebecca Mir und ihr Mann Massimo Sinató machen den Anfang mit einer Salsa zu "All I Want For Christmas". Ihnen folgen Moritz Hans und Renata Lusin mit einem Charleston zu "Rudolph The Red Nosed Reindeer" und Sarah Engels tanzt mit Vadim Garbuzov einen Contemporary zu "Happy Xmas (War Is Over)". Anna Ermakova und Valentin Lusin versuchen sich an einer Rumba zu "Santa Baby", Ingolf Lück und Ekaterina Leonova an einem Tango zu "Never Do A Tango With An Eskimo" und Benjamin Piwko tanzt mit Isabel Edvardsson einen Contemporary zu "Silent Night".

Sogar Joachim Llambi ist in Weihnachtsstimmung

Reichlich Weihnachtsstimmung also auf der Tanzfläche und das scheint auch auf die Jury durchgeschlagen zu haben. Vielleicht liegt es aber auch an der Wurschtigkeit der Veranstaltung, jedenfalls lassen die Juroren fast kein schlechtes Haar an den Auftritten. Sogar Joachim Llambi scheint an diesem Abend seinen mühsam erarbeiteten Markenkern als grummeliger Nörgler gegen Weihnachtsmilde getauscht zu haben. "Es ist so viel Qualität in deinem Tanzen", urteilt Llambi etwa über Anna Ermakova und Ingolf Lück bekommt ein "Du verkaufst die Nummer so sensationell" zu hören.

Apropos zu hören bekommen: Daniel Hartwich ist wieder für die launigen Momente in der Moderation zuständig, Victoria Swarovski für das Menschelnde – auch wenn es nicht immer einen Sinn ergibt, etwa, als Swarovski zur als Rentier kostümierten Renata Lusin sagt: "Du bist wirklich das hotteste Reindeer, das ich jemals gesehen habe." Aber das ist die Ausnahme, am Ende steht ein Abend, bei dem man bekommt, was man erwartet, und deshalb nicht wirklich meckern kann. Lediglich bei einer Länge von vier Stunden "großer Weihnachtsshow" hätte auch "die kleine Weihnachtsshow" gereicht.

Für Anna Ermakova und Valentin Lusin hat sich das Warten allerdings gelohnt. Von der Jury erhalten die beiden nach ihren beiden Tänzen die bestmögliche Wertung von 30 Punkten pro Tanz, landen damit im Jury-Ranking auf Platz eins. Und weil sie auch genügend Zuschauer-Stimmen bekommen, darf sich Ermakova nach ihrem diesjährigen Titel-Gewinn der regulären "Let's Dance"-Staffel nun auch den Pott der "großen Weihnachtsshow" ins Regal stellen. Die 10.000 Euro gehen an ein Herz für Kinder.

Die Weihnachtsshow von "Let's Dance" ist bei RTL+ im Stream verfügbar.

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