• Bisher sind in Deutschland erst knapp 80.000 Menschen gegen das Coronavirus geimpft worden.
  • Ein deutschlandweiter Vergleich zeigt, dass die Impfkampagne in manchen Bundesländern nur sehr schleppend gestartet ist.
  • So verzögert das Infektionsgeschehen in Sachsen Impfungen, wie aus einer Antwort des dortigen Sozialministeriums an unsere Redaktion hervorgeht.

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Die größte Impfaktion in der Geschichte Deutschlands ist angerollt, wenn auch langsam. In den ersten drei Tagen seit dem offiziellen Start der Corona-Impfkampagne haben in Deutschland annähernd 80.000 Menschen die Immunisierung erhalten, darunter gut 37.000 Bewohner von Pflegeheimen.

"Der Impfstart ist gelungen", sagt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Berlin. Und er fügt hinzu: "Ja, es ruckelt an der ein oder anderen Stelle."

Fakt ist aber: Es ruckelt gewaltig. In einigen Bundesländern hat die Impfkampagne nur sehr schleppend begonnen – obwohl überall die gleichen Ausgangsbedingungen bestanden. Biontech und sein US-Partner Pfizer hatten am Wochenende an alle Bundesländer bis auf Bremen 9.750 Impfdosen geliefert. Beim kleinsten Bundesland umfasste die erste Charge 4.875 Dosen. Bis Mittwoch kamen bundesweit weitere Lieferungen hinzu, insgesamt 1,34 Millionen Dosen, was für knapp 670.000 Menschen reicht (Pro Person sind zwei Impfungen im Abstand von drei Wochen nötig.).

Doch die realen Impf-Zahlen sind bisher weit von den theoretischen Möglichkeiten entfernt – und sie variieren extrem: Während in Mecklenburg-Vorpommern bereits annähernd jeder 200. Einwohner und in Sachsen-Anhalt jeder 300. Einwohner geimpft wurde, ist das in Thüringen und Sachsen nur etwa jeder 3.000, in Niedersachsen sogar nur jeder 5.000 Einwohner.

Warum der Impfstart in Thüringen, Sachsen und Niedersachsen so schleppend begann

Unsere Redaktion hat bei den Gesundheitsministerien in den drei Bundesländern mit der niedrigsten Impfquote nachfragt, warum diese dort im Vergleich zu anderen Bundesländern so niedrig ist.

"Der Impfbeginn ist kein Wettlauf, sondern er muss gründlich und vor allem sicher ablaufen", betonte ein Sprecher des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie.

In dem Bundesland habe man mit einigen Pflegeheimen begonnen. "Wir haben aber inzwischen bemerkt, dass viele Einrichtungen mehr Zeit brauchen, um mit ihren Bewohnerinnen und Bewohnern (bzw. zum Teil mit den Angehörigen) über die Impfungen zu sprechen", erklärte der Ministeriumssprecher weiter.

Er verwies zudem darauf, dass der Impfstart in Thüringen bisher "absolut reibungslos" verlaufen sei. Er rechne damit, dass die ersten Lieferungen "sehr zeitnah vollständig verimpft werden".

In Sachsens Pflegeheim kann nur eingeschränkt geimpft werden

Sachsens Sozialministerium erklärt die bislang niedrige Impfquote damit, dass im Moment durch mobile Teams in Alten- und Pflegeeinrichtungen geimpft wird. Allerdings seien derzeit 43 Prozent der vollstationären Pflege- und Altenheime von Infektionen mit Coronavirus betroffen. Aufgrund der geltenden Quarantäne- und Kontaktregeln "kann dort nicht oder nur teilweise geimpft werden", heißt in der schriftlichen Stellungnahme des Ministeriums auf Anfrage unserer Redaktion. Ziel sei es, dass die mobilen Impfteams bis zum 12. Januar etwa 14.000 Erstimpfungen durchgeführt haben.

Mit der Öffnung der Impfzentren warte Sachsen noch so lange, bis ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht, sagt Gesundheitsministerin Petra Köpping. Geplant sei das für den 11. Januar. Die SPD-Politikerin bittet um Geduld: "Wir sind auf einem guten Weg und arbeiten ohne Unterbrechung daran, dass die Versorgung der Bevölkerung mit dem Impfstoff erfolgt."

Niedersachsen räumt "anfängliche Schwierigkeiten" in einzelnen Landkreisen ein, wie aus einer Pressemitteilung des Gesundheitsministeriums hervorgeht. Zudem lege man anders als einige andere Bundesländer für jede verimpfte Dosis die zweite benötigte Impfdosis zurück, heißt es in der Stellungnahme.

Zudem begründet das Ministerium den schleppenden Anlauf damit, dass insgesamt 50 Impfzentren errichtet werden, so viele wie sonst nur in Nordrhein-Westfalen. "Bei einer so großen Zahl an Impfzentren ist der organisatorische Aufwand höher", schreibt das Ministerium. "Die Impfkampagne ist ein Marathon, kein Sprint", betont auch SPD-Sozialstaatssekretär Heiger Scholz, der den Corona-Krisenstab der niedersächsischen Landesregierung leitet.

Das Ministerium gehe trotz allem davon aus, dass spätestens am übernächsten Freitag die Vorräte "vollständig verimpft" sein werden. Bereits jetzt seien rund 15.000 Impfdosen weniger angekommen als ursprünglich angekündigt waren.

Mehrere Bundesländer befürchten Impfstoff-Engpässe

Auch aufgrund fehlenden Impfstoffs war bereits am Dienstag Berlins größtes Impfzentrum im Stadtteil Treptow nur zwei Tage nach seiner Öffnung wieder geschlossen worden. Und nicht nur in Niedersachsen könnte es zu Engpässen kommen, auch für Berlin, Brandenburg und Bayern wird es nicht wie geplant am 4. Januar, sondern erst in der übernächsten Woche eine neue Lieferung geben.

"Wir haben jetzt vom Bundesgesundheitsministerium die Nachricht bekommen, dass die Lieferung in der ersten Kalenderwoche ersatzlos ausfällt", sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. "Das bringt uns jetzt in sehr große Schwierigkeiten, da wir aufbauend auf diese Zusagen unsere Planungen gemacht haben." Ähnlich sieht das auch der niedersächsische Krisenstabsleiter Scholz.

Israel impft 150.000 Bürger – an einem Tag

Dass in Deutschland die Impfkampagne eher gemächlich gestartet ist, zeigt auch ein Blick ins Ausland, wo sowohl absolut als auch im Verhältnis zur Einwohnerzahl mehr geimpft wird.

Während in Deutschland bisher etwa einer von 1.111 Bundesbürgern geimpft wurde, sind die Zahlen in einigen anderen europäischen Ländern laut Daten von "Our World In Data" höher. Und dass, obwohl dort die Impfkampagne auch erst am Sonntag begann: So wurden in Portugal bis Dienstag einer von 625 Einwohnern geimpft (insgesamt 16.701 Impfdosen) und in Dänemark bis Montag einer von 833 Einwohnern (6.775 Impfdosen).

Weltweit an der Spitze liegt Israel: Das Land im Nahen Osten hat allein am Dienstag über 150.000 Mal das Vakzin von Biontech und Pfizer verabreicht, wie die "Times of Israel" berichtet. Damit ist aktuell etwa einer von 13 Israelis geimpft. Allerdings läuft in Israel bereits seit dem 19. Dezember eine massive Impfkampagne – und damit rund eine Woche länger als in Deutschland.

Verwendete Quellen:

  • Schriftliche Stellungnahmen der Gesundheitsministerien Thüringens, Sachsens und Niedersachsens
  • Meldungen der Deutschen Presse-Agentur
  • Robert-Koch-Institut: "Digitales Impfquotenmonitoring zur COVID-19-Impfung"
  • Our World In Data: "Coronavirus (COVID-19) Vaccinations"
  • Times of Israel: "Record 152,000 vaccinated in a day, but new cases hit highest rate in months"
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