- Die EU-Staaten denken aufgrund der neuen und teilweise wesentlich ansteckenderen Varianten des Coronavirus über Reisebeschränkungen nach.
- Frankreich verlangt ab kommenden Sonntag negative PCR-Test bei der Einreise.
- Sonderrechte für Geimpfte soll es vorerst nicht geben.
Reisen könnte mit neuen Corona-Auflagen in Europa bald noch mühsamer werden. Erwogen würden weitere Beschränkungen, berichtete EU-Ratschef Charles Michel nach einem Videogipfel der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union am Donnerstagabend.
Zur Debatte stehen neue Test- und Quarantänepflichten für Menschen aus "dunkelroten Zonen" mit sehr hohen Corona-Fallzahlen.
Frankreich plant solche Pflichten bereits ab Sonntag für die meisten europäischen Reisenden.
EU-Staaten sehen aktuell zwei große Herausforderungen
Die Staats- und Regierungschefs sähen die Lage wegen der neuen, ansteckenderen Varianten des Coronavirus als sehr ernst, erklärte Michel nach der rund vierstündigen Videokonferenz.
Man kämpfe an zwei Fronten: Beschleunigung der Impfungen in Europa und Eindämmung des Virus. Die EU-Gesundheitsagentur ECDC stuft das Risiko durch die Verbreitung der neuen Varianten inzwischen als hoch/sehr hoch ein - also höher als bislang.
Die Grenzen in der EU sollten offen bleiben, um den Transport wichtiger Güter und die Dienstleistungsfreiheit im EU-Binnenmarkt zu sichern, sagte Michel. "Es sollte keine undifferenzierten Reisesperren geben." Gleichwohl seien weitere Beschränkungen für nicht unabdingbare Reisen womöglich notwendig, um die Ausbreitung des Virus zu bremsen.
Von der Leyen will neue Kategorie für Corona-Ampel-Karte
EU-Kommissionschefin
Auf der bestehenden Karte werden Regionen auf Grundlage gemeinsamer Kriterien je nach Infektionsgeschehen schon jetzt entweder grün, orange oder rot markiert.
Von Personen, die künftig aus den dunkelroten Zonen verreisen wollen, könne vor der Abreise ein Test verlangt werden sowie Quarantäne nach der Ankunft, sagte von der Leyen. Von nicht notwendigen Reisen solle dringend abgeraten werden.
Frankreich verlangt negativen PCR-Test bei Einreise
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte nach Angaben aus Regierungskreisen an, dass europäische Reisende bei der Einreise nach Frankreich künftig einen Corona-Test vorweisen müssen. Dieser PCR-Test dürfe nicht älter als 72 Stunden sein. Die Regelung gelte ab Sonntag um 00.00 Uhr. Ausnahmen seien für "essenzielle" Reisen vorgesehen - das betreffe vor allem Grenzgänger und den Warenverkehr.
Reisende aus EU-Staaten mussten bisher für die Einreise nach Kontinental-Frankreich keinen negativen Test auf das Coronavirus vorweisen. Für Korsika und die Überseegebiete ist ein Test dagegen Pflicht.
EU-Chefs fordern mehr Druck auf Impfstoffauslieferungen
Zu den in der EU erst langsam anlaufenden Impfungen sagte Michel, die Staats- und Regierungschefs wollten eine Beschleunigung. Es solle aber bei dem Prinzip bleiben, dass die Impfstoffe in der EU gleichzeitig und nach Bevölkerungsstärke verteilt werden.
Beim Videogipfel habe es viele Fragen zur Transparenz und zu Lieferplänen für die verschiedenen Impfstoffe gegeben, berichtete ein EU-Vertreter. Weil die Unternehmen Biontech und Pfizer kurzfristig weniger Impfstoff als geplant liefern können, wurden in Deutschland und Österreich zum Teil Impftermine abgesagt.
Österreichs Kanzler Sebastian Kurz schrieb auf Twitter, beim Videogipfel seien sich alle einig gewesen, dass Impfstoffe so schnell wie möglich ausgeliefert werden müssten. Er erwarte die Zulassung des Impfstoffs von Astrazeneca spätestens nächste Woche.
Wenig Hoffnung auf die schnelle Bereitstellung von Impfstoffen konnte von der Leyen Ländern des Westbalkans machen. Sie verwies darauf, dass das weltweite Covax-Programm, das auch weniger finanzstarke Länder versorgen soll, Probleme habe, Impfstoffe zu kaufen. Die EU versuche nun, Dosen direkt von ihren Mitgliedstaaten zur Weitergabe an Westbalkan-Länder zu bekommen. Einen Zeitpunkt konnte von der Leyen jedoch nicht nennen.
Mehr Rechte für Geimpfte? EU bleibt insgesamt vorsichtig
Für weitere Diskussionen sorgte ein Vorschlag Griechenlands, über gemeinsame Impfzertifikate Urlaubsreisen zu ermöglichen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bekräftigte nach Regierungsangaben bei den Gipfelberatungen seine Kritik daran.
Demnach verwies er darauf, dass noch nicht bekannt ist, ob Geimpfte das Virus nicht doch weiterverbreiten könnten. "Wir sind hier sehr vorsichtig", versicherte Ratspräsident Michel.
Die EU-Kommission drängt die 27 Staaten zu ehrgeizigen Zielen. Bis zum Sommer sollen 70 Prozent der Erwachsenen in der EU gegen das Virus immunisiert sein, bis März 80 Prozent jener Menschen, die über 80 Jahre alt oder im Pflege- und Gesundheitsdienst tätig sind. Merkel bekräftigte lediglich, dass man allen in Deutschland bis zum Ende des Sommers - also bis zum 21. September - ein Impfangebot machen wolle. (hub/dpa/afp)
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